Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat
korrekte Vorgehensweise. Das Gericht informieren und zurücktreten …«
»Mein Gott, nun seien Sie nicht kindisch«, sagte Virgil.
Sie schwieg eine Weile, bevor sie ihn fragte, wie er die Fotos entdeckt hatte. Er erklärte ihr die Sache mit dem Drucker und dass er die Bilder in dem Schrank und einen Vibrator und Negligés in Schubladen gefunden hatte.
»Vibrator und Negligés sind nichts Ungesetzliches«, lautete ihr Kommentar.
»Hören Sie auf.«
Als sie seinen Truck erreichten, stieg er um, und sie folgte ihm zum Holiday Inn, wo sie in Virgils Zimmer die Fotos auf dem Tisch ausbreiteten und die Leselampe näher heranzogen.
Zweier, Dreier, Vierer, zwei plus eins, drei plus eins.
»Ich bin mal im Internet auf einer Pornoseite gewesen, die sich mein Sohn angeschaut hatte«, sagte sie. »Das hier erinnert mich daran.«
»Was haben Sie mit Ihrem Jungen gemacht?«, erkundigte sich Virgil.
»Nichts. Es war mir peinlich. Wahrscheinlich ist Neugierde in dem Alter ganz normal … solange sie nicht außer Kontrolle gerät. Er ist ein guter Junge.«
»Das ist, glaube ich, Rouse.« Virgil tippte auf eine der Aufnahmen. »Er ist auf fast der Hälfte der Fotos.« Er zeigte auf eine Frau auf einem der anderen Bilder. »Würde mich nicht wundern, wenn das Mrs. Rouse wäre. Sie ist praktisch überall mit von der Partie, und ihr Negligé ähnelt denen in der Schublade. Der schwarze Playboy-Spitzenlook aus den Sechzigern. Und das dürfte Kristy Rouse sein. Sie sieht aus wie ihre Eltern. Schauen Sie sich ihr Gesicht an. Und die Unterwäsche.«
»Ist sie …?«
»Ja, sie hat Sex mit ihrem Vater und einem anderen Mann. Das ist die Art Sex, mit der Kelly Baker zu tun hatte.«
»Das Mädchen ist auf dem Bild bestimmt noch nicht mal vierzehn«, bemerkte Lee Coakley. »Eher elf oder zwölf. Wenn jetzt jemand vom FBI auftauchen würde, könnte er uns wegen Kinderpornografie verhaften.«
»Tja, nun wissen wir also Bescheid«, sagte Virgil und schob die Fotos angewidert zusammen. »Mehr wollte ich nicht. Wir verbrennen die Bilder und erzählen keiner Menschenseele davon. Wenn jemand rausfände, was wir getan haben, würde das die Ermittlungen ruinieren. Die Beweise würden vor Gericht nicht mehr zugelassen.«
Sie nickte. »Sie sagen, in dem Haus sind noch mehr davon?«
»Ein paar hundert in der einen Box. Ich hatte nicht viel Zeit, habe aber versucht, eine repräsentative Auswahl zu treffen. Höchstwahrscheinlich bemerkt niemand ihr Fehlen. Und selbst wenn: Bei wem sollten sie sich beschweren?«
Sie verbrannten die Fotos in der Dusche, spülten die Asche hinunter und schalteten den Ventilator ein.
»Was jetzt?«, fragte Lee Coakley.
»Wir warten bis morgen. Wenn es uns gelingt, Kathleen Spooner zu kriegen, können wir, glaube ich, den Fall knacken. Ich persönlich würde die Mordanklage gegen eine rückhaltlose Aussage über die Welt des Geistes tauschen – wenn sie mit uns redet, könnte man den Mord mit ein bisschen gutem Willen als Notwehr deklarieren. Dann holen wir uns Durchsuchungsbefehle, rufen eine Truppe SKA-Leute aus den Twin Cities und knöpfen sie uns alle gleichzeitig vor. Allein das, was wir bei den Rouses fänden, würde reichen, sie auffliegen zu lassen …«
»Gut«, sagte sie. »Morgen.«
Sie standen neben dem Bett, und in der Luft hing nach wie vor der Geruch der verbrannten Fotos.
»Heute Nachmittag«, begann Lee Coakley, »hatte ich eine Art Vision. Wir lagen da draußen in den Schlafsäcken, es war nicht viel los, und wir fingen an, uns zu streicheln. Als sich nichts getan hat, sind wir zum Truck zurück und haben weitergeschmust, und dann sind wir hierhergekommen.«
Virgil zuckte die Achseln.
»Diese Bilder«, sagte sie. »Wie kann man mit denen im Hinterkopf eine anständige sexuelle Erfahrung machen?«
Wieder zuckte er die Achseln. »Sie waren nun mal da.«
»Könnte ich ein andermal herkommen? Zum Beispiel morgen Abend?«
»Klar. Tun Sie nichts, was Sie nicht wirklich wollen, Lee.«
»Okay, morgen.«
»Gut.«
Sie packte ihn am Hemd und stieß ihn aufs Bett. »Ach, was soll’s? Jetzt.«
VIERZEHN
Das, dachte Virgil am nächsten Morgen beim Aufwachen, war mal was anderes.
Die sexuelle Frustration aus den letzten Jahren ihrer Ehe hatte sich entladen. Virgil versuchte ächzend, sich aufzusetzen, und griff sich ins Kreuz. Er hatte sich einen Muskel zwischen Rücken und Po gezerrt – eine Verletzung aus seiner aktiven Baseballzeit –, der sich in der Nacht verhärtet hatte.
Virgil
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