Virus (German Edition)
erstellen, wen er am meisten
hasste. Ashcroft, Franke und Herforth rangen allesamt mit harten Bandagen um
die Tabellenführung.
Als Wegmann das Hotel betrat,
waren die Rettungskräfte mit dem Opfer, dem kanadischen Virologen Marcel
Trébor, bereits abgefahren. Dieser war inzwischen ins Koma gefallen, und der
Notarzt hatte keinerlei Prognose zu dessen Überlebenschancen abgeben wollen.
Herforth delegierte die Aufgaben.
Das ist mein Job, du Kuh! fuhr es Wegmann durch
den Kopf.
Herforth selbst würde mit den
Experten der Spurensicherung in Trébors Zimmer gehen. Wegmann und seine Leute
sollten währenddessen mit der Zeugenbefragung in der Lobby beginnen. Jeder
weitere verfügbare Mann sollte das Gebäude nach verdächtigen Personen
durchsuchen. Zudem hörte Wegmann, wie Herforth einen Generalmajor von Glagow
anrief und ihn bat, mit seinen Soldaten den gesamten eingezäunten Bereich zu
durchkämmen. Irgendwo müsse sich der Mörder schließlich verstecken. Es war kaum
zu glauben, wie sich diese karrieregeile Wichtigtuerin mit ihren Befehlen aufspielte.
Es half alles nichts. Wegmann
blieben nur die langweiligen Zeugen, während Herforth sich den möglichen Tatort
vornahm. Er ging zur Rezeption.
„Sind Sie schon den ganzen Tag
hier?” fragte er den Rezeptionisten, einen vollschlanken Jungen, den Wegmann
auf kaum älter als zwanzig schätzte.
„Seit zwölf Uhr mittags”,
erwiderte dieser.
„Dann erzählen Sie doch mal ein
wenig, was heute so passiert ist.” Etwas Interessantes würde Wegmann wohl kaum
zu hören bekommen, aber wenigstens lenkte ihn das Gespräch ein wenig von seinen
Sorgen ab.
„Sie meinen die Sache mit Herrn
Trébor, ja?” fragte sein Gegenüber. Wegmann nickte. Ein schlaues Bürschchen,
dieser Junge.
„Alles, was ich weiß, ist, dass
Herr Trébor so um kurz vor fünf in die Lobby getaumelt kam. Den Anblick werde
ich nie vergessen.” Der Rezeptionist beschrieb Trébor so gut er konnte, doch
Wegmann war sich ziemlich sicher, dass er übertrieb. Wie der Junge ihn
beschrieb, klang das wie aus einem Horrorfilm.
„Frau Ashcroft, die ebenfalls
hier in unserem Hotel residiert, schien Herrn Trébor zu kennen”, fuhr der
Rezeptionist fort. „Sie rief seinen Namen und er verbeugte sich vor ihr.”
„Moment, mal, ganz langsam”,
hakte Wegmann ein. „Ashcroft war hier in der Lobby, als Trébor aus dem Aufzug
kam?”
„Ja. Sie sah ziemlich gehetzt
aus. Sie und dieser Typ, der sie ständig überall hin begleitet. Der hat sogar
richtig geschwitzt.”
Langsam wurde die Sache interessant.
Welcher Zufall hatte Ashcroft zu eben diesem Zeitpunkt in die Lobby getrieben
und warum waren sie und ihr Begleiter verschwitzt und gehetzt gewesen? Ein
Gedanke zuckte durch Wegmanns Kopf, eine völlig neue Idee. Konnte Ashcroft
vielleicht etwas mit den Morden zu tun haben?
„Was können Sie mir noch über
Ashcroft und ihren Begleiter sagen?” fragte er weiter.
„Nicht viel”, antwortete der
Rezeptionist. „Heute Mittag gegen halb zwei haben die beiden sich bei mir nach
Herrn Trébors Zimmernummer erkundigt. Ich darf die normalerweise nicht
rausgeben, aber die beiden klangen sehr eindringlich. Später dann gegen halb
fünf oder so, sind die beiden im vollen Sprint durch die Lobby gerannt und in
einen der Aufzüge. Das fand ich ehrlich gesagt etwas seltsam. Und dann zwanzig
Minuten später kamen sie wieder aus einem Aufzug zu mir gerannt. Da waren sie
schon ziemlich verschwitzt. Ich fragte sie, was ich für sie tun könne, aber
gerade, als sie antworten wollten, begann dieser komische Ton.”
„Was für ein Ton?” fragte
Wegmann, obwohl er sich die Antwort sehr genau denken konnte.
„Es war seltsam. Klang ein wenig
wie eine Posaune. Hat mir auf jeden Fall eine ordentliche Gänsehaut verpasst. Jedenfalls
haben sich Frau Ashcroft und ihr Begleiter daraufhin irgendwie ängstlich
umgeguckt und dann kam Herr Trébor aus dem Aufzug.”
Der gleiche Ton wie bei den
ersten beiden Fällen, es gab also keinen Zweifel mehr. Dies war der dritte Mord
der Serie – oder zumindest Mordversuch, denn noch lebte das Opfer ja.
„Was ist dann passiert?” fragte
Wegmann weiter. „Was haben Ashcroft und Petersen gemacht, nachdem Trébor
kollabiert ist?”
„Ist das der Name von Frau
Ashcrofts Begleiter? Petersen?”
„Ja”, antwortete Wegmann. Der
Rezeptionist war wirklich schnell im Oberstübchen. Warum bloß stand er an der
Rezeption anstatt den Laden zu leiten?
„Als Herr Trébor kollabierte, hat
Frau
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