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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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Auch er konnte sich nicht so recht entscheiden, ob er nun lachen oder weinen sollte, wenn eine Welle ihn erfasste. Die Zeit, die er mit ihm hatte verbringen können, bevor er fort in den Norden musste, war viel zu kurz gewesen, und die mit Totò noch viel kürzer. Diese Jahre waren unwiederbringlich verloren. – Ein schlankes, blondes Mädchen brachte ein Tablett mit Broten und Getränken zu dem Tisch unter dem Sonnenschirm. Sollte er in diese friedliche Szene hineinplatzen, er, ein uniformierte Fremder, der über die Beerdigung reden wollte? So dringend war das nun auch wieder nicht, zumal sowieso nichts entschieden werden würde, bevor Paoletti aus dem Krankenhaus zurückkehrte. Er musste ohnehin wiederkommen, um mit der Mutter zu reden. Guarnaccia zog sich zurück.
     
    »Lorenzini! Gott sei Dank!«
    Erstaunt wich Lorenzini zurück.
    »Schön, dass Sie mich vermisst haben …«
    Lorenzini, der Stellvertreter des Maresciallo, war ein waschechter Toskaner und hatte recht wenig Geduld mit der sizilianischen Art des Maresciallo. Seiner Meinung nach stiftete sie nur heillose Verwirrung, kostete jede Menge Zeit und war, alles in allem, ein lästiges Übel. Nur selten waren die beiden einer Meinung, aber sie waren daran gewöhnt und machten nicht viel Aufhebens davon.
    »Ich habe in den Fernsehnachrichten die Pressekonferenz über die Zigeunerkinder gesehen. Maestrangelo hat ein Gesicht gemacht wie sieben Tage Regenwetter, wohl, weil sie diese Sache jetzt zu einem brisanten Politikum aufgebauscht haben, richtig?«
    »Hmpf.«
    »Sie gucken aber auch nicht gerade quietschvergnügt aus der Wäsche. Ist Teresa noch immer nicht zurück?«
    »Nein.«
    »Ich weiß genau, was Sie durchmachen. Meine Frau bleibt auch für den Rest des Monats in Castiglioncello, ist natürlich besser für die Kleinen, aber …«
    »O ja …«
    »Darum bin ich heute schon hier, obwohl ich eigentlich erst morgen früh den Dienst wieder antreten muss. Dachte, wir könnten heute Abend vielleicht zusammen essen.«
    »Nun ja, ich wollte gerade zu meiner Abendrunde aufbrechen …«
    »Macht nichts. Wir essen eine Kleinigkeit, und dann begleite ich Sie. Immer noch besser, als allein zu Hause vor der Glotze zu hocken, diese ewigen alten Schinken, die sie im August immer bringen … Ich kenn ein hübsches Lokal, wo es ein bisschen kühler ist.«
    Olmo lag so hoch über Florenz, dass es dort um gut vier Grad kühler war. Als sie aus dem Wagen stiegen, entfuhr dem Maresciallo ein Seufzer der Erleichterung.
    »Was für ein Unterschied!«
    »Und dann noch diese unglaubliche Aussicht.«
    Als sie vom Parkplatz zum Restaurant hinübergingen, erhellte ein gewaltiger Blitz die Hügel des gegenüberliegenden Arno-Tals und löschte mit seinem grellen Licht für einen kurzen Augenblick die kleinen Lichterketten, die normalerweise das Abendpanorama beleuchteten.
    »Tolles Gewitter«, stellte Lorenzini fest. »Hoffentlich kommt es bis in die Stadt. Reinigt die Luft. Es ist zwar noch ziemlich weit weg, aber vielleicht setzen wir uns doch besser rein.«
    Sie setzten sich vor eines der großen Panoramafenster, um das aufziehende Gewitter beim Essen zu beobachten.
    »Keine Pasta heute Abend«, entschied Guarnaccia eingedenk Teresas ständiger Ermahnung, er solle es nicht übertreiben.
    »Gute Idee«, stimmte Lorenzini sofort zu. »Ich bestelle einen Teller gemischte Crostini, damit wir was zu beißen haben, während wir warten. Ich hatte gehofft, wir könnten uns vielleicht ein Florentinisches Beefsteak teilen, was meinen Sie? Nur mit grünem Salat und vielleicht ein paar Pommes …«
    Möglicherweise hatte der Maresciallo seinen Stellvertreter ja wirklich vermisst, gegen dessen Vorschlag hatte er auf jeden Fall nichts einzuwenden. Außerdem machte das Essen bei kühleren Temperaturen deutlich mehr Spaß. Als der Kellner ihm ein Glas Rotwein einschenkte, hätte er vor lauter Zufriedenheit schnurren können.
    »Also, was ist mit diesem Mord, von dem ich gehört habe? Was Interessantes?«
    »Kann man wohl sagen, aber es sieht ganz so aus, als ob mehr dahintersteckt, als wir alle zunächst dachten. Schätze mal, dass mir der Fall schon recht bald entzogen wird. Und ganz ehrlich gesagt, ich werde ihm nicht nachtrauern. Haben Sie gehört, welcher Staatsanwalt verantwortlich ist?«
    »Das war das Erste, was mir zu Ohren gekommen ist.«
    »Nun ja, bis jetzt war er ganz okay. Es fällt mir schwer, zu vergessen, wie er sich bei unserem ersten Fall benommen hat … aber das war ja

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