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Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Titel: Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Maisfeld, von wo aus sie die Rückseite der Steinfeld-Scheune jenseits eines Wäldchens erkennen konnten.
    Sie entluden wortlos die Ausrüstung, schlüpften in die Wintersachen, nahmen die Schlafsäcke und eine Tasche mit dem Fernglas, den Taschenlampen und den Körnerriegeln. Lee Coakleys Atem ging schnell; sie war nervös.
    Virgil bemerkte mit leiser Stimme: »Wenn jemand mit einem Nachtsichtgerät in dem Wäldchen sitzt, könnte die Aktion in die Hose gehen. Falls jemand auf uns schießt, ducken Sie sich und informieren Schickel. Versuchen Sie nicht wegzurennen.«
    Sie hielt einen Augenblick in ihren Vorbereitungen inne. »Für wie wahrscheinlich halten Sie das?«
    »Es ist immerhin denkbar. Aber ich bezweifle, dass sie tatsächlich jemanden abknallen würden, ohne zu wissen, wer es ist.«
     
    Sie überquerten einen Graben und einen Zaun; ihre Schritte knirschten auf dem Schnee. Es ging fast kein Wind, und es war sehr, sehr dunkel. Nur um die Farm herum brannten ein paar Lichter. Schickel berichtete, dass mindestens dreißig Autos auf dem Hof und in der Auffahrt standen.
    Das Feld zu überqueren dauerte fast fünfzehn Minuten. Sie folgten den Furchen, weil das weniger anstrengend war, als sie zu kreuzen. Am Rand des Wäldchens blieben sie stehen und lauschten. In der Ferne erklang Gesang.
    »Ein Kirchenlied«, flüsterte Coakley.
    »Ja«, flüsterte Virgil zurück. »Gehen wir in den Wald.«
    Nach knapp zehn Metern Kampf durchs Unterholz gaben sie auf und setzten sich.
    Sie hörten weitere Kirchenlieder und etwas, das nach einer Predigt klang. Nach einer halben Stunde beugte Virgil sich zu Lee Coakley hinüber und sagte: »Da tut sich nichts. Lassen wir’s.«
    »Wie bitte?«
    »Wir werden nichts Neues erfahren – ich komme mir hier blöd vor. Gehen wir.«
    »Einfach so?«
    »Lee, wir vergeuden unsere Zeit.«
    Sie widersprach nicht. Weil sie nichts sehen, nichts verstehen und nicht näher herankommen konnten, verließen sie das Wäldchen, kletterten über Baumstümpfe und heruntergefallene Äste und trotteten über das Feld zurück. Sie hatten nicht einmal Gelegenheit gehabt, einen Körnerriegel zu essen oder das Fernglas zum Einsatz zu bringen. Neben Lees Truck zogen sie die dicken Wintersachen aus und stiegen ein. Lee Coakley ließ den Motor an, und sie fuhren zu Virgils Wagen.
    »Was für eine Zeitverschwendung. Und dann noch die Sache mit dem Flugzeug …« Sie wies Schickel an, zur Blue-Earth-Raststätte zurückzufliegen. Als sie das Gespräch mit ihm beendet hatte, murmelte sie: »Ich sollte mir selber das Gehalt kürzen.«
    »War nicht Ihre Idee«, sagte Virgil.
    »Na ja.«
    »Waren Sie als Polizistin sehr gesetzestreu?«
    Sie überlegte. »Soweit möglich.« Und dann: »Was haben Sie vor?«
    »Karl Rouse ist Hobbyfotograf. Jemand im Ort hat mir gesagt, dass er früher Unmengen Polaroid-Film gekauft hat und, sobald die Digitalfotografie aufkam, ziemlich viel Fotopapier zum Ausdrucken. Mit anderen Worten: Er macht Bilder, die niemand sehen soll. Er hat eine Tochter, etwa ein Jahr jünger als Kelly Baker. Vielleicht waren sie befreundet.«
    »Und …«
    »Wenn Sie mich zu ihrem Haus bringen könnten, würde ich mich vergewissern, dass niemand da ist, und mich dann inoffiziell umsehen.«
    »Im Haus?«, fragte sie.
    »Wenn ich reinkomme …«, antwortete Virgil.
    »Virgil, ich weiß nicht. Was, wenn sie zurückkommen?«
    »Das glaube ich nicht, und wenn Sie ein Stück die Straße runter mit einem Funkgerät auf mich warten und mich warnen, bin ich rechtzeitig wieder draußen.«
    »Heutzutage verschließen die Leute ihre Türen auch hier«, sagte Lee Coakley. »Sie lassen sie nicht mehr offen stehen.«
    »Ein gutes Schloss kann ich nicht knacken. Wir müssten an die Tür klopfen.«
    »Die Auffahrt hoch …«
    »Und klopfen. Wenn sich nichts rührt, fahren Sie weg. Könnte ja sein, dass uns jemand beobachtet. Und wenn jemand aufmacht, erkundigen wir uns nach dem Rouse-Mädchen. Kristy. Die fragen wir dann nach Kelly.«
    »Was, wenn sie einen Hund haben?«
    »Dann verschwinden wir«, antwortete Virgil. »Mit Hunden lege ich mich nicht an.«
    »Virgil, ich weiß nicht.« Ein unsicherer Blick. »Wenn wir erwischt werden …«
    »Das wäre in der Tat ein Problem, aber … ich glaube, das ist es wert. Vorausgesetzt, das, was wir vermuten, spielt sich tatsächlich ab.«
     
    Die Rouses hatten keine Hunde. Im Haus brannten zwei oder drei Lichter, doch auch auf wiederholtes lautes Klopfen reagierte niemand. Virgil

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