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Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Titel: Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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sank aufs Kissen zurück. An den meisten Abenden dachte er eine Weile über Gott nach, ein Überbleibsel aus seinen ersten achtzehn Lebensjahren, in denen er jeden Tag ein Gutenachtgebet gesprochen hatte. Virgil war weder tiefgläubig noch Atheist, obwohl er Gottes Interesse am Menschen und dessen Treiben – Scheidungen, Schulden, Tanzen, Mord, Vergewaltigung, Vorliebe für Chrysler-Produkte – mit Skepsis betrachtete.
    In der vergangenen Nacht hatte er nicht über Gott nachgedacht, sondern sich im Kampf mit ungezügelter Weiblichkeit bemüht, nicht unterzugehen. Lee Coakley war körperlich ziemlich fit und fast so groß wie Virgil; sie begegneten sich auf Augenhöhe.
    Sie hatte ihn im Griff gehabt.
    Dann war da noch die Sache mit ihrem …
    »Mein Gott, was ist denn das?«
    Sie war rot geworden. »Freundinnen haben mich dazu überredet. Wir waren beim Lasern.«
    »Ach. Interessant. Sieht aus wie eine Landebahn.«
    Erhob sich die Frage nach der Benennung. Vagina war zu spezifisch und genauso falsch wie die anderen Wörter lateinischen Ursprungs für gewisse Teile der Anatomie. Während Virgil die Lage peilte, kam er zu dem Schluss, dass letztlich nur Muschi den Sachverhalt traf.
    »Das Wort hasse ich«, sagte sie.
    »Nun, sie ist warm und weich …«
    »Virgil, soll ich dir die Haare büschelweise ausreißen?«
    »Ein Radiomensch in den Twin Cities sagt ›Badeanzugzone‹ dazu; meines Wissens verwendet er den Ausdruck für Männer und Frauen gleichermaßen.«
    »Wie romantisch«, seufzte Lee. »Ich liebe deine Badeanzugzone, Schatz.«
    Virgil sah ihr in die Augen. »Ich strenge mich an, eine sprachliche Leerstelle zu füllen, und du verspottest mich. Es gibt kein Hauptwort für das, worüber wir uns unterhalten. Abgesehen von …«
    »Sag’s nicht.«
    »Dann müssen wir uns was anderes ausdenken. Was Harmloses, nicht Anstößiges.«
    »Zum Beispiel … Apfel?«
    »Da denkt man sofort an Apple-Computer«, erwiderte Virgil. »Einen Vergleich mit Obst oder Gemüse würde ich ungern bemühen.«
    »Und Mineralien möchte ich ausschließen.«
    Sie konnten sich nicht einigen. Virgil beschloss, über das Problem nachzudenken, wenn er irgendwann einmal ein paar Minuten Zeit hätte.
     
    Er warf einen Blick auf die Uhr. Oh, Mann: 9.22 Uhr. Er musste aufstehen. Das Ergebnis der DNS-Analyse würde bald eintreffen.
    Er gähnte, kratzte sich, ging in die Dusche. Alle Handtücher waren benutzt, und er hatte auch nur noch einen kleinen Rest Seife. Virgil stellte sich trotzdem zehn Minuten lang unters heiße Wasser. Dann hörte er sein Handy klingeln. Er trocknete sich mit dem am wenigsten nassen Handtuch ab und sah nach, wer angerufen hatte.
    Lee Coakley.
    In dem Moment traf eine SMS ein, ebenfalls von Lee.
    »Mein Büro, SOFORT.«
    »Fünfzehn Minuten«, schrieb er zurück und begann sich zu rasieren.
    Etwas war passiert, mit Sicherheit nichts Gutes.
     
    Fünfundzwanzig Minuten später schleppte er sich müde in Lee Coakleys Büro. Die Miene der zwei Polizisten an der Tür verriet, dass tatsächlich etwas passiert war. Sie traten beiseite, als Virgil sich ihnen näherte. Lee Coakley saß adrett und geschäftsmäßig an ihrem Schreibtisch, ihr gegenüber Kathleen Spooner.
    Virgil dachte: Oh, Scheiße, und lächelte. »Ms. Spooner. Schön, Sie zu sehen.«
    »Ms. Spooner möchte uns etwas mitteilen. Sie will dich dabeihaben«, informierte Lee Virgil.
    »Eine Aussage«, erklärte Kathleen Spooner Virgil, der sich setzte. Die beiden Deputies standen nach wie vor an der Tür. »Ich habe etwas Schlimmes getan und bin weggelaufen. Ich habe ein schlechtes Gewissen und kann mir keinen Anwalt leisten.«
    »Den besorgen wir Ihnen«, sagte Virgil. »Wenn Ihre Tat Ihrer Ansicht nach ungesetzlich ist, muss ich Sie über Ihre Rechte aufklären …«
    Sie lauschte wortlos der Rechtsbehelfsbelehrung und bemerkte dann: »Der Anwalt kann warten. Ich möchte es mir von der Seele reden. Vielleicht brauche ich ihn später.«
    »Auch okay«, sagte Lee Coakley. »Melden Sie sich einfach, wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie einen benötigen.«
    »Also …«, ermutigte Virgil Kathleen Spooner.
    Diese betrachtete ihre Hände. »Ich … war … bei Jim, als er sich umgebracht hat.«
    Wieder dachte Virgil: Oh, Scheiße. Laut fragte er: »Er hat Selbstmord begangen?«
    »Ja … Ich habe Sie angelogen. Jim und ich wollten es noch einmal miteinander versuchen. Er hat mich voller Panik angerufen, um mir zu sagen, dass was Schlimmes passiert ist. Ich bin zu

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