Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
Vom Netzwerk:
nicht, dass die Stimmung weiter hochkocht, wir müssen die Presse im Auge behalten.«
    »Verstanden. Haben Sie schon gehört, dass noch ein Kind gestorben ist?«
    »Nein. Wie ist das passiert?«
    »Sie haben es gerade in den Nachrichten gebracht. Der kleine Bruder des Mädchens, das im Feuer umgekommen ist. Er hatte schlimme Verbrennungen und ist vor einer Stunde gestorben. Armer Kerl. Hoffen wir bloß, dass das all jenen, die gegen die Zigeuner hetzen, das Maul stopft.«
    Der Maresciallo bezweifelte das. Die würden sich eher freuen, dass es nun zwei Zigeuner weniger auf dieser Welt gab. Er setzte sich hinter den Schreibtisch und seufzte tief. Ein heikles Problem, bei dem die Emotionen hochkochten und sich niemand mehr wirklich für Fakten interessierte. Jedes kleine Vorkommnis war willkommener Anlass, all den Ärger wiederaufflammen zu lassen, und mit dieser Brandstiftung war das Ganze zu einem brisanten Politikum mutiert.
    Als Kind hatte er die Warnungen seiner Eltern, er müsse sich vor den Zigeunern in Acht nehmen, nie so ganz für bare Münze genommen. Dennoch hatte er in mancher dunklen, einsamen Nacht in seinem Bett vor Angst das Zittern bekommen. Warum sollten sie Kinder stehlen? Das war doch nur so ein Schauermärchen, damit er draußen nicht herumstromerte und pünktlich bei Einbruch der Dunkelheit nach Hause zurückkehrte. Nun ja, Zigeuner stahlen tatsächlich Kinder, zwar nicht unbedingt in Italien, aber sie taten es und brachten ihnen Betteln und Stehlen bei und wie man seinem Opfer ein Messer ins Bein rammte, wenn es nicht schnell genug klein beigab …
    Guarnaccia holte sein Notizbuch aus der Tasche. Wo er schon bei heiklen Problemen war …
    Costanza Donati – eine Frau, die das Herz auf dem rechten Fleck trug; wer die zur Nachbarin hatte, konnte von Glück sagen – hatte ihm nicht wirklich weiterhelfen können, was Daniela Paolettis Tod oder deren Leben betraf. Aber dafür hatte sie ihm bei der Lösung eines anderen Problems geholfen. Ihr Mann war Arzt, Facharzt, und sie hatte versprochen, ihn zu fragen, ob Nunziata ihre Therapie in Florenz machen konnte, wenn sie wirklich eine brauchte.
    »Das ist zwar nicht sein Spezialgebiet, aber machen Sie sich keine Sorgen. Sagen Sie einfach Bescheid, wenn es so weit ist, dann kümmert er sich um alles.«
    »Dafür wäre ich Ihnen wirklich sehr dankbar. Ich habe gehört, dass diese Therapien oft sehr schlecht verträglich sind. Sie soll das nicht allein durchstehen müssen, wenn sie hier bei uns sein kann. Ich bin Ihnen für Ihre Unterstützung wirklich sehr dankbar.«
    »Ach wo, das ist doch nicht der Rede wert. Ich habe nicht vergessen, was Sie für uns getan haben.«
    »Wie geht’s denn Ihrem Sohn?«
    Sie waren noch ein Weilchen auf der Bank sitzen geblieben, um im Schatten ein wenig weiterzuschwatzen. Der Garten der Donatis lag etwa vier Meter über der Straße und bot eine ziemlich gute Aussicht auf die beiden obersten Turmgeschosse.
    »Ist aber wohl doch zu weit weg, als dass Sie irgendetwas gehört haben könnten, oder?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht hätte ich etwas hören können, wenn dieser grässliche Bagger nicht die ganze Zeit so gelärmt hätte. Ich weiß wirklich nicht, was die dort drüben vorhaben, aber ich wette, dass sie es schaffen, dieses herrliche Anwesen total zu verschandeln.«
    Wie gesagt, eine Frau mit dem Herzen auf dem rechten Fleck.
    »Um ehrlich zu sein, Maresciallo, ich hab keine Ahnung, ob ich kapiert hätte, dass da jemand schießt. So was kenne ich nur vom Fernsehen oder aus dem Kino. Ich mag gute Krimis, wenn sie nicht zu brutal sind. Wären die Schüsse denn sehr laut gewesen?«
    »Nein, nein, nicht so wie im Fernsehen. Aber ehrlich gesagt, uns interessiert gar nicht so sehr, wann genau die Schüsse gefallen sind. Wir würden viel lieber wissen, ob Sie jemanden gesehen haben, aber Sie haben ja schon gesagt, dass Ihnen niemand aufgefallen ist. Haben Sie an dem Morgen vielleicht schon länger hier draußen gearbeitet? Bestimmt hat der Carabiniere Sie das auch schon gefragt, der gestern hier war, oder?«
    »Ja, das hat er, und ich hab ihm gesagt, dass ich bis etwa neun Uhr hier zu tun hatte. Es ist schon ein ordentliches Stück Arbeit, das Gießen und Ausputzen. Eigentlich ist das die Aufgabe meines Mannes. Er ist der Gärtner von uns beiden. Aber an dem Morgen hatte er einen Notfall und musste früher los als sonst. Ich hab die junge Frau aus der Stadt zurückkommen sehen, und kurz darauf kam sie schreiend nach draußen

Weitere Kostenlose Bücher