Viscount und Verfuehrer
Kontertänze und hin und wieder eine Quadrille gespielt. Zudem beschränkten die Erfrischungen sich auf scheußlich altbackenen Kuchen und langweiligen Ratafia, für den sie nichts übrig hatte.
Sie nickte Lady Jersey zu. „Mylady, wie geht es Ihnen?“
„Ach! Ich bin erschöpft. Ich habe Lord Westerville gebeten, mich zum Crossforth-Ball zu begleiten, aber was tut er? Er dreht eine Runde im Ballsaal, und dann besteht er darauf, dass wir hierher fahren! Ich bin sehr verärgert, vor allem, nachdem ich von zwei Leuten draußen in der Eingangshalle gehört habe, dass es der Unterhaltung hier leider an Qualität mangelt.“
Beth wand sich innerlich, da Lady Jerseys Stimme ziemlich durchdringend war. Man witzelte allgemein, dass Lady Jersey eigentlich „Stille“ heißen sollte, eine Anspielung auf ihre Neigung zum Klatsch und ihr wenig friedvolles Organ. Sie selbst fand den Spitznamen ziemlich amüsant. Kein Gerücht war ihr zu gering, als dass sie es nicht mit ihrer spektakulären Stimme heraustrompetet hätte.
Beatrice hatte sich ebenfalls umgedreht und strahlte nun, als sie sah, mit wem ihre Cousine gerade sprach. „Lady Jersey! “, verkündete Beatrice mit erregter Stimme. „Wie schön, Sie zu sehen!“
„Mrs. Thistle-Bridgeton“, erwiderte Lady Jersey und beäugte Beatrices schlafenden Gatten. „Wie ich sehe, ist es Ihnen gelungen, Ihren Mann aus dem Haus zu locken. Haben Sie ihn von den Dienstboten schon so hertragen lassen, oder ist er vom vielen Applaudieren müde geworden?“
Beatrice lachte. „Der Abend war vielleicht ein wenig öde, aber jetzt wird es sicher besser. Das nächste Stück soll recht gut sein.“
Bevor sie noch etwas sagen konnte, ertönte ein Triller auf dem Pianoforte, und die Musik begann. Beth und Beatrice drehten sich wieder um. Beatrice beugte sich vor und flüsterte: „Lady Jersey ist ein hervorragender Kontakt für dich. Sie kennt alle heiratsfähigen Junggesellen von London.“
„Und trotzdem kam sie mit Westerville. Begreife einer die Launen der Menschen“, murmelte Beth.
Beatrice betrachtete ihre Cousine erstaunt, doch die Lautstärke der Musik hinderte sie daran zu antworten. Die Musik war tatsächlich besser geworden, und unter anderen Umständen hätte Beth die Vorstellung durchaus genossen. Doch im Augenblick war sie sich des Mannes hinter ihr viel zu bewusst, und der sorgte seinerseits dafür, dass sie ihn nicht vergaß. Er streckte die Beine so weit aus, dass seine Schuhspitzen zu beiden Seiten ihres Stuhls zu sehen waren, und wenn er sich bewegte, ruckte er hin und wieder auch an ihrem Stuhl.
Sie war froh, als die Musik endlich aufhörte. Beth klatschte noch lauter als die anderen und war als Erste auf den Beinen. Rasch sammelte sie ihre Sachen ein und drängte Beatrice, sich zu beeilen und Harry zu wecken. Doch bevor Beth wusste, wie ihr geschah, beugte Lady Jersey sich über die Lehne.
„Meine liebe Mrs. Thistle-Bridgeton, wären Sie so freundlich, mich zum Tisch mit den Erfrischungen zu begleiten? Ich sterbe beinahe vor Durst, und mein Begleiter weigert sich frecherweise, mir etwas zu bringen.“
Westerville grinste. „Von wegen.“
Lady Jerseys Lächeln war ebenso breit wie seines, und einen Augenblick erhaschte Beth ein Stück jenes Charmes, der sie so beliebt beim ton machte. „Ihr Mangel an Begeisterung war all die Weigerung, derer ich bedurfte.“ Ihr Blick wanderte zu Beth. „Lady Elizabeth, ich gebe Lord Westerville in Ihre Obhut, während Ihre Cousine sich mit mir auf die Suche nach einem Glas Limonade macht. Bitte geben Sie gut auf ihn Acht, denn er ist viel zu attraktiv, als dass man ihn länger allein lassen könnte.“
Beth wusste nicht, was sie zu diesem ziemlich plumpen Kuppelversuch sagen sollte. Hilfe suchend blickte sie zu Beatrice, doch ihre Cousine war so beschäftigt damit, sich zum Ende ihrer Stuhlreihe zu Lady Jersey vorzukämpfen, um Lady Jersey zu treffen, dass sie Beths stilles Flehen übersah.
Kurz darauf sah Beth verärgert zu, wie die beiden Damen zum Tisch am anderen Ende des Raums schlenderten.
„Das war ja erstaunlich einfach“, sagte eine tiefe Stimme an Beths Ohr.
Sie fuhr zu Westerville herum. „Das haben Sie geplant!“ „Ich habe nur Sallys Einladung angenommen, sie heute Abend zu begleiten. Der Rest ist allein ihr zuzuschreiben. “ Beth musterte ihn misstrauisch. „Sie hilft Ihnen?“
„Ich weiß nicht, ob ich es so ausdrücken würde.“ Ernst hob er die Brauen. „Tut sie das?“
„Nein.“ Beth
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