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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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anfingen. Trotz der neu geschlossenen Freundschaft wollte er sich vor diesem Mann lieber nicht die Tränen aus den Augen wischen müssen. ›… erfahrener Mann, der seinen Job versteht …‹ Mein Gott! Nun ja, Komplimente waren mal was anderes, auch wenn er sie nicht für bare Münze nehmen konnte. Dennoch machten sie das Leben einfacher.
    »Wenn Silvana ›er‹ gesagt hat, dann hat sie auf jeden Fall nicht die Nachbarin gemeint, die im Garten Blumen gegossen hat. Dann muss sie einen Mann vor Augen gehabt haben. Keine Ahnung, ob ich mich klar ausdrücke …«
    »Glasklar. Ich stimme Ihnen voll und ganz zu.«
    Das hätte den Maresciallo fast dazu verführt weiterzusprechen. Aber die anderen Bilder vor seinem geistigen Auge waren viel undeutlicher. Die schlanke Figur mit dem langen, dunklen Haar, die kräftigen Beine in dem Metallsarg … nun ja, verheiratet oder nicht, wer brachte seinen Freund schon nach Haus, wenn dort eine so blendend aussehende Schwester wartete? Die Erstgeborenen waren immer eifersüchtig – nun ja, Giovanni nicht, der betete Totò geradezu an. Vielleicht war ja schon mal was in der Art vorgefallen, vielleicht mit dem Vater des Kindes. Silvana war fünfundzwanzig und Single. Ja, ja, Frauen hatten heutzutage einen Beruf, eine Karriere und heirateten nicht mehr so jung wie früher. Schöne Karriere, den kleinen Neffen in der Gegend herumzukutschieren und halbtags im Büro des Vaters auszuhelfen. Sie ist krank gewesen, ja … so viele Frauen wurden von ihren Familien bis zur Selbstaufgabe in die Pflicht genommen. Nunziata wäre es ähnlich ergangen, und es war nur Teresa zu verdanken, dass sich seine Schwester ein Stückchen Freiheit hatte bewahren können, nachdem ihre Mutter …
    Die Miene der Mutter … hatte sie es überhaupt begriffen? Lag es nur an den Schlaftabletten?
    »Hm.« Guarnaccia starrte die Fotos auf dem Schreibtisch an.
    »Sechs Kugeln in den Bauch«, der Staatsanwalt folgte seinem Blick. »Eine in den Hinterkopf, eine fehlt.«
    »Eine Kugel fehlt?«
    »Acht Patronenhülsen … leider schlechte Nachricht von den Ballistikern. Ich habe den Bericht noch nicht hier, aber sie haben mir schon vorab mitgeteilt, dass es eine Beretta 22 LR war und Winchester-Patronen.«
    »Mist …«
    »Richtig, die meistgekaufte Pistole im ganzen Land, hat jeder Hobbyschütze daheim im Schrank. Das ist jetzt zwar nicht das Ende der Welt, aber damit werden wir kaum weiterkommen. Komisch, dass alle glauben, Ballistiker könnten mit Hilfe der Patronenhülsen eindeutig die Waffe identifizieren. Nun ja, wir beide wissen, dass das mit der Realität nichts zu tun hat. Wenn die Waffe nicht zufällig irgendeinen Fehler hat, der auf der Patronenhülse eine klare Markierung hinterlässt, ist der Abgleich der Hülsen schwieriger, als eineiige Zwillinge auseinanderzuhalten.«
    »Ja …«
    ›Wir beide wissen‹, eine neu begründete Freundschaft … Wie lange die wohl hielt …
    »Wir müssen diesen Mann finden, unbedingt. Reden Sie noch mal mit der Schwester, sie soll genauere Angaben machen.«
    »Ich treffe sie morgen. Mit dem Vater muss ich auch noch sprechen, sobald er nach Hause kommt. Nicht, dass er eine Aussage zur Tat machen kann, aber vielleicht kann er uns helfen, was die Männerbekanntschaften seiner Tochter betrifft, Sie wissen schon … Hat die Mutter irgendwas dazu gesagt, als Sie heute Morgen dort waren?«
    »Nein, sie weiß von nichts. Sie hat gemeint, dass sie mit ihrer Tochter keine sonderlich enge Beziehung verband, und konnte uns darum keine Namen nennen. Über den gestrigen Morgen habe ich auch nichts aus ihr herausbekommen können. Offensichtlich nimmt sie Schlaftabletten und trägt Ohrstöpsel.«
    »Genau das hat die Tochter mir auch erzählt. Sie ist ziemlich verzweifelt und gesundheitlich nicht wirklich auf der Höhe … Komisch, dass die beiden sich so gar nicht nahestanden … sie sehen sich ähnlich …«
    Eine Rubensfigur mit sechs Löchern im Bauch, vier an der fast gleichen Stelle … Die Öffnung … ordentlich gesäubert für die Fotos …
    »Hübsch … ich denke mal, die Schwester kommt mehr auf den Vater raus, dunkelhaarig und so …«
    »Ja, er ist ein dunkler Typ, aber nicht wirklich schlank. Hat mit den Jahren ganz schön zugelegt … aber wer hat das nicht? Jetzt wird er wohl mehr auf sein Gewicht achten müssen. Sauberer Schuss. Kurze Distanz, klar, aber abgesehen vom letzten Schuss keinerlei Schmauchspuren. Ich mache Druck, dass wir den Autopsiebericht bis morgen früh auf

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