Voellig durchgeknallt
die Schule und schreibe Physik. Wie Mum habe ich gestern fast den ganzen Tag im Bett verbracht. Bin nur einmal rüber zum Laden und habe dabei Polizeiautos vor dem Haus der Jubys stehen sehen. Hoffentlich bedeutet das nichts Schlimmes. Habe Lexi eine SMS geschickt, aber keine Antwort bekommen.
Als ich die Arbeit hinter mir habe, geht’s mir mies. Ich glaube nicht, dass ich bestanden habe. Ich war nicht richtig bei der Sache. Jetzt steht mir nur noch eine Arbeit bevor: die zweite Mathearbeit, morgen Nachmittag. Ich bleibe in der Mittagspause in der Schule, um vielleicht mit ein paar Kumpels zu quatschen, stehe dann aber doch allein rum. Niemand ist offen unfreundlich zu mir, aber es kommt mir vor, als ob meine alten Spezis auf Abstand gehen. Connor zum Beispiel. Er nickt mir zu und fragt, ob ich schon mal den Nabel von einer Katze gesehen hätte, aber kaum taucht einer von seinen Schachclubleuten auf, kann er gar nicht schnell genug wegkommen. Dann spielen die anderen Fußball, aber ich mache nicht mit. Es kommt mir nicht richtig vor. Lexi ist nicht in der Schule. Ich bin unterwegs zu Mr Fullers Büro, als mir die hässliche Debs über den Weg läuft.
|251| »Hi, Debs«, sage ich. »Was geht ab?«
Sie läuft einfach weiter und ich trabe hinterher.
»Was soll der Quatsch? Wieso sind heute alle so unfreundlich zu mir? He, sag bloß, du bist nicht mehr in mich verknallt!«
Debs bleibt stehen und fährt herum. Sie ist ziemlich rot geworden und sieht beinah gut aus.
»Mit Psychos red ich nicht«, sagt sie.
»Wie bitte?« Ich halte sie am Arm fest.
»Was ist mit Devil passiert, nachdem du ihn zusammengeschlagen hast?«, fragt sie. Ich lasse ihren Arm los und trete einen Schritt zurück, ganz erschrocken, wie hasserfüllt sie klingt. Dann sehe ich ihr nach, wie sie den Flur langtänzelt, und traue meinen Ohren immer noch nicht.
Woher weiß sie von der Prügelei? Benehmen sich deshalb alle so komisch? Meine Fresse, jetzt kann mich auf einmal niemand mehr leiden. Sogar meine eigene Mutter redet nicht mehr mit mir.
Fuller kommt aus einem Klassenzimmer.
»Du bist spät dran. Wir müssen uns über die nächste Arbeit unterhalten.« Er geht mit mir in sein Büro und meint, ich soll alle Aufgaben mindestens anfangen, mich nicht entmutigen lassen und den Stoff am Wochenende noch mal gründlich wiederholen, und er hätte schon einen Blick in meine erste Arbeit geworfen, und es sähe so aus, als hätte ich es geschafft.
»Hörst du mir überhaupt zu, Chas?«
Ich nicke.
»Dann beherzige meine Ratschläge und sei morgen um |252| zwei Uhr wieder da. Es spricht für dich, dass du zu den anderen Arbeiten erschienen bist und dass du alle Hausarbeiten abgeliefert hast, obwohl manche zugegebenermaßen eher dürftig sind.«
Er redet noch eine Weile weiter, dann darf ich gehen.
»Sieh zu, dass du morgen hier bist«, wiederholt er. »Sonst …«
Als ich das Schulgebäude verlasse, werde ich um ein Haar von einem weißen Lieferwagen umgenietet, weil ich nicht nach rechts und links sehe, als ich über die Straße gehe.
»Bist du blind oder was?«, ruft der Fahrer. Drüben auf dem Bürgersteig würde ich am liebsten in Tränen ausbrechen.
Zu Hause liege ich ewig auf dem Bett, höre Musik und versuche, an nichts zu denken, aber dann fliegt die Tür auf und Oma steht da. Sie sieht brummig aus.
»Du hast Besuch«, verkündet sie.
Mir rutscht das Herz in die Hose, als ich rasch überlege, wer das sein könnte.
Lenny Darling? Juby? Die Bullen?
Vor dem Zimmer meiner Mutter bleibe ich stehen und horche. Stille. Sie ist seit gestern Abend nicht mehr rausgekommen. Ich gehe nach unten und mache mich auf die nächste Nervenprobe gefasst.
Es ist Lexi.
Vielleicht bin ich voll oberflächlich, dass ich jetzt an so was denke, aber sie sieht scharf aus. Ihre Augen sind unglaublich, sie blicken so ernst und sexy und …
»Wir müssen reden«, sagt sie und ergänzt mit einem |253| Seitenblick auf Oma, die mit dem Staubwedel über die Schränkchen geht: »Unter vier Augen.«
»Dann komm mit hoch.« Ich zwinkere Oma zu, die verächtlich schnaubt.
»Lasst die Tür offen!«, ruft sie uns nach. »In meinem Haus gibt’s keine Techtelmechtel.«
Schön wär’s.
Ich bin vor Lexi oben, befördere die dreckigen Klamotten mit dem Fuß unters Bett und reiße das Fenster auf, aber Lexi verliert kein Wort über den Saustall.
»Grade war die Polizei noch mal bei uns. Du hast denen einiges zu erklären.«
Mir fällt die Klappe runter. »Ich?
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