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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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seiner Antwort mit dem Verweis auf einen Kongress, auf dem er
sich befinde, und erklärte, es gebe selbstverständlich Möglichkeiten, einen
Stromimpuls künstlich zu generieren, der stark genug sei, einen Funkenschlag zu
erzeugen. Allerdings brauche man hierfür ein Gerät, das sich nicht gerade in
einem Schuhkarton verstecken lasse. Ein Cockroft-Walton-Generator
beispielsweise oder ein von der Funktionsweise her nicht unähnlicher
Marx-Generator seien imstande, derart hohe Spannungen zu erzeugen, erreichten
aber gerne mal die Ausmaße eines Kleinlasters.
    Debbie überlegte. Der Generator
musste sich, wenn man die von Russell beschriebenen Ausmaße in Betracht zog,
noch immer in der Nähe befinden. Unmöglich konnte Somniak ein Gerät dieser
Größe unbemerkt entfernt haben. Sie entschloss sich, Russell in einer weiteren
Email zu fragen, wo er einen solchen Apparat in einem Gebäude verstecken würde.
    Endlich hatte sie Gewissheit. Sie
war nun restlos überzeugt, dass der Blitz, der ihren Chef getötet hatte, künstlich
erzeugt worden war, und Wut keimte in ihr auf. Ihr Chef war ermordet worden.
Sie dachte daran zurück, wie schwer Wegmann ihr das Leben anfangs gemacht
hatte, wie beharrlich er einen Mord geleugnet hatte, was er alles versucht
hatte, um sich vor notwendigen Ermittlungen zu drücken.
    Sie dachte an ihre
Auseinandersetzung mit Wegmann auf dem Parkplatz der Polizeidirektion Rostock
zurück und daran, wie ängstlich die Behörden darauf bedacht gewesen waren, zu
verhindern, dass die Presse Wind von der Sache bekam. Und plötzlich hatte sie
eine Erleuchtung.
    Sie wusste zwar immer noch nicht,
wer das nächste Opfer sein würde, doch sie wusste, wie sie es herausfinden
konnte.

105.
    Die Kanzlerin war besorgt. Sie
saß an einem wuchtigen Schreibtisch aus Eichenholz in ihrer vier Räume und
knapp zweihundert Quadratmeter umfassenden Präsidenten-Suite des Hotels ‚Seeadler’
und arbeitete einige Papiere durch.
    Viel hatte sie sich vorgenommen,
doch nur wenig bislang erreicht. Dieser Gipfel hatte große Pläne und wichtige
Entscheidungen hervorbringen sollen, doch nun dominierten die Spekulationen um
einen psychopathischen Killer die Schlagzeilen, und eine angespannte Atmosphäre
erschwerte die Verhandlungen.
    Das offizielle Hauptthema des
Gipfels, die Gefährdung durch Epidemien, hatte man nach den Morden an den
Wissenschaftlern aus der Agenda gestrichen, doch eine Bedeutung hatte die
Kanzlerin diesem Thema sowieso nie beigemessen. Es war geeignet, von den
wirklichen Problemen dieser Welt abzulenken, und hatte den Medien Stoff geben
sollen, so dass die Politiker in aller Ruhe über die wirklich wichtigen Punkte
beraten und verhandeln konnten.
    Grundlegende und richtungweisende
Entscheidungen in den Bereichen der Energie- und der Umweltpolitik hatte sich
die Regierungschefin gewünscht. Geträumt hatte sie davon, als diejenige in die
Geschichtsbücher einzugehen, die eine neue Ära in diesen Bereichen eingeläutet
hatte, als diejenige, mit der die Zukunft begonnen hatte, doch nun verkam der
Gipfel in ihrem Land, ihr Gipfel, zu einer Farce.
    Konnte es noch schlimmer kommen?
    Es klopfte und der vor ihrer
Zimmertür postierte Personenschützer des BKA trat auf ihre Aufforderung hin
ein. Einer ihrer Berater, Herr Heinze, wolle sie sprechen. Die Kanzlerin bat,
Heinze hereinzuschicken. Er war einer ihrer kompetentesten Helfer – jung,
dynamisch, hochintelligent, selbstbewusst – und sie schätzte seine Arbeit sehr.
    Umso mehr schockierte sie Heinzes
Anblick, nachdem dieser den Raum betreten hatte. Thomas Heinze war kalkweiß im
Gesicht und atmete schwer, während zahllose Schweißperlen seine Stirn bedeckten.
    „Um Himmels Willen, was ist mit
Ihnen?” fragte sie besorgt.
    Wortlos reichte er ihr eine mit
Computer geschriebene Nachricht und ging sodann zur in die Suite integrierten
Bar, um sich einen Scotch einzuschenken. Die Kanzlerin überflog die Nachricht,
fühlte, wie auch ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht wich, und las den Text
erneut, in der Hoffnung, etwas falsch verstanden zu haben.
    „Gießen Sie mir auch einen ein”,
sagte sie schließlich, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie sich nicht
verlesen hatte. Die Frage, ob es noch schlimmer kommen konnte, war hiermit
beantwortet.
    „Woher haben Sie diese Nachricht?”
fragte sie mit ernüchterter Stimme.
    „Sie wurde unter meiner Zimmertür
durchgeschoben”, erwiderte Heinze tonlos.
    „Wieso ausgerechnet unter Ihrer?”
    „Ich habe keine

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