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Viscount und Verfuehrer

Titel: Viscount und Verfuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Hawkins
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unerträglicher, unverschämter ...
    „Ich dachte, wir wollten zum Crossforth-Ball“, zischte Beatrice, deren Blick ebenfalls noch auf den Viscount gerichtet war. Er hatte vor einem Schaufenster mit Uhren und Schnupftabaksdosen Halt gemacht und wurde schon wieder von sämtlichen Passantinnen beäugt.
    „Ursprünglich ja“, erwiderte Beth. „Jetzt nicht mehr. Jetzt gehen wir auf die musikalische Soiree der Devonshires.“
    Beatrice seufzte. „Ich wünschte, du würdest dich endlich entscheiden. “
    „Habe ich doch“, entgegnete Beth und fing einen letzten Blick des Viscounts auf. Er lächelte, diesmal ein langsames, träges Grinsen, das die Lachfältchen um die Augen vertiefte. Er wirkte beinahe unbeschwert.
    Beth reagierte nicht. Sie machte auf dem Absatz kehrt und zog Beatrice mit sich fort. „Wollen wir nach einer Pelisse suchen? Ich habe nichts, was zu meinem neuen Morgenkleid passt.“
    Beatrice ließ sich leicht ablenken. Als sie ein Stück weiter den Laden einer Modistin betraten, sah Beth sich noch einmal zu der Stelle um, an der sie den Viscount zuletzt gesehen hatte. Er war verschwunden; anscheinend war er in den Laden gegangen.
    Das war gut, befand sie, denn nun brauchte sie ihn nicht noch einmal zu sehen. Morgen würden sie zur musikalischen Soiree gehen und kein einziges Mal an den Viscount denken, gleichgültig was es sie kostete. Sie würde bald genug herausfinden, was der Mann plante, doch auf ihre eigene Weise und in ihrem eigenen Tempo. Sie durfte ihn einfach nicht öfter als unbedingt nötig sehen, da die Spannung zwischen ihnen mit jeder Begegnung größer zu werden schien. Außerdem wäre der Andrang auf dem Crossforth-Ball sicher riesig, und alle Blicke würden auf dem Viscount ruhen.
    Beth würde Ort und Zeit selbst wählen, und dann gnade Gott dem Mann. Sie würde keine Gnade kennen. Überhaupt keine.

10. KAPITEL
    Die Führung eines Haushalts lässt sich mit einer erfolgreichen militärischen Kampagne vergleichen. Man sollte gut planen, sich gut vorbereiten und mit ganzem Herzen bei der Sache sein. Nur wenn man diesen Prinzipien folgt, kann man jede Schlacht gewinnen.
    Leitfaden für den vollkommenen Butler und Kammerherrn von Richard Robert Reeves
    „O nein“, murmelte Beatrice. „Ich glaube, sie wird noch mal auftreten.“
    Beth schlug das Programmheft auf und fuhr die lange Liste mit dem Finger ab. Als sie in der Mitte angekommen war, zuckte sie zusammen. „Miss Temple ist nicht für ein, sondern sogar noch für zwei Lieder eingeplant.“
    „Das überlebe ich nicht“, stöhnte Beatrice. Sie blickte zur Seite, wo Harry saß und, die Beine an den Knöcheln überkreuzt, die Arme vor der Brust verschränkt, das Kinn im Krawattentuch versenkt, während ihm die Brille von der Nase zu rutschen drohte, friedlich schlummerte.
    Sie hob schon den Ellbogen, um ihm einen Rippenstoß zu versetzen, sah dann aber doch davon ab. Seufzend wandte sie sich an Beth. „Ich kann nicht. Er sieht so friedvoll aus.“
    „Er ist mitgekommen, obwohl er eigentlich gar nicht wollte“, gab Beth zu bedenken. „Ich finde, er hat ein Nickerchen verdient.“
    „Das haben wir alle“, erwiderte Beatrice ein wenig erbittert. „Leider sind wir nicht alle mit einer Konstitution gesegnet, die uns gestattet, eine derartig grauenvolle Katzenmusik einfach zu verschlafen.“
    Beth biss sich auf die Lippe. „So schlimm ist Miss Temple nun auch wieder nicht. Sie singt nur ein klein wenig falsch, und auch nur bei den hohen Tönen.“
    „Das letzte Lied hat aber nur aus hohen Tönen bestanden, und ich kann dir zum Beweis meine Gänsehaut zeigen! Wenn ich mir noch mehr von diesem grausamen Lärm anhören muss, werde ich sterben. Beth, es war ein Fehler, hierher zu kommen.“ Beatrice wand sich auf ihrem Stuhl. „Die Leute laufen in Scharen davon. Können wir nicht auch ...“ „Nein. Ich gehe nicht zum Crossforth-Ball. Wenn du und Harry noch hingehen wollt, ist mir das recht, denn ich kehre auch sehr gern nach Hause zurück.“ Ein Abend voll Ruhe und Frieden wäre jetzt genau das Richtige. Nicht dass sie viel Ruhe bekommen würde, denn London schlief so gut wie nie. Sie seufzte. Massingale House fehlte ihr genauso sehr wie ihr Großvater.
    Der letzte Brief, den sie von dem alten Herrn erhalten hatte, war ebenso griesgrämig gewesen wie Charlottes Brief lang. Beth schloss daraus, dass ihr Großvater allmählich die Geduld verlor und Charlotte den Großteil seiner Launen abbekam. Schade, dass die beiden nicht

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