Virus
Desinfektionsraum führte, drehte sich! Es kam jemand!
Marissa wurde von panischer Furcht ergriffen. Für einen Augenblick stand sie hilflos, wie erstarrt. Als sie sich wieder rühren konnte, schob sie eiligst das leere Röhrchen in den Behälterrahmen zurück, hing diesen wieder in die Kühltruhe ein und schlug deren Deckel zu. Erst dachte sie an Flucht – doch wohin hätte sie sich wenden sollen? Vielleicht konnte sie sich verstecken. Sie blickte zu dem dunklen Bereich mit den Tierkäfigen hinüber. Aber es war keine Zeit mehr. Sie hörte, wie der Verschluß der Tür aufging, und sah, wie zwei Personen das Labor betraten, unkenntlich in den Isolieranzügen. Die kleinere der beiden schien sich im Labor auszukennen und zeigte der größeren, wie man den Luftschlauch in die Buchsen einhängt.
Vor Schreck gelähmt, blieb Marissa einfach stehen. Es bestand schließlich eine schwache Möglichkeit, daß das zwei Wissenschaftler vom CDC waren, die irgendein laufendes Experiment überprüfen wollten. Diese Hoffnung zerstob rasch, als die beiden direkt auf sie zukamen. Zugleich sah sie, daß die kleinere der beiden Gestalten eine Spritze in derHand hielt. Marissas Augen flogen zu der anderen, die näher tapste und deren Arm in einem merkwürdigen Winkel abgebogen war, was irgendeine unklare, aber jedenfalls unangenehme Erinnerung in ihr auslöste. Marissa versuchte ihre Gesichter zu erkennen, aber die Spiegelung der Sichtschirme machte das unmöglich.
»Blumenthal?« fragte der kleinere der beiden mit einer rauhen männlichen Stimme. Er streckte den Arm aus und drehte Marissas Kopf brutal dem Licht zu. Ganz offensichtlich hatte er sie erkannt, denn er nickte seinem Begleiter zu, der nach dem Reißverschluß ihres Anzugs griff.
»Nein!« schrie Marissa auf, der schlagartig klar wurde, daß die beiden Männer keinesfalls vom Wachdienst waren. Das war vielmehr ein Überfall – genau wie sie schon in ihrem Haus überfallen worden war. Verzweifelt packte sie das Sicherheitsschloß der Gefriertruhe und warf es nach dem Mann. Der Augenblick der Verwirrung genügte ihr, um ihren Luftschlauch zu lösen und sich nach dem Bereich mit den Käfigen zu wenden.
In weniger als einer Sekunde war der größere der beiden Männer hinter ihr, aber gerade als er nach ihr greifen wollte, wurde er daran gehindert durch seinen Luftschlauch, an dem er hängenblieb wie ein Hund an der Leine.
So schnell es nur irgend ging, flüchtete sich Marissa in die schmalen Gänge zwischen den aufgestapelten Käfigen, während um sie die aufgeregten Laute der Affen, Ratten, Hühner und aller möglichen sonstigen Tiere ertönten. Im Bewußtsein, daß sie in den Mauern des Labors gefangen war, breitete sich Verzweiflung in Marissa aus. Doch in der Hoffnung, erst einmal Verwirrung zu stiften, öffnete sie die Affenkäfige. Soweit die Tiere nicht krank waren, verließen sie sofort die Käfige.
Marissa spürte Atemnot. Sie fand glücklicherweise, was in der Dunkelheit nicht einfach war, eine Anschlußbuchse und hängte ihren Luftschlauch ein. Erleichtert fühlte sie das Einströmen der frischen, kühlen Luft. Offenbar war dergrößere der beiden Männer mit dem Aufenthalt im Hochsicherheitslabor nicht vertraut, aber sie war nicht überzeugt davon, daß ihr das einen besonderen Vorteil brachte. Sie trat in den Gang zwischen den Käfigen, von dem aus sie in den Hauptraum des Labors schauen konnte. Im Gegenlicht vermochte sie seine sich nähernde Gestalt zu erkennen. Sie wußte nicht, ob er sie sehen konnte oder nicht, blieb aber stehen und starrte ihm entgegen in dem verzweifelten Bemühen, ihn durch Konzentration ihrer beschwörenden Gedanken dazu zu bringen, eine andere Richtung einzuschlagen. Aber er schritt unbeirrbar auf sie zu. Ihre Nackenhaare sträubten sich. Sie hing ihren Luftschlauch ab und versuchte, das Ende der Käfigreihe zu erreichen, um dort in einen anderen Gang einzubiegen. Doch bevor ihr das gelang, packte sie der Mann am linken Arm.
Marissa schaute zu ihrem Gegner auf, aber alles, was sie erkennen konnte, war das schwache Glänzen seines Sichtschirms. Die Macht seines zupackenden Griffs schien jeden Widerstand sinnlos zu machen, doch über seiner Schulter bemerkte sie plötzlich einen roten Handgriff mit der Aufschrift NOTALARM.
Verzweifelt langte Marissa mit ihrer freien Hand danach und riß den Griff herunter. Sofort ertönte eine Alarmsirene, und Desinfektionsmittel sprühte auf das ganze Labor herunter; wegen des sich dadurch sofort
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