Viscount und Verfuehrer
blickte zu Harry, der immer noch fest schlief, die Arme verschränkt, das Kinn auf die Brust gesenkt. Sie war allein mit einem Mann, den sie ohne Zögern als Wolf bezeichnen würde. „Nun, Sie können ja hier bleiben, wenn Sie möchten, aber ich muss mich entschuldigen. Ich habe meinen Volant abgerissen und muss ihn reparieren.“ Sie wandte sich zur Tür, doch er hielt sie mit einem einzigen Wort auf. „Angst?“
Sie drehte sich nur kurz zu ihm um. „Ja.“
Damit ließ sie ihn stehen. Sicher wäre er nicht lang allein; schon jetzt beobachteten viel zu viele Frauen jede seiner Bewegungen. Beth sagte sich, dass ihr das egal war, auch wenn sie wusste, dass es nicht stimmte.
Sobald sie den Saal verlassen hatte, ging sie nach oben, wo sich die Damen versammelten. Der Raum, der für die weiblichen Besucher reserviert war, war so überfüllt, dass Beth keinen klaren Gedanken fassen konnte. Sie wollte einfach ein stilles Plätzchen, um die nächste Nummer auf dem Programm abzuwarten. Das würde jedes Gespräch mit Westerville verhindern, und danach wäre es wieder sicher, zu ihrem Platz zurückzukehren.
Beth sah sich um und entdeckte rechts eine Tür, die einen Spalt offen stand. Dahinter sah sie Bücherregale an den Wänden und in der Mitte des Raums einen Billardtisch.
Sie sah sich um. Niemand achtete auf sie, und so schlüpfte sie in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Sobald sie allein war, seufzte sie erleichtert auf. Im Raum roch es nach Leder, Brandy und einem Hauch Zigarrenrauch. Offensichtlich war dies der Zufluchtsort für die Männer des Haushalts, doch im Augenblick würde es Beth als solcher dienen. Westerville so nah zu sein war vieles, aber beruhigend war es nicht.
Das Alleinsein tat ihr gut. Langsam schlenderte sie zum Tisch und ließ die Finger über den grünen Filz gleiten. Morgen würde sie nach Massingale House fahren und ihren Großvater besuchen. Sie war schon viel zu lange weg, ein Besuch könnte nicht schaden.
Beth nahm die weiße Kugel und wog sie abwesend in der Hand.
„Spielen Sie?“
Sie fuhr herum zur Tür, die jetzt wieder offen stand. Ihr Herz begann heftig zu klopfen, als sie Christian entdeckte, eine dunkle, gefährlich attraktive Gestalt in Schwarz. „Gütiger Himmel, Westerville! Muss das sein?“
Um seine Mundwinkel spielte ein leises Lächeln. Der Saphir, der in seinem weißen Krawattentuch glitzerte, war die einzige Farbe, die er an sich hatte - bis auf das Grün seiner Augen. „Muss was sein?“, fragte er und trat in den Raum hinein. „Ihnen Fragen stellen?“
„Es stört mich nicht, wenn Sie mir Fragen stellen, aber ich muss dagegen protestieren, wie Sie sich an mich anschleichen.“ Sie presste sich die Hand ans Herz, das immer noch wild in ihrer Brust schlug.
Sein Blick folgte der Geste und heftete sich schließlich anerkennend auf den Ausschnitt ihres Kleides. „Ich habe mich nicht angeschlichen. Obwohl ich das auch könnte, wenn es Sie amüsiert ..."
Sie senkte die Hand. „Oh! Sie machen aus allem, was ich zu Ihnen sage, eine anzügliche Andeutung. Sie sind unerträglich. “
Er lachte. „Und Sie, meine Süße, sind viel zu schreckhaft. Ich räume ja ein, dass ich nicht angeklopft habe, aber die Tür stand schließlich offen.“
„Die Tür war zu, und das wissen Sie ganz genau. Ich habe das Schloss nicht gehen hören, daher müssen Sie sehr vorsichtig gewesen sein.“
Er gab vor, die Tür zu begutachten, die er nicht nur geöffnet, sondern auch lautlos wieder geschlossen hatte. „Vielleicht ist das Schloss kaputt.“
„Unsinn. Das Schloss ist in Ordnung, so viel steht fest.“ Er grinste, und seine weißen Zähne blitzten. „Vielleicht. Fest steht auf alle Fälle, dass die Türangeln gut geölt sind.“ „Das habe ich gemerkt. “ Beth betrachtete den Mann scharf. Ihr war klar, dass sie ihre angegriffenen Nerven beruhigen musste, wenn sie die Contenance wahren wollte. Der Kerl war erst seit ein paar Augenblicken im Raum, und schon waren ihre Handflächen feucht, und ihr Herz schwankte, als wäre es betrunken. Zum Glück befand er sich auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers, während sie sich hinter dem breiten Tisch aus Mahagoni und Filz verschanzen konnte. Das war gut, sehr gut.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, stieß Christian sich vom Türrahmen ab, baute sich auf der anderen Seite des Billardtisches auf und beobachtete sie. Sofort wurde der Raum kleiner, irgendwie intimer. Sein Blick ruhte immer noch auf ihr, und er
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