Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
Vom Netzwerk:
sich zurückzog, fiel dem Maresciallo wieder ein, dass er vergessen hatte, die Bank wegen des Kredits anzurufen. Gut, dass Teresa nicht danach gefragt hatte. Morgen! Aber morgen war Samstag, da hatten die Banken geschlossen. Verdammt! Er beschloss, die Tagesbefehle zu schreiben, und schaltete das ›Ding‹ ein. Wenigstens konnte er seine schlechte Laune jetzt daran auslassen.
     
    Die Piazza della Repubblica wirkte dunkel und verlassen, obwohl ein paar Kneipen und ein Restaurant für die Touristen geöffnet hatten. Die Zeitungsverkäufer im Bogengang vor dem Hauptpostamt waren verschwunden, und auch die meisten anderen Geschäfte hatten die Scherengitter schon zugezogen. Paszkowskis Außentische wurden von Blumentopfhecken abgegrenzt, die mit bunten Lichterketten geschmückt waren. Eigentlich sollten die fröhlich wirken, aber irgendwie machten sie einen traurigen Eindruck. Ein paar Musiker spulten müde einen Song ab.
    »Mein Gott, ist das heute wieder schwül!«, grüßte Nesti. »Wollen Sie wirklich hier draußen sitzen und den letzten Tropfen Flüssigkeit ausschwitzen, oder gehen wir lieber rein und genießen die Annehmlichkeiten einer Klimaanlage?«
    Ein Kellner in cremefarbenem Jackett und goldfarbener Krawatte ging an ihnen vorbei und balancierte ein mit hohen Gläsern beladenes Tablett in der Luft, grellbunte Drinks mit Fähnchen und Früchten auf Holzstäbchen.
    Einer der Männer hinter der Bar grüßte Nesti.
    »Einen ruhigen Tisch, wir wollen uns unterhalten.«
    »Mario, einen Tisch bitte.«
    Sie wurden in eine ruhige Ecke geführt, wo nur noch ein Ehepaar saß, das bereits speiste. Der Mann hielt einen großen, weißen Hund an der Leine, der neugierig den langgestreckten Kopf hob, eine Reihe strahlend weißer Zähne und eine rosafarbene Zunge entblößte und den Kopf dann wieder gelangweilt auf den Boden sinken ließ.
    »Was darf ich Ihnen bringen?«
    »Zwei Aperitifs und die Speisekarte … und ein Päckchen Zigaretten, bitte.«
    Die beiden Männer bestellten Pasta. »Hmm, die ist wirklich köstlich«, lobte der Maresciallo nach dem ersten Bissen.
    »Hier schmeckt es immer gut, aber das überrascht Sie doch nicht wirklich, oder? Sagen Sie bloß nicht, Sie haben noch nie hier gegessen.«
    »Nein, natürlich nicht, warum sollte ich?«
    Nesti zuckte mit den Schultern. Er hatte seine Gabel hingelegt, um sich eine Zigarette anzuzünden. »Wenn man spätabends gut essen will und außerdem noch Zigaretten braucht, ist dies hier das einzige Lokal weit und breit, das in Frage kommt.«
    »Darf man hier denn rauchen?«
    »Nein. – Aber jetzt zu diesem Paoletti.«
    »Ich hab ihn überprüfen lassen. Er hat keine Akte, keine Vermerke, nichts.«
    »Möglich, aber da gibt es ein paar dunkle Punkte in seiner Vergangenheit.«
    »Was hat er gemacht?«
    »Zuhälterei.«
    »Zuhälterei?«
    Nesti drückte die halbgerauchte Zigarette aus, nahm die Gabel wieder in die Hand und schien vollkommen ernst. »Unten im Cascine-Park. Sie haben ihn festgenommen, weil er eine Prostituierte halb totgeschlagen hat. Keine Ahnung, warum. Hat wahrscheinlich versucht, ihn übers Ohr zu hauen – oder abzuhauen. Sie war noch sehr jung.«
    »Aber offensichtlich ist er nicht verurteilt worden.«
    »Richtig. Genau darum ist die Geschichte ja so interessant. Ein paar Freier, die durch den Park gefahren sind, haben die junge Frau blutüberströmt mitten auf der Straße gefunden. Eine der Prostituierten hat ausgesagt, Paoletti sei der Zuhälter der Kleinen. Aber es gab keine Beweise, das Opfer konnte nicht gegen ihn aussagen, und so ist er noch mal davongekommen.«
    »Ist sie etwa gestorben? Oder war sie zu verängstigt?«
    »Weder noch. Sie durfte nicht gegen ihn aussagen, weil sie inzwischen seine Frau geworden war. Es hat eine Weile gedauert, bis man ihn gefunden hatte, und als es endlich so weit war, da hat er sie kurzerhand geheiratet und den Priester auch noch davon überzeugt, er rette ein gefallenes Mädchen. Einzig und allein sich hat er gerettet, der wäre ganz schön lange eingefahren … Zuhälterei, schwere Körperverletzung. Kaum, dass sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hat er sie geschnappt, und als sie ihn schließlich festnehmen wollten, war er mit ihr verheiratet. Wäre sie keine Prostituierte gewesen, hätte man sie als Zeugin vielleicht unter Schutz gestellt, aber so … und den Priester hat er doch tatsächlich dazu überredet, als Leumund für ihn auszusagen. Ich kann Ihnen morgen Kopien der Zeitungsartikel schicken,

Weitere Kostenlose Bücher