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Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund

Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund

Titel: Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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abhauen. «
    Rob stand auf und klopfte sich den Sand von den Händen. »Das sehe ich auch so.«
    Das war allerdings nicht so einfach, denn das Auto suchte sich ausgerechnet diesen Morgen aus, um aufzumucken. Rob und Lewis fummelten am Motor herum, fanden aber keinen Defekt. Am Ende sprang er doch an.
    »Ich fahre noch eine Weile«, sagte Anna. Sie hatte auf dem Fahrersitz gesessen und auf Robs Kommando hin versucht, den Motor anzulassen. »Sag mir einfach, wo es hingeht.«

    »Bleib auf der 101, dann sind wir bald im Bundesstaat Washington«, wies Lewis sie an. »Aber ich würde sagen, wir halten vorher noch und frühstücken. «
    Kaitlyn tat es nicht leid, sich von der schwarzen Basaltküste Oregons zu verabschieden. Gabriel war den ganzen Morgen gereizt und schweigsam gewesen. Sie fragte sich schon, ob es ein Fehler gewesen war, ihm in der Nacht zuvor geholfen zu haben. Sie würde irgendwann unter vier Augen mit ihm darüber reden müssen. Allein die Vorstellung verursachte ihr Schmetterlinge im Bauch.
    Hoffentlich finden wir bald das weiße Haus, dachte sie. Sogleich wurde ihr klar, dass Gabriel recht gehabt hatte. Sie erwarteten wirklich eine ganze Menge von den Leuten in dem Haus. Was, wenn sie die Probleme nicht lösen konnten?
    Kait schüttelte den Kopf und sah dann wieder hinaus in den trüben Tag.
    Sie kamen an Wäldern vorbei. Die Bäume, die aus der Ferne aussahen wie große rosa Wolken, waren, wie Anna erklärte, Erlen. Sie waren fast kahl, doch ein paar Blätter vom letzten Herbst hingen noch an den Ästen und verliehen den Bäumen einen rötlichen Schimmer.
    Am Straßenrand standen kleine Kioske, an denen Narzissensträuße verkauft wurden, gelbe Vorboten des Frühlings. Auf den Schildern stand $ 1,00 pro Strauß,
doch es war niemand da, der das Geld hätte kassieren können. Ein Selbstbedienungssystem, dachte Kaitlyn. Sie sehnte sich nach dem satten Gelb der Osterglocken, wusste aber, dass sie dafür kein Geld übrighatten.
    Macht nichts, dachte sie. Ich werde stattdessen malen. Sie nahm ihre Sachen heraus und wählte ein leuchtendes Gelb, eine ihrer Lieblingsfarben. Innerhalb weniger Minuten war sie in die Malerei vertieft und blickte nur hin und wieder auf, während sie die hohe Brücke über den Columbia River überquerten. Auf einem Schild stand:
    WILLKOMMEN IN WASHINGTON DER IMMERGRÜNE STAAT
    »Du bist zu Hause, Anna«, sagte Rob.
    »Noch nicht ganz. Es ist noch ziemlich weit bis zum Puget Sound«, erwiderte Anna, doch Kaitlyn hörte ihrer Stimme an, dass sie lächelte.
    »Vielleicht kommen wir da auch gar nicht hin«, warf Lewis ein. »Vielleicht finden wir das weiße Haus vorher. «
    »Also, hier ist es nicht«, sagte Gabriel kurz angebunden. »Seht euch mal das Wasser an.«
    Links der Straße war die Küste mit großen braunen Felsbrocken und Geröll gesäumt. Nichts sah auch nur entfernt aus wie die grauen Felsen aus dem Traum.

    Kaitlyn wollte schon etwas sagen, da verkrampfte sich ihre Hand und begann zu jucken.
    Ehe sie wusste, was sie tat, hatte sie schon eine Ölkreide in der Hand. Es war klar, was das zu bedeuten hatte: Ihre Gabe wurde aktiv. Egal, was sie jetzt zeichnete: Es war nicht nur ein Bild, sondern eine Vorahnung.
    Ein kaltes Grau und gebrannte Umbra, Stahlgrau und ein kühles Blau. Kaitlyn beobachtete, wie ihre Hand die Farben tupfte und strich, ohne dass sie eine Vorstellung davon hatte, was für ein Bild da entstand. Sie wusste nur, dass noch ein Hauch von Sepia fehlte und zwei scharlachrote Kreise in der Mitte.
    Als das Bild fertig war, starrte sie es ungläubig an. Zwischen den Schulterblättern kroch ihr ein unangenehmes Gefühl den Rücken hoch.
    Eine Ziege, ausgerechnet eine Ziege. Sie stand in etwas, das aussah wie ein silbergrauer Fluss, eingehüllt von einem unwirklich anmutenden Nebel. Aber das machte Kaitlyn keine Angst. Angst machten ihr die Augen.
    Die Augen der Ziege waren die einzigen Farbpunkte in dem Gemälde. Sie hatten den Ton glühender Kohlen und schienen Kaitlyn direkt anzustieren.
    Robs sanfte Stimme ließ sie aufschrecken. »Was ist, Kaitlyn? Und sag nicht wieder ›nichts‹ – ich weiß doch, dass was nicht stimmt.«

    Stumm hielt ihm Kait das Bild hin. Er betrachtete es, die Augenbrauen zusammengezogen. Seine Lippen bildeten einen schmalen Strich.
    »Hast du eine Ahnung, was das zu bedeuten hat?«
    Kaitlyn klopfte sich die Kreide von den Fingern. Sie schüttelte den Kopf. »Aber das weiß ich ja nie. Ich verstehe es immer erst, wenn es passiert.

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