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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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Ahnung.
Vielleicht, weil ich Virologe bin, vielleicht, weil meine Tür nicht bewacht
wird. Aber spielt das jetzt eine Rolle? Wir müssen das BKA benachrichtigen. Ich
wollte nur, dass Sie die erste sind, die es sieht.”
    Die Kanzlerin nickte
gedankenverloren. Es galt jetzt schnell und besonnen die Optionen zu eruieren,
die sie hatten. Im Moment sah sie nur eine, doch sie war keine Expertin auf
diesem Gebiet. Ja, sie mussten das BKA informieren, das waren die Spezialisten.
Auch der BND würde mit Sicherheit helfen können. Und selbstverständlich mussten
die übrigen Regierungschefs in Kenntnis gesetzt werden. In Kenntnis davon, dass
der Killer zweihundert Millionen Euro im Gegenzug dafür forderte, dass er die
Welt vor einer Epidemie mit einem mutierten SARS-Virus verschonte.

106.
    Milla Herforth saß in ihrem Büro,
die Füße auf einen zweiten Stuhl gelegt, und sah sich die Videoaufzeichnung des
Verhörs mit Somniak an. Das war eine übliche Routine, um unter Umständen auf
unbewusste Reaktionen des Verdächtigen aufmerksam zu werden, die man beim Verhör
selbst nicht bemerkt hatte. Schon ein leichtes Augenzucken zum falschen
Zeitpunkt konnte manchmal mehr sagen als tausend Worte.
    Sie hatten das Verhör noch etwa
eine halbe Stunde fortgesetzt, nachdem Somniak den geheimnisvollen Hinweis auf
die Identität seines Komplizen gegeben hatte. Natürlich hatten sie in erster
Linie versucht, den Namen des nächsten Opfers aus dem Killer herauszubekommen,
doch er hatte nichts preisgegeben. Oder vielleicht unbewusst doch? Das
versuchte Herforth gerade herauszufinden.
    Es klopfte an der Tür und eine
Kollegin aus Wiesbaden trat ein. Die blonde Frau war Mitte dreißig und hatte
ein hübsches Gesicht und ein breites Becken. Sie schloss die Tür wieder hinter
sich, nachdem sie den Raum betreten hatte, und weckte somit sofort Herforths
Interesse. Was sie zu sagen hatte, war offenbar nicht für eines Jeden Ohr
bestimmt und hatte deshalb höchstwahrscheinlich mit Wegmann zu tun.
    „Hast du was Neues über Kommissar
Stümper?” fragte Herforth hoffnungsvoll. Sie war froh darüber, eine kleine Pause
vom Videogucken zu bekommen. Auf die kleinsten Reaktionen, Zuckungen oder
Ohrwackler zu achten, erforderte ein erhebliches Maß an Konzentration und war
dementsprechend ermüdend.
    Ihre BKA-Kollegin nickte
lächelnd. „Es sieht ganz so aus, als hättest du mit deinen Vermutungen genau
ins Schwarze getroffen.”
    „Lass hören.”
    „Wegmann hat in den letzten Tagen
öfters Anrufe ohne zweiten Teilnehmer erhalten”, begann die blonde Kollegin.
    „Du meinst von einem unbekannten
Teilnehmer?”
    „Nein, es gab praktisch keinen
zweiten Teilnehmer. Ich gehe daher davon aus, dass der andere Teilnehmer ein
Telefon mit Stör-Enkodierung benutzt hat. Diese Verschlüsselungen stören jegliche
Rückverfolgungssysteme. Telefone dieser Art sind weder lokalisierbar noch
hinterlassen ihre Anrufe irgendeine Spur. Weil es diese Enkodierungssysteme
allerdings nicht für ‘ne Mark fünfzig am Kiosk zu kaufen gibt, fallen mir
eigentlich nur zwei Sorten von Menschen ein, die solche Telefone verwenden.”
    „Geheimagenten und Terroristen”,
schloss Herforth.
    „Exakt”, erwiderte die Kollegin.
„Desweiteren ist Wegmann zweimal – einmal gestern und einmal heute – zu einem
entlegenen Waldweg gefahren, wo er jeweils einige Minuten verbracht hat.”
    „Und wo er sich jeweils mit
Driver getroffen hat”, fügte Herforth wütend an.
    „Gut möglich”, erwiderte die
Kollegin.
    Herforth dachte lange nach.
Konnte sie es verantworten, weiterhin Personal für ihren persönlichen Krieg
gegen Wegmann abzustellen? Immerhin war einer der Mörder jetzt gefasst. Zudem
würde es ihre Ermittlungen unter Umständen sogar beschleunigen, wenn Wegmann
ihr nicht mehr im Weg rumturnte.
    „Okay, danke, Sarah. Gute Arbeit”,
sagte sie schließlich. Sie hatte ihren Entschluss gefasst. „Ich möchte, dass du
Wegmann von jetzt an observierst. Solange er sich hier in der Direktion
aufhält, kannst du die Zeit nutzen, die virologischen Institute in der Umgebung
anzurufen. Erkundige dich, ob in einem von ihnen letzte Nacht eine Amerikanerin
namens Deborah Ashcroft einen SARS-Erreger untersucht hat. Falls ja, finde
heraus, wer sie begleitet hat.”
    Herforth hatte einen Fall zu
lösen, zugegeben. Aber sie hatte eben auch einen Krieg zu gewinnen. Einen
Krieg, den sie nicht erklärt hatte.

107.
    „Wir sehen uns hier mit einer
Bedrohung konfrontiert, die uns alle

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