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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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der
Flügelgröße und des Gewichts von Hummeln nach, dass diese theoretisch nicht
fliegen können. Sie können es aber. Jahrzehntelang hat man Theorien hierzu
entwickelt, die von der Unsteifigkeit der Flügel über Luftwirbel bis zu
ich-weiß-nicht-was reichten. Erst 1996 wurde der experimentelle Nachweis
erbracht, warum Hummeln doch fliegen können, doch in all den Jahren dazwischen
ist man nie von übernatürlichen Kräften ausgegangen. Man hat stets versucht,
eine rationale Erklärung zu finden und ich denke, das sollten wir hier
ebenfalls tun.”
    „Und ich denke”,
mischte sich Herforth wieder ein, „dass Sie es sich gerne leicht machen,
Wegmann. Selbstverständlich ist es einfacher, Paranormales anzunehmen, als
natürliche Erklärungen zu finden. Aber das ist nicht Ihr Job. Ihr Job ist es,
die natürliche Lösung zu finden.”
    Wegmann spürte wieder
seine Halsschlagader pochen und er merkte, wie er rot wurde. Er würde nichts
mehr dazu sagen. Seine Zeit würde kommen und Herforths vorüber gehen. Und zwar schon
bald.
    „Gut”, nahm Herforth
die Leitung des Meetings wieder in die Hand. „Das deckt sich mit meiner eigenen
Meinung. Wir werden Übernatürliches nicht mehr ausschließen, aber davon
ausgehen, dass es natürliche Erklärungen gibt, und nach diesen suchen.”
    Wegmann sackte in
seinem Stuhl nach unten. Unglaublich. Er wusste, dass es keine natürliche
Erklärung gab. Es war nicht bloß eine Ahnung, er hatte eine Erleuchtung gehabt.
Er legte den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke, diese hässliche
bieder beige Decke. Wie sehr er diesen alten DDR-Bunker hasste mit seinen viel
zu dünnen Wänden, seinen zu kleinen Fenstern, seinem ekelhaften
Linoleumfußboden und seinem Grau in Grau. Er hasste es alles.
    „Wenn wir natürliche
Gegebenheiten annehmen, dann müssen wir wohl von einem Serienkiller ausgehen.”
    Wegmann nahm
Herforths Worte nur unterbewusst war.
    „Aus diesem Grund
habe ich Dr. Meller eingeladen. Er wird uns kurz etwas Allgemeines über die
Psychologie von Serientätern erzählen und danach ein erstes, rudimentäres
Täterprofil liefern.”
    Herforth nickte
Meller zu und diesmal sah Wegmann einen Anflug von einem Lächeln auf ihrem
Gesicht. Nicht möglich. Sie stand auf diesen Gel-Affen? Diese eiskalte Kuh
stand auf Mr. Cool? Er konnte sich ein Schmunzeln kaum verkneifen. Herforth
hatte also Schwachpunkte. Diesen speziellen würde er wohl kaum zu seinem
Vorteil nutzen können, aber es war gut zu wissen, dass es welche gab. Seine
Zeit würde kommen.
    „Das wohl
ausgeprägteste Merkmal der Psychologie von Serienmördern ist ihre Unfähigkeit,
Empathie zu empfinden”, begann Meller mit einer für einen Mann seines Alters
viel zu hohen Stimme. Erneut musste Wegmann schmunzeln. „Bei
computertomographischen Aufnahmen der Hirne von Serientätern zeigt sich mit
signifikanter Häufigkeit eine Schädigung des limbischen Systems, das sich
zwischen den Hemisphären befindet und dafür verantwortlich ist, dass wir
Mitgefühl empfinden können.”
    „Das heißt also,
Serienkiller sind gar nicht in der Lage, Mitgefühl mit ihren Opfern zu
entwickeln?” Herforth hing an seinen Lippen. Was für ein Geschleime. Als ob
eine Mordermittlerin des BKA diesen Psychomüll nicht schon tausendmal gehört hatte.
    „Nein”, fiepste
Meller.
    „Und was können Sie
zu unserem speziellen Fall sagen?” fragte Herforth weiter. Vielleicht hatte sie
Wegmanns Schmunzeln bemerkt, jedenfalls hatte ihr Tonfall zu alter Sachlichkeit
zurückgefunden.
    „Zu Ihrem Fall”,
begann Meller sein Referat. „Wir setzen voraus, dass es sich bei den
Todesfällen um Morde handelt. Dann können wir absolut sicher von ein und
demselben Täter ausgehen, denn die Gemeinsamkeiten sind immanent. Desweiteren
können wir davon ausgehen, dass es sich um einen sehr kranken Menschen handelt,
der nicht in der Lage ist, das leiseste Mitgefühl zu entwickeln.
    Die Art der Morde
lässt auf eine ungemein sorgfältige Planung schließen, wahrscheinlich Monate,
vielleicht mehr als ein Jahr im Voraus. Die schnelle zeitliche Aufeinanderfolge
macht weitere Morde sehr wahrscheinlich. Warum sollte er sich so beeilen, wenn
er den ganzen Gipfel für zwei Morde Zeit hätte. Zudem gibt es zwar
Gemeinsamkeiten, aber eben auch grundlegende Unterschiede in den Mordarten, die
darauf schließen lassen, dass der Täter eine Serie zu schaffen gedenkt, deren
Zusammenhang sich erst im großen Bild erschließt, sprich nach weiteren Taten.
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