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Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
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besorgen.«
    Ein Rezept. Ich hatte ein Dutzend Fragen. Würden sie mich nervös machen? Würde ich genauso gut spielen können? War das überhaupt erlaubt ?
    Stattdessen fragte ich bloß: »Würde sonst jemand davon wissen?«
    »Natürlich nicht.«
    »Aber wie würde es sich anfühlen?«
    »Nicht anders als normalerweise. Betablocker machen dich nicht zu einer besseren Musikerin. Sie nehmen dir bloß das Lampenfieber. Das ist alles.«
    So einfach war das. Mehr wollte ich ja gar nicht. Es war nicht so wie bei einem Athleten, der Anabolika nimmt, damit er kräftiger wird – ich war bereits die Geigerin, die ich sein wollte. Mein Verstand drehte sich im Kreis. Es musste funktionieren und es musste in Ordnung gehen. Aber Diana hätte es ja nicht vorgeschlagen, falls es nicht in Ordnung gewesen wäre, falls es irgendwie gemogelt gewesen wäre. Und sie hatte gesagt, dass Juri damit einverstanden war.
    Ich wollte, dass sie mir ins Gesicht sah, aber sie starrte immer noch auf das Gemälde.
    »Hast du sie selbst auch genommen?«, erkundigte ich mich.
    Ihre Augenbrauen hoben sich nur ein wenig, fast unmerkbar.
    Ich hatte sie auf dem falschen Fuß erwischt.
    »Nein«, antwortete sie.
    »Warum nicht?«
    »Ich brauchte sie nicht.«
    Natürlich nicht. Das hätte ich mir auch gleich denken können.
    Diana hatte bereits einen Termin mit Dr. Wright gemacht. Er sei ihr wärmstens empfohlen worden, sagte sie. Ich machte mir keine Sorgen. Ob Reinigungen, Masseure, Geigenlehrer, Beauty-Spezialisten – Diana recherchierte immer gründlich.
    »Beschreiben Sie mir, wie es sich anfühlt«, bat er mich.
    Dr. Wright sah nicht wie ein Psychiater aus. Er wirkte eher wie ein Medizinstudent im ersten Semester, der sich den Arztkittel seines großen Bruders ausgeliehen hatte. Wieso musste ein Psychiater überhaupt einen Arztkittel tragen, es sei denn, er wollte unbedingt »medizinischer« wirken?
    »Carmen?«
    »Wie bitte?«
    »Das Lampenfieber. Wie fühlt es sich an?«
    Als würde jemand meinen Magen zusammendrücken und Flüssig­stickstoff auf meine Gelenke schütten , hätte ich am liebsten gesagt. »Schlecht«, antwortete ich stattdessen.
    Diana, die neben mir saß, räusperte sich. Ihre Hände lagen auf den Knien. Anscheinend war es mit einer einsilbigen Antwort nicht getan.
    »Meine Hände zittern«, fügte ich deshalb hinzu. »Und ich bekomme Magenschmerzen.«
    Dr. Wright nickte und machte sich Notizen. »Schläfst du im Allgemeinen gut?«
    »Abgesehen vom Lampenfieber ist Carmen ein normales glückliches Mädchen im Teenager-Alter«, antwortete Diana an meiner Stelle.
    Dr. Wrights eingeschüchterter Blick wanderte von mir zu Diana und dann wieder zurück zu mir. Er schien zu überlegen, ob er mir die Frage noch einmal stellen oder Diana lieber um sein Taschengeld bitten sollte.
    »Was sie braucht ist ein Rezept für Betablocker«, fuhr Diana resolut fort. »Ihre schlechten Nerven sind eine recht typische Reaktion für Solisten, die sich einem enormen Druck stellen müssen. Von jedem Auftritt hängt eine Menge ab – Verträge, Wettbewerbe, Aufnahmen, Sie wissen schon …« Ihre Stimme verlor sich, sie legte beschützend eine Hand auf meinen Rücken und lehnte sich auf ihrem Stuhl vor. »Das Geigespielen verlangt ihr eine Menge ab, aber sie gehört zu den Besten auf der ganzen Welt.«
    Damit hatte sie ihren Trumpf ausgespielt. Dr. Wright sah auf seinen Schreibtisch und griff nach einem Stift und dem Rezeptblock. Er wollte ganz eindeutig nicht derjenige sein, der sich der besten Geigerin auf der Welt in den Weg stellte. Oder vielleicht wollte er uns einfach nur loswerden.
    Fünf Minuten später saßen wir wieder in Dianas Lexus und lauschten den Klängen von Aida . Ein Rezept für Inderal steckte in der Reißverschlusstasche von Dianas Handtasche aus Schlangenhaut.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie mich.
    Ich nickte, sah sie dabei aber nicht an und blieb stumm. Ich knibbelte an der Schwiele auf meinem Zeigefinger.
    »Ich weiß schon, worüber du dir Sorgen machst«, erklärte sie. »Aber niemand wird davon erfahren. Du brauchst es niemandem zu erzählen. Das bleibt unter uns. Nur du, Juri und ich wissen davon und ehrlich gesagt geht es sonst niemanden etwas an.«
    Ich nickte. Scham. Endlich. Ein Gefühl wie saure Milch, die in meinem Magen geronn. Ich hatte den ganzen Morgen damit zugebracht, an gar nichts zu denken, aber jetzt war sie da, die Scham. Nur du, Juri und ich . Und was war mit Clark? Falls es wirklich okay war, die

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