Vita Nuova
noch vor Ihrer Zeit …«
»Das stimmt nicht ganz, das war in meinem ersten Jahr, aber Sie haben den Fall allein bearbeitet.«
»Hmmpf. Ja, ich wollte niemanden in Schwierigkeiten bringen …«
Zusammen mit dem Beefsteak machten sie noch ein paar Staatsanwälte nieder und trösteten sich zum Schluss mit einem Nachtisch darüber hinweg, dass sie noch ein Weilchen als Strohwitwer in der Hitze der Stadt ausharren mussten.
Riesige gegabelte Blitze tauchten die umliegenden Hügel in zuckendes Licht.
»Fantastisch! Haben Sie das gesehen?«
»Was? Nein …« Der Maresciallo tastete nach seiner Brieftasche. Ein ziemlich kostspieliges Restaurant, das Lorenzini da ausgewählt hatte …
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Lorenzini. »Bin gerade erst zurückgekommen. Sie wissen schon. Muss mir morgen dringend etwas Bargeld besorgen. Sollen wir jetzt zu unserer Runde aufbrechen?«
Ihr erster Halt auf dem Weg zurück in die dunkle, schwüle Wärme von Florenz war die Paoletti-Villa, vor der zwei gelangweilte Carabinieri im dunklen Auto saßen. Sie, hatten den Wagen so hinter dem Eingangstor geparkt, dass die Scheinwerfer vorbeifahrender Autos sie nicht erfassten.
Einer der beiden stieg aus und kam zum Tor.
»Alles ruhig?«
»Wie ein Grab. Die beiden Frauen haben gegen neun das Haus verlassen. Seitdem ist nichts mehr passiert.«
»Alle beide? Das ist komisch. Ich dachte, die eine würde die Nacht hier verbringen.«
Der junge Carabiniere zuckte mit den Schultern. »Es waren zwei, haben sich ordentlich herausgeputzt, Titten wie –«
»Mit welchem Auto sind sie gefahren?«
»Mit dem Mini.«
»Und in welche Richtung?«
»Dort hinunter, Richtung Porta Romana.«
Der Maresciallo stieg wieder ins Auto. Entweder hatten sie den Plan kurzfristig geändert, weil das zweite Mädchen woanders gebraucht wurde, oder sie brachte die andere nur zum Club und kehrte dann zurück.
Nach dem kurzen Halt fuhren sie zurück in die Stadt. Die Runde in der abgestandenen, schwülen Nachtluft verlief ruhig und ohne besondere Vorkommnisse. Das Gewitter kam kein bisschen näher. Gegen Viertel nach eins gähnte Lorenzini.
»Das war’s dann wohl für heute. Mein Gott, ich bin diese Hitze ja so leid, hab das Gefühl, als wäre ich überhaupt nicht in Urlaub gewesen. Wie muss es Ihnen da erst gehen!«
»Hmm. Ich bin dankbar, diesen Tag hinter mich gebracht zu haben, ohne dass jemand seinen Mageninhalt auf meine Hosen geleert hat.«
»Wie bitte?«
»Nichts. Machen wir Schluss für heute. Ich erzähl’s Ihnen auf dem Rückweg.«
Der Maresciallo hatte eigentlich erwartet, Nestis Artikel am nächsten Tag in La Nazione zu lesen, aber als er die Zeitung in seinem Büro durchblätterte, während sämtliche Glocken der Stadt den Tag einläuteten, konnte er ihn nicht finden. Die Lokalseite war dem Tod der beiden Zigeunerkinder gewidmet, und auch die Titelseite und die zweite Seite befassten sich mit diesem Thema. Nesti war bestimmt enttäuscht, aber dem Maresciallo tat das überhaupt nicht leid. Der Staatsanwalt, sein neuer Freund, wäre ziemlich sauer gewesen, wenn er von Paolettis Nebengeschäften aus der Presse erfahren hätte. Halten Sie mich auf dem Laufenden, hatte er verlangt. Und wenn an der ganzen Sache gar nichts dran war? Hätte er den Mann wirklich am Samstagabend auf dem Handy anrufen sollen? Paoletti hatte keinen Eintrag im Führungszeugnis, juristisch lag nichts gegen ihn vor, und die Geschichte war verdammt lange her. Guarnaccia war wirklich froh, dass die Zeitung die Story nicht gebracht hatte. Wie die Geier hätten sich sämtliche Journalisten der Stadt auf das Büro des Staatsanwalts gestürzt. Zwecklos, Nesti um diese Uhrzeit ausfindig machen zu wollen, mit ein bisschen Glück würde er ihn am Nachmittag in der Redaktion erreichen. Guarnaccia rief den Staatsanwalt an und erstattete Bericht.
»Ich kontaktiere Nesti heute Nachmittag und sag ihm, dass er Ihnen die Artikel von damals schicken soll. Wie gesagt, Paoletti stand nie vor Gericht, aber er hat ein paar Tage in Untersuchungshaft gesessen, bevor er auf Kaution freigekommen ist. Wie es aussieht, hat er damals einen Exsträfling als Gärtner eingestellt und dann wieder entlassen. Vielleicht hat es Ärger gegeben und …«
»Na schön. Gut gemacht. Wir werden dem nachgehen. Ich rede selbst mit Paoletti und frage ihn nach dem Namen des Mannes.«
»Soll ich mir diesen Club einmal ansehen …?«
»Ich würde meinen, ein Anruf bei der zuständigen Wache macht mehr Sinn.
Weitere Kostenlose Bücher