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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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wenn Sie wollen.«
    »Danke, ja. Ich frage mich nur, was aus ihr geworden ist …«
    »Das kann ich Ihnen sagen. – Noch einen Schluck Wein?«
    »Ja, danke. Das ist ein sehr guter Tropfen, den Sie da ausgesucht haben.«
    »Sie wollen doch keinen billigen Fusel, oder? Das ist schlecht für die Leber. Tut mir leid, dass ich gerade pleite bin, aber nächstes Mal geht die Runde auf mich. – Die Prinzessin hat ihr Märchenschloss bekommen, Sie haben sie dort ja schon getroffen. Was halten Sie von ihr?«
    Der Maresciallo war so verblüfft, dass er im ersten Augenblick dachte, die junge Prostituierte, die blutend im Park gefunden worden war, sei identisch mit dem Opfer aus dem Turm. Aber nein, natürlich war es die Mutter, die verschreckte, stille Mutter mit den glasigen Augen. Die Geschichte von dem Priester machte Nestis Geschichte absolut glaubwürdig.
    › Sonntags morgens gehen sie alle zusammen in die Kirche. ‹

4
    Nach dem ausgezeichneten Schlemmermahl, bei dem sich keiner der beiden Zurückhaltung auferlegt hatte, tat ihnen der Spaziergang am Fluss entlang zurück nur gut. Sie gingen über den Ponte Vecchio, der zwar dunkel vor ihnen lag, weil die kleinen Geschäfte inzwischen die Gitter heruntergelassen und die Läden geschlossen hatten, der aber dennoch deutlich belebt war, mit Liebespärchen, die sich an der Balustrade auf der Brückenmitte küssten, und zahlreichen nach Parfüm duftenden Urlaubern, die nach dem Abendessen dort flanierten. Auf der anderen Seite des Flusses nahm sie nächtliche Stille in Empfang, abgesehen von den eigenen Schritten war in der schwülen Nacht kein Laut mehr zu hören.
    »Fast so gut, als wäre ich kuren gewesen«, grinste Nesti und tätschelte liebevoll seinen Bauch. »Der hier freut sich, dass er heute mal so richtig verwöhnt worden ist.«
    »Wie? Sie haben doch keine Trinkkur gemacht? Haben Sie mich auf den Arm genommen heute Mittag?«
    »Nicht wirklich. Ich bin zwar tatsächlich dorthin gefahren, aber von dem widerlichen Zeugs hab ich natürlich nichts getrunken.«
    Der Maresciallo blickte Nesti prüfend von der Seite an, aber es war nicht hell genug, um die Gesichtszüge des Journalisten zu deuten. Wie immer hatte er eine brennende Zigarette im Mundwinkel hängen und die Augen wegen des aufsteigenden Qualms fest zusammengekniffen.
    »Diese Kurhäuser sind einfach grässlich. Jetzt ist natürlich längst nicht mehr so viel los wie früher, als man auf Kosten des staatlichen Gesundheitswesens einen ausgedehnten Erholungsurlaub mit guten Speiselokalen, Spielkasinos und Nachtclubs buchen konnte. Na ja, Sie und Ihre Jungs bekommen so was noch immer auf Rezept, oder? Haben Sie es schon mal versucht?«
    »Nein.«
    »Keine Probleme mit der Leber?«
    »Hin und wieder schon, aber meine Frau würde ohne die Kinder nicht mitkommen, und Sie werden es nicht erleben, dass ich allein im Kurpark spazieren gehe.«
    »Sie würden nicht lange allein bleiben, wenn mein Eindruck bei meiner Stippvisite mich nicht völlig täuschte. Wie ich schon sagte, Paoletti hat es zu ganz schön was gebracht. Ist jetzt Besitzer eines extravaganten Nachtclubs, bedient die Reichen und Berühmten, die ihre Frauen daheim versauern lassen, während sie beim Kuren ihren Leidenschaften frönen.«
    Die mächtige Steinfassade des Palazzo Pitti schimmerte im Licht der Laternen gelblich. Sie blieben unten am Fuß der Auffahrt stehen, um ihr Gespräch in Ruhe zu Ende zu führen, senkten aber die Stimmen, um die Stille der Nacht nicht ungebührlich zu stören.
    »Emperor, so heißt der Club. Hab ich Ihnen nicht gesagt, dass ich eine nützliche Informationsquelle bin?«
    »Schön, jetzt weiß ich wenigstens, wo das Geld herkommt, die Geschichte mit der Stellenvermittlung, die seine Tochter mir aufgetischt hat, fand ich nicht sonderlich überzeugend.«
    »Von Amts wegen reicht’s. Er benutzt das Geschäft als Tarnung. Alles absolut legal – nur, dass er mehr Leute ins Land schafft, als in den Akten in seinem Büro gelistet sind, wenn Sie verstehen, was ich meine, und dabei handelt es sich weder um Köche noch um Putzfrauen.«
    »Prostituierte?«
    »Aus Osteuropa. Einmal Zuhälter, immer Zuhälter. Die Stellenvermittlung ist keine schlechte Tarnung; ein paar Mädchen verschafft er wirklich Jobs, das spricht sich rum, und schon wirkt alles verdammt reell. Ich schätze, dass noch mehr dahintersteckt, und gehe auf jeden Fall noch mal hin. Da ist eine Story drin, und zwar eine fette, die es aufs Titelblatt schaffen

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