Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vögelfrei

Titel: Vögelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
Vom Netzwerk:
Muschis, Geld - alles meins.
    Ich nahm Malte den Bleistift aus der Hand und zeichnete ein, was ich mir vorstellte. Überwachungskameras,
ein neues Sicherheitssystem für die Tür, Panikknöpfe unter der Bar und an verschiedenen versteckten Stellen in den anderen Zimmern, eine spezielle Beleuchtung im Darkroom, Parkett für den Tanzraum, eine Wohnlandschaft aus Kissen, Schaukeln, Liegewiesen, Gerätschaften und speziellen Vorrichtungen, die ich mir noch genau überlegen wollte, damit man es sich möglichst vielfältig und möglichst bequem besorgen lassen konnte.
    Malte sah auf das vollgekritzelte Blatt. »Das sieht so aus, als seien die Frauen der ganzen Stadt sexuell völlig unterversorgt und würden dir die Bude einrennen.«
    Ich zwinkerte ihm zu. »Glaub mir. Das werden sie.«
    Und sie taten es auch.
     
    Ich hatte mich für ein Engelskostüm entschieden. Lange weiche Flügel aus echten Federn bedeckten meinen Rücken. Über meinem Kopf schwebte, durch einen Draht in der Luft gehalten, ein goldener Heiligenschein, und über meine weißen Dessous hatte ich nur ein durchsichtiges weißes Hemdchen mit Federsaum gezogen. Die Augenmaske würde ich erst anlegen, wenn der erste Gast erschien.
    Gemma half mir bei den letzten Vorbereitungen. Sie war als personifizierter Sündenfall unterwegs. Ihre Haut hatte sie von Kopf bis Fuß mit einem grün-violett-silbrigen Muster besprüht. Sie sah aus wie eine übergroße Boa Constrictor. Ihr einziges Kleidungsstück bestand aus einem selbstklebenden Feigenblatt über der sicher komplett rasierten Möse.
    »Du siehst ganz schön giftig aus«, lachte ich.

    »Ich glaube eher, ich bin eine Würgeschlange. Wenn es mir zu kalt wird, lege ich mich einfach unter diese roten Lampen.«
    Später musste ich an diesen Satz denken, denn die Nacht wurde heißer, als wir uns gedacht und gewünscht hatten.
    Es war alles rechtzeitig fertig geworden. Das Kaminzimmer sah aus wie ein Puff der Jahrhundertwende, das Licht im angrenzenden Tanzraum flackerte bunt, die kleinen Lounges waren mit gemütlichen Sesseln vollgestellt, an den Wänden hingen überall erotische Fotografien von Jan Saudek oder Sylvie Blum, dazu Collagen aus alten Buchillustrationen und Plakate von Pornofilmen wie Sexual Sushi , Blonde Ambition oder Emmanuelle . Im Kühlschrank lagerten Berge von belgischen Pralinen und Sushi. Die Champagnervorräte waren so überbordend, dass mir fast schwindlig wurde.
    Gegen elf klingelten die ersten Gäste.
    Eine Gruppe Frauen, alle als Miss Piggy verkleidet, kam herein und saß eine Weile ziemlich allein und verloren in der Lounge herum. Meine beiden Go-go-Tänzer gaben sich alle Mühe, auf ihren Podesten den Hintern zu schwenken, aber die Atmosphäre blieb steif.
    »Den Nächsten, der hereinkommt, werfe ich gegen die Wand«, flüsterte ich Gemma zu.
    Sie tätschelte meine Schulter: »Bloß nicht. Wenn es ein Frosch ist, sei nett zu ihm, dann haben unsere Piggys wenigstens einen Kermit und können einen Schweine-Gangbang veranstalten.«
    »Immer schön spreizen, die Froschschenkel«, sagte ich.
    Eine Junggesellengruppe traf ein, zwei Pärchen, ein allein reitender Cowboy - und dann riss es nicht mehr ab.
    Burgfräuleins, Krankenschwestern, Kätzchen, gleich drei Janes, die einen einzelnen Tarzan untergehakt hatten, und die gesamte Besatzung von Raumschiff Enterprise in kurzen Kleidchen und engen Hosen. Einige Gäste musste unser Türsteher abweisen, weil sie betrunken oder stoned ankamen oder nicht verstanden hatten, um was für eine Art von Party es sich hier handelte. Ein älteres Paar beratschlagte sich eine Weile im Flur, und schließlich verlangte die Gattin energisch Einlass und zerrte ihren noch unentschlossenen Mann mit sich.
    Ich schlenderte durch die Räume, freute mich, dass die Stimmung gut war, servierte Champagner und Pralinen oder lupfte das Hemd, wenn mir ein Grüppchen zu verkrampft vorkam.
    Als ich hinter der Bar stand und mich um die Getränke kümmerte, schlängelte sich Gemma mit lasziven Bewegungen über die Theke. Ihr Feigenblatt hatte sie inzwischen abgelegt.
    »Es ist schon halb eins«, flüsterte sie, »es muss mal was passieren, sonst kannst du demnächst Kindergeburtstage ausrichten.« Sie drehte sich auf der Theke um und fing an, mit einem langen, schlangenförmigen, surrenden Vibrator zu spielen, den ich erst jetzt bemerkte. Ein paar Gäste wurden aufmerksam und traten näher.
    Ich gab den Go-go-Boys einen Wink, auch einen Zacken zuzulegen. Die Musik wechselte von

Weitere Kostenlose Bücher