Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
Vom Netzwerk:
ja. Was wollten Sie mir sagen?«
    »Er hat’s gesehen, ich nicht, als er auf dem Stalldach gearbeitet hat.«
    »Was hat er gesehen?«
    »Das Gleiche wie heute. Lautes Schreien und den Jungen, der im Pool ertrinkt.«
    »Das dunkle Mädchen hat geschrien … sie ist seine Tochter, sie schreit immer. Sie war im Wasser, aber sie hat ihm nicht geholfen, nur geschrien. Die Blonde hat den Kleinen aus dem Wasser gezogen, genauso wie heute.«
    »War Paoletti auch da? Haben Sie ihn gesehen?«
    Cristiano sprach mit dem Bauarbeiter, doch der schüttelte den Kopf.
    »Nein, er sagt, dass sonst niemand da war.«
    »Hat er gesehen, wie das passiert ist, wie der Kleine ins Wasser gefallen ist? Was sagt er?«
    »Er sagt, dass er sonst nicht viel gesehen hat. Seit dem Mord sind wir alle ein bisschen nervös. Er sagt, dass das schon zweimal passiert ist, seit er auf dem Dach arbeitet.«
    »Zweimal ohne heute? Also insgesamt schon dreimal?«
    Der junge Mann mit den ernsten blauen Augen nickte. Er hätte ihnen viel zu erzählen gehabt, wenn er gekonnt hätte.
    »Hoffentlich war’s richtig, Ihnen das alles zu erzählen.«
    »Ja, ja natürlich, machen Sie sich keine Sorgen. Ich hoffe, dass morgen alles vorbei ist. Hat Ihr Boss die Löhne ausbezahlt?«
    »Ja, hat er, das haben wir Ihnen zu verdanken. Sie müssen ihm einen ganz schönen Schrecken eingejagt haben.«
    »Hmmpf. Könnte sein, dass der Auftrag hier ein relativ plötzliches Ende nimmt.«
    Als er zum Dienstwagen zurückkehrte, sah Guarnaccia, dass der Mercedes verschwunden war. Sein Fahrer blickte ihn freudestrahlend an, wirkte geradezu glücklich, dass endlich etwas passiert war. Sollte er ihm deshalb einen Vorwurf machen? Der Mann war jung und strotzte vor Energie, der wollte einfach nur das Gefühl haben, dabei zu sein, etwas tun zu können.
    »Was halten Sie davon, Maresciallo?«
    »Wovon?«
    »Haben Sie nicht gehört, wie Paoletti das blonde Mädchen angeschrien hat? Wie er sie beschuldigt hat? Sie hatte schreckliche Angst und hat zum Schluss nur noch geweint. Sie hat gesagt, dass sie doch nur kurz in den Turm gegangen sei, um sich einzucremen, weil sie sich die Schultern so verbrannt hatte. Krebsrot waren die. Das arme Mädchen, vor lauter Schreck ist sie weiß geworden wie ein Laken. Sie ist Ausländerin, haben Sie sie reden hören?«
    »Sie ist Polin.« Der Maresciallo stieg nicht wieder ins Auto. Er erinnerte sich an den Spott in Signora Paolettis Augen, als er ihr gesagt hatte, dass seine Männer hier draußen Wache hielten. Und doch hatte ihre Miene gerade …
    ›Sie gehen doch nicht weg?‹
    Am liebsten hätte er den kleinen Jungen in seine Obhut genommen, aber solch ein Risiko durfte er jetzt nicht eingehen, erst mussten sie Paoletti hinter Schloss und Riegel haben. Schlimmer aber war, dass er keine Ahnung hatte, aus welcher Richtung die Gefahr eigentlich kam, klar war nur, dass es sie gab und dass Paoletti sie durch seinen Weggang provoziert hatte. Ihm fiel wieder ein, was Signora Paoletti gesagt hatte über das Einsperren und Aussperren von Menschen in diesem Haus. Was von beiden traf auf die vier da draußen zu? Guarnaccia konnte es nicht genau sagen, aber er würde nicht weggehen. Der Telefonanruf von De Vita half auch nicht weiter.
    »Verlassen Sie auf keinen Fall das Grundstück, auch nicht, wenn Paoletti fortmuss.«
    Folglich hatte ihm Paoletti gesagt, dass er in den Club musste und nicht verfolgt werden wollte.
    »Wir werden hierbleiben.«
    Der Maresciallo stieg immer noch nicht ins Auto, sondern kehrte zur Villa zurück, ging hinunter in die Küche. Der kleine Junge saß an dem großen Tisch. Frida gab ihm etwas zu essen. Danuta putzte Salat.
    »Wo ist Silvana?«, erkundigte er sich bei Danuta.
    »Sie zieht sich an, wir müssen heute Abend früher los.«
    Der Maresciallo ging an den Tisch und strich Piero über die blonden Locken.
    »Du musst schwimmen lernen.«
    »Klar. Mit den Beinen kann ich es schon, und jetzt lerne ich es auch noch mit den Armen.«
    »Hast du denn keine Angst bekommen?«
    »Nein!«
    Er war wohl die einzige Person in diesem Haus, die keine Angst hatte, von Paoletti einmal abgesehen. Na klar, der Junge war schließlich der zukünftige Mann im Haus.
    Der Maresciallo ging hinüber zur Tür der Mutter und klopfte. Das schockierte Schweigen in seinem Rücken konnte er deutlich spüren. Er wartete erst gar nicht auf das Herein, sondern betrat sogleich das Zimmer. Sie war aufgestanden, hatte ihn erwartet.
    »Sie wissen, was da draußen passiert

Weitere Kostenlose Bücher