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Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
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die ­Augen und genoss einen letzten Atemzug frischer Nachtluft.
    Diese Situation war Neuland für mich, aber ich war mir ziemlich sicher, dass Diana mich umbringen würde. Ich hätte Angst haben müssen, aber komischerweise war ich regelrecht aufgedreht. Wahrscheinlich, weil in meinem Körper nur Platz für Euphorie war. Ich hatte das Gefühl, auf einem halben Dutzend Brausebonbons zu lutschen und der Mini-Vulkan aus Brause war in mein Gehirngesprudelt. Die Straße, die Sterne, das Zirpen der Zikaden – alles brummte.
    Denk nach, Carmen . Ich hatte sicher bessere Überlebenschancen, wenn ich kleine Brötchen backte. Diana hasste Ausreden. Außerdem, welche Ausrede hätte ich mir schon ausdenken können? Sie kannte mich zu gut. Sie wusste, dass ich niemals für etwas Unwichtiges gelogen und mich aus dem Haus geschlichen hätte und sie wusste, dass ich nicht einfach so zum Spaß meine Grenzen austesten würde.
    Aber eine logische Entschuldigung wollte mir einfach nicht einfallen. Mein Gehirn konnte keinen einzigen Gedanken festhalten, der nichts mit Jeremy zu tun hatte und diesem perfekten, schwingenden, goldenen Gefühl geküsst zu werden.
    Ich öffnete die Tür und lehnte mich dagegen. Das Licht des Flurs strömte auf die Veranda. Die Diele war leer. Wahrscheinlich waren sie im Wohnzimmer, aber ich hörte keine Stimmen oder den Fernseher und nicht einmal Musik. Das war ein schlechtes Zeichen. In unserem Haus war immer Musik zu hören. Ich zwang mich dazu weiterzugehen. Der Geruch von Kaffee und Dianas Parfüm mit Vanille und Sandelholz stieg mir in die Nase. Meine Absätze klackten über den Boden, als ich auf dem Weg ins Wohnzimmer war.
    Clark saß in der Ecke des Sofas, die Arme über der Brust verschränkt, sodass das abgeblätterte Kobold-Logo seines Lieblings-Sweatshirts verdeckt war. Sein Gesicht war grau und faltig, wie ein vom Wetter verwitterter Fels.
    Clark schüttelte langsam den Kopf. Ich folgte seinem Blick auf die antike Chaiselongue, auf der Diana lag. Das braune Samtmöbel gehörte zu ihren Lieblingsstücken. Ihre Pose war irgendwo zwischen Sitzen und Liegen angesiedelt und es wirkte, als säße sie für jemanden Porträt, der ein Bild mit dem Titel Ohnmachtsanfall oder Kränkelnde Mademoiselle malte. Irgendetwas Dramatisches.
    Niemand sagte etwas. Wir lauschten denselben Zikaden, denen Jeremy und ich im Park zugehört hatten. Ihr Zirpen pulsierteunaufhörlich. Clark starrte Diana an. Diana starrte mich an. Ich starrte an die Wand.
    Ich sah an mir hinunter und bemerkte den Ticketabschnitt in meiner Hand, dessen perforierte Seite ich beinahe glatt gerubbelt hatte. Wieso hatte ich ihn wieder in die Hand genommen? Nicht gerade schlau, falls ich vorhatte darüber zu lügen, wo ich gewesen war. Ich hielt ihn hoch. Eine weiße Flagge.
    »Spaß gehabt?«, fragte Diana. Ihre dünne, kratzige Stimme war nicht lauter als sonst auch. Sie beachtete den Abschnitt gar nicht und hielt meinen Blick mit dunklen brodelnden Augen. Ich konnte nicht wegsehen.
    »Clark, mein Schatz«, fuhr sie fort. »Du kannst jetzt schlafen gehen. Ich muss allein mit Carmen sprechen.«
    Nicht weiter überraschend. Dies war die unausgesprochene Regel des Stiefvaterdaseins, zumindest in unserer Familie. Clark nahm an allen fröhlichen Begebenheiten teil, aber die ernsten Diskussionen fanden zwischen Diana und mir statt. Allein.
    Er seufzte, erhob sich vom Sofa und machte einen erleichterten Eindruck. Es war besser so. Die gespannte Atmosphäre war jetzt schon zu viel für ihn und wir hatten noch nicht einmal angefangen. Es schien fair, ihm das zu ersparen. Aber ich wollte trotzdem nicht, dass er ging. Er umarmte mich im Vorbeigehen, drückte mich fest und flüsterte: »Jage uns nie wieder so einen Schrecken ein, hörst du?!«
    Ich nickte und klammerte mich an sein verwaschenes Sweatshirt. Ungebetene Tränen schossen mir in die Augen und ich blinzelte sie weg. Ich konnte nicht schon verlieren, bevor wir überhaupt angefangen hatten.
    Er machte sich los und ging. Diana und ich lauschten dem Knarzen jeder Treppenstufe, während er sich nach oben zurückzog. Wir waren allein.
    »Er wollte die Polizei verständigen«, sagte sie. »Aber ich habe es ihm ausreden können.« Ihr jadegrünes Kleid warf Falten auf demSchoß und der goldfarbene Schal hing wie ein ausgelaugter Seufzer über den Schultern. Sie war immer noch wunderschön. Obwohl ihr Lippenstift zu einem verwaschenen Rosa verblasst war und dicke Wimperntuscheflecken unter ihren Augen

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