Virulent
mein Junge, jeden Tag. Und jetzt bleibt dir nichts anderes übrig, als mir zu vertrauen, wenn ich dir sage, dass ich keine Waffen mehr bei mir trage. Es sei denn, du möchtest eine Leibesvisitation durchführen, um herauszufinden, ob ich in meiner Pupsfabrik keine Handgranate versteckt habe. Erledigen wir das jetzt also, oder willst du einfach nur dasitzen und dir einen runterholen?«
»Ist das dein Ernst, alter Mann? Du hast einen Bauch. Manchmal sehe ich, wie du humpelst und so’n Scheiß. Wenn ich nur halb so fest zuschlage wie ich könnte, würde ich dich wahrscheinlich umbringen.«
»Ich bin nicht dein kleiner schwuler Freund Billy«, sagte Dew leise.
Wütend riss Perry die Augen auf.
»Das war wirklich großartig von dir, Dawsey«, sagte Dew.
»Jemanden umzubringen, der selbst in nassen Kleidern nur siebzig Kilo auf die Waage bringt.«
»Sprich nicht über ihn«, sagte Dawsey mit einer leisen Stimme, die Dew eine Gänsehaut über den Rücken jagte.
Dew schenkte ihm sein widerlichstes Lächeln. »Was ist los, Weichei? Du riskierst mir gegenüber nicht einmal einen Schlag? Vielleicht finde ich hier irgendwo einen Zwerg. Oder ein Baby oder eine dicke Frau oder eine achtzigjährige Oma. Aber das wird wohl nicht funktionieren, denn solche Leute wären nicht mit dir befreundet. Sie wären nicht dein bester Freund. Jemand, der dir vertraut hat und der dir helfen wollte.«
Dawsey ballte die Fäuste. Sie sahen aus wie zwei große Holzblöcke. »Das war nicht meine Schuld«, sagte er mit derselben leisen Stimme. »Ich … ich hatte keine Kontrolle mehr.«
»Nein, natürlich nicht«, sagte Dew. »So etwas nennt man Verantwortung, mein Junge. Wenn du tatsächlich einen Funken Disziplin gehabt hättest, wäre dein kleiner schwuler Freund noch am Leben.«
Perry schob seine linke Hand schräg vor seinem Körper nach unten und packte die rechte Ecke des Tisches. Dann hob er den Tisch und warf ihn in einer einzigen, mühelosen Bewegung nach links. Er krachte gegen die Wand, und die Beine brachen beim Aufprall. Die leere .45er hüpfte über den Teppichboden.
Dew wartete.
Mit einem bedrohlichen Knurren hob Perry die rechte Faust. Seine mächtigen Muskeln zitterten, als er einen Schritt nach vorn machte und zu einem knallharten Schlag ansetzte.
Und genau in dem Augenblick, als Perry nach vorn trat, schnippte ihm Dew die Kugel ins Gesicht.
Die Kugel prallte an Perrys Stirn ab. Er blinzelte und zuckte zusammen, die Reaktion kam völlig automatisch, weil ihm etwas ins Gesicht geflogen war. Er drehte seinen Kopf ein kleines Stück zur Seite, seine Faust hing in der Luft. Instinktiv machte er einen zusätzlichen kleinen Schritt, um das Gleichgewicht zu halten, weil sein eigener Schwung ihn nach vorn riss.
Dew öffnete die rechte Hand und spreizte Daumen und Zeigefinger so weit wie möglich voneinander ab. Dann trat er dem näherkommenden Monster in den Weg, und seine offene Hand schoss horizontal nach vorn. Die Krümmung seines Daumens bohrte sich in Dawseys Kehle. Dew hielt sich ein wenig zurück. Hätte er härter zugeschlagen, hätte er Dawseys Luftröhre zerschmettert, worauf der junge Mann erstickt wäre. Er wollte ihn verletzen, aber er wollte ihn nicht töten.
Jedenfalls noch nicht.
Dawseys Hände schossen hoch an seinen Hals, und er kniff die Augen zusammen. Er gab nur einen einzigen Laut von sich, halb Husten, halb Würgen.
Dann drückte ihm Dew Phillips den Daumen ins linke Auge.
Wieder zuckte Perry zurück. Er drehte den Kopf nach links, um das Auge zu schützen, und hob die linke Hand, um es abzudecken, während er mit der rechten noch immer seinen Hals umklammerte. Er konnte nicht atmen. Er konnte nichts sehen.
Dew machte einen Schritt nach vorn, um Dawsey gegen das Knie zu treten, doch in einem wilden Bogen ausholend versetzte ihm der große Mann einen Hieb, der Dews rechte Schulter traf. Die Wucht des Schlages schleuderte Dew nach hinten, er riss das kleine Tischchen voller offener Aktentaschen um und stürzte hart zu Boden. Dew spürte das Brennen eines Schnittes an seiner rechten Schläfe, und nur eine Sekunde später tropfte ein wenig Blut nach unten.
Dew hatte schon hunderte von Kämpfen hinter sich, aber noch nie war er so hart getroffen worden.
Er stolperte auf die Füße. Er versuchte, seinen rechten Arm zu bewegen, doch er konnte nicht – der Arm war völlig taub und reagierte nicht.
Dawsey hustete noch immer und versuchte noch immer, Luft zu holen. Noch immer hatte er das tränende
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