Vision - das Zeichen der Liebenden
können wir in Erfahrung bringen. Ich bin sicher, wenn wir alles wissen, willst du dasselbe wie wir. Rache.«
»Was genau verstehst du eigentlich unter Rache? Die Mörder der Polizei auszuliefern?«
Zum ersten Mal schien David keine Antwort zu wissen.
»Tja, vielleicht… Warum nicht?«, stammelte er. »Es kann aber auch sein, dass die Polizei in diesem Fall nichts ausrichten kann. Unsere Feinde sind keine gewöhnlichen Menschen.«
Obwohl die Situation so ernst war, musste Alex sich ein Grinsen verkneifen. Jetzt fing er schon wieder mit seinem mysteriösen Getue an! Keine gewöhnlichen Menschen .
»Ach… Was sind sie dann? Superschurken? Die dunkle Seite der Macht oder so was?«
Zwischen Davids Augenbrauen entstand eine kleine Falte.
»Darüber solltest du besser keine Witze machen. Du hast doch gesagt, das Tattoo hat deine Sinne geschärft. Warum probierst du das nicht mal an deiner Umgebung aus? Glaubst du wirklich, das hier ist eine ganz normale Stadt? Die Antigua Colonia oder der San-Antonio-Park – merkst du nicht, dass sie zwei Seiten haben?«
Alex schwieg. David hatte recht und man brauchte kein magisches Tattoo, um es zu merken: Diese Orte hatten etwas zutiefst Rätselhaftes. Und dann war da Jana. Jana mit ihrer düsteren, geheimnisvollen Art. Das hatte er sehr wohl gespürt. Und es tat ihm weh.
»Warum hast du nicht einfach auf Jana gehört?«, fragte er müde. »Ich hätte euch auch so geholfen. Ich mag sie wirklich, David. Was du mir angetan hast, ist furchtbar.«
David stand immer noch vor ihm. Seine Augen funkelten halb spöttisch, halb schuldbewusst.
»Tja, mag sein. Jetzt ist es zu spät. Aber glaub mir, Alex, es ist besser so… Irgendwann hätte es dich abgelenkt. Und es ist besser, wenn du in Zukunft konzentriert bleibst.«
Irgendwo hörten sie Kindergeschrei und einen Ball, der auf den Boden prallte. Allmählich füllte sich der Park.
»Und du glaubst wirklich, jetzt könnte ich mich besser konzentrieren? Es vergeht keine Minute, in der ich nicht an sie denke. Es ist noch schlimmer als vorher! Kannst du es wirklich nicht rückgängig machen?«
»Vielleicht doch«, erwiderte David vorsichtig. »Wenn du uns hilfst… Dann werden wir sehen, was wir für dich tun können.«
Erpressung. Nicht zu fassen. David wollte ihn erpressen!
Besonders geschickt stellte er sich allerdings nicht an.
»Ich kann dir nur vertrauen, wenn du mit offenen Karten spielst, David«, sagte Alex bestimmt. »Dass du mich von Jana fernhalten willst, damit ich mich auf deine ›Pläne‹ konzentriere, glaube ich dir nicht. Dahinter steckt noch irgendetwas anderes.«
David drehte sich um, wortlos ging er weiter. Alex folgte ihm. Janas Bruder mied konsequent seinen Blick. Er wirkte gereizt, verärgert.
»Denk doch, was du willst. Es gibt Dinge, die ich dir noch nicht erklären kann. Wir dürfen nichts überstürzen. Aber eins kann ich dir sagen und das solltest du mir wirklich glauben: Ich liebe meine Schwester, Alex. Sie ist das Einzige, was ich noch habe, und ich werde nicht zulassen, dass etwas oder jemand ihr zu nah kommt.«
Bei diesen Worten kroch Alex ein Schauder über den Rücken.
»Denkst du, ich würde ihr wehtun?«, fragte er gekränkt.
»Nicht absichtlich. Aber du kannst ihr gefährlich werden, ohne es zu wollen. Tut mir leid, Alex, mehr kann ich dir im Moment nicht sagen. Du musst mir einfach vertrauen. Auch wenn ich wohl nicht gerade viel getan habe, um dein Vertrauen zu gewinnen.«
Zum ersten Mal spürte Alex hinter Davids spöttischer Fassade echte Gefühle.
»Du glaubst also, Jana ist in Gefahr?« Er suchte Davids Blick.
David nickte langsam.
»Ja«, sagte er. »Und vielleicht ist ihr das nicht einmal klar.«
Ein paar Sekunden verstrichen, in denen sie sich stumm ansahen.
»Und warum hast du das nicht gleich gesagt?«
»Heißt das, du hilfst uns?«
Diesmal brauchte Alex nicht über die Antwort nachzudenken.
»Ja«, sagte er entschlossen. »Natürlich helfe ich euch.«
Kapitel 8
Am Montag wurde in Los Olmos offiziell das neue Schuljahr eingeläutet. Als Erstes gab es eine Zeremonie, die ebenso feierlich und altehrwürdig war wie die Schule selbst. Um zehn Uhr sollten dann die neuen Lehrer vorgestellt und die Klassenzimmer zugeteilt werden und anschließend würde der Unterricht beginnen. So war es jedes Jahr. In Los Olmos verschwendete man keine Zeit. Vom ersten Tag an wurden Höchstleistungen verlangt, Faulenzerei duldete man nicht.
Anders als die meisten seiner Mitschüler liebte
Weitere Kostenlose Bücher