Viscount und Verfuehrer
zugenäht, wollen Sie mich umbringen?“ Ratafia war ein dickflüssiger Likör, sehr süß und einfach abscheulich.
„Nein, Mylord. Ich hielt es nur für unklug, dass Sie den Duke of Massingale in volltrunkenem Zustand aufsuchen und um die Hand seiner Enkelin anhalten.“ Reeves verkorkte die Karaffe und trug sie zurück zur Anrichte. „Seine Gnaden würde ein derartiges Schauspiel nicht zu würdigen wissen.“
Christians Miene verfinsterte sich. „Ich werde nicht um Lady Elizabeths Hand anhalten.“
„Nein?“ Ruhig begegnete Reeves seinem Blick. „Was meinen Sie wohl, was die Treuhänder von einem derartigen Betragen halten?“
Christian fuhr sich durchs Haar. Zum Teufel mit den Treuhändern. Reeves hatte wieder einmal recht, zur Hölle mit diesem verflixten Butler. Christian blieb keine Wahl, überhaupt keine. Spätestens in einem Tag würde der Duke of Massingale über das Stadthaus der Rochesters hereinbrechen, Satisfaktion verlangen und jede Menge Lärm schlagen. Die Geschichte wäre ohnehin bald in der ganzen Stadt herum, es sei denn, Christian hatte den Zorn in Lady Jerseys Augen missdeutet.
„Verdammt, verdammt, verdammt.“ Christian bedeckte die Augen mit den Händen. Warum nur hatte er seiner Lust alle Zügel schießen lassen? Warum hatte er sich nicht beherrschen können? Leider sah er auch mit den Händen vor den Augen und Portwein im Magen immer noch Beths Gesicht vor sich, als ihre Cousine ins Billardzimmer geplatzt war und sie ertappt hatte.
Was hatte er sich nur gedacht? Nichts, um die Wahrheit zu sagen. Überhaupt nichts. Er hatte komplett die Beherrschung verloren, etwas, was er sich seit seiner Jugendzeit nicht mehr gestattet hatte.
Und dabei hatte er die Schlacht in vielerlei Hinsicht schon gewonnen. Reeves hatte recht behalten - Elizabeth die Wahrheit zu sagen hatte ihm neue Türen geöffnet, nicht verschlossen. Und ihm war dazu nichts anderes eingefallen, als sich von seinen Begierden leiten zu lassen? Allerdings, wenn man mit einer Frau wie Elizabeth - so üppig und verdammt intelligent - zusammen war, bedurfte es größerer Selbstbeherrschung, als er sie besaß, um die nötige Distanz zu wahren. Sie lockte ihn mit jedem Schwung ihrer runden Hüften, forderte ihn mit jedem scharfen Kommentar oder Blick heraus. Es war mehr, als ein Mann ertragen konnte.
Christians Gesicht verfinsterte sich. „Reeves, ich hasse es, wenn Sie recht behalten.“
„Jawohl, Mylord. Das ist auch für mich eine schwere Last. Sie werden aber sicherlich zu dem Schluss kommen, dass kein Grund zur Verzweiflung besteht, sobald Sie sich alles noch einmal durch den Kopf haben gehen lassen, dessen bin ich sicher. Lady Elizabeth ist eine wunderbare Frau. Die meisten Männer wären entzückt über so eine Verbindung. “ „Ich möchte aber nicht heiraten“, erklärte Christian störrisch. „Und wenn, würde sie es nicht wollen.“
„Warum nicht? Sie sind ziemlich attraktiv, meist auch wohlerzogen und baden öfter als jeder andere Mann, den ich kenne.“
„Danke“, versetzte Christian trocken. „Leider halte ich ihren Großvater aber auch für einen Lügner und Mörder.“ „Und sie weiß das?“
„Sie weiß es. Ich habe ihr alles erzählt und sie gebeten, mir bei der Suche nach Beweisen zu helfen.“
„Was hat sie gesagt?“
„Sie hat sich bereit erklärt, obwohl ihr Ziel natürlich war, die Unschuld ihres Großvaters zu beweisen. Trotzdem ... ich habe endlich Zutritt zu Massingale House gefunden, und nun würde ich das am liebsten rückgängig machen.“
Reeves schürzte die Lippen. „Eine sehr komplizierte Situation.“
Christian lachte freudlos. „Beth liebt ihren Großvater von Herzen, ich sehe es ihr an, wenn sie von ihm spricht.“ Er blickte auf seine Hand, die auf seinem Knie lag, zur Faust geballt. „Mit einem Mann, der so über ihren Großvater denkt, wird sie keine Verbindung eingehen wollen.“
Reeves hielt inne; seine blauen Augen blickten aufmerksam. „Das macht Ihnen Sorgen.“
Christian zögerte nicht. „Ja. Ja, das tut es, obwohl ich nicht weiß warum.“
Ein merkwürdiges Gefühl von Einsamkeit überkam ihn, lastete schwer auf seinen Schultern. Er wünschte sich, dass seine Mutter noch am Leben wäre, irgendwie glaubte er, dass sie Beth gemocht hätte. Stirnrunzelnd spürte er seinen Gedanken nach. Lieber Himmel, er wurde allmählich sentimental! „Genug davon.“
Er stand auf und begann auf und ab zu gehen. Himmel, was für ein Durcheinander. Was für ein
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