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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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darauf gefreut. Doch dann war
der Einberufungsbescheid gekommen und hatte einen jähen Schnitt durch seine
Zukunftsplanungen gemacht.
    Aurich hatte sich
dagegen gewehrt, hatte versucht, mit ärztlichen Gutachten seine Untauglichkeit
zu belegen, hatte argumentiert, man verbaue ihm seine berufliche Zukunft, reiße
ihn aus einem gut funktionierenden Umfeld. Es hatte alles nichts gebracht. Die
Musterungsuntersuchung hatte eine gute Tauglichkeit ergeben und auf persönliche
Schicksale nahm man beim Bund sowieso keine Rücksicht. Bereits einen Monat nach
seiner Gesellenprüfung war er eingezogen worden.
    Damals hatte ihm sein
Chef noch zugesagt, die Stelle für ihn offen zu halten, auf ihn zu warten. Doch
dann hatte sich die Auftragslage der Schreinerei plötzlich stark verbessert und
der Chef hatte sofort einen neuen Gesellen einstellen müssen. Als Aurich neun
Monate später von seinem Grundwehrdienst zurückgekehrt war, war seine Stelle
längst vergeben.
    Aurich hatte das
zunächst nicht entmutigt. Natürlich hatte er die Kollegen gemocht und sich in
der Firma wohlgefühlt, doch mit den guten Noten, die er in seiner
Gesellenprüfung erreicht hatte, würde er bestimmt bald etwas anderes finden.
    Doch die Monate waren
ins Land gegangen und die Hoffnungslosigkeit war gekommen. Er war
verschlossener, trübsinniger und zynischer geworden. Nach zehn Monaten hatte sich
Julia von ihm getrennt, einen Monat später hatte er erfahren, dass sie nun mit
seinem besten Freund zusammen war. Seinem ehemals besten Freund, denn
der hatte einen Job und eine eigene Wohnung.
    Schließlich hatte er
in all seiner Verzweiflung den Entschluss gefasst, sich als Zeitsoldat zu
verpflichten, und jetzt saß er hier auf diesem elenden Boot und diente der
Institution, die seine heile Welt zerstört hatte. Was für ein beschissenes
Leben.
    Diese Gedanken
verfolgten Aurich ständig. Er war depressiv. Seine Depressionen wiederum waren
naturgemäß seiner Stellung unter den Kameraden nicht zuträglich. Er galt als
Sonderling, was im Umkehrschluss seine Depressionen verstärkte. Es war ein
Teufelskreis. Kein Wunder, dass er für den Kontrollraum eingeteilt war, den
einzigen Posten, auf dem man zu niemandem Kontakt hatte, während sich die
Wachen an Deck meist in kleinen Gruppen bewegten und sich unterhielten. Aber
eigentlich war es fast egal. Mit ihm hätte sich sowieso niemand unterhalten.
Auch draußen hätte er alleine gestanden und ob er hier oder dort alleine war –
die Depressionen würden die gleichen bleiben.
    Eines Tages würde er
aus diesem Teufelskreis ausbrechen. Er würde einfach offen auf seine Kameraden
zugehen, sich mit ihnen unterhalten, ihnen zeigen, dass er kein Sonderling war,
und wieder der lustige, beliebte Typ von früher werden. Wenn er endlich Freunde
unter den Kameraden hätte, würden auch die Depressionen weggehen und die
Spirale würde sich in die entgegengesetzte Richtung zu drehen beginnen. Eines Tages
würde er das tun.
    Aber nicht heute.
    Und auch nicht
morgen.
    Doch plötzlich
passierte etwas, das ihn aus seinen Gedanken riss, und ihm zum ersten Mal in
dieser Nacht ein wenig Ablenkung verschaffte: Ein Ton erklang.
    Ein Ton, wie Aurich
ihn noch nie gehört hatte. Was war das? Und wo kam es her? Auf eine gewisse Weise
war der Ton absolut fesselnd und wunderschön. Ein Posaunenton? Nein, keine
Posaune. Ähnlich, aber doch schöner. Andererseits wiederum kam er ihm irgendwie
auch bedrohlich und fremdartig vor. Aurich fiel nur ein Wort ein, das diesen
Ton halbwegs präzise beschrieb: unbeschreiblich.
    Augenblicklich ließ
er seinen Blick über sämtliche Monitore und Anzeigen schweifen. Nichts. Keinerlei
Messung.
    Er funkte die Brücke
an, doch auch dort konnte man sich den Ton nicht erklären. Danach funkte er
nacheinander die übrigen Marineschiffe an. Sie alle hörten den Ton, konnten ihn
aber ebenso wenig wie Aurich erklären.
    Aurich trat aus dem
Kontrollraum an die Reling und suchte die schwarze, sanft wogende See mit seinen
bloßen Augen ab. Er wusste, dass es irrational war, doch der Ton war es
ebenfalls. Dann verstarb der Ton ebenso plötzlich, wie er begonnen hatte, und
das seichte Plätschern der Wellen gegen die Bordwand war alles, was die
Schwärze der Nacht durchdrang.
    Aurich ging zurück in
den Kontrollraum und überprüfte erneut sämtliche Monitore und Anzeigen. Nichts.
    Meller, ein Kamerad
aus seiner Wachmannschaft, betrat den Raum und erkundigte sich, ob er halluziniert
habe, oder Aurich den Ton ebenfalls

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