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Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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los und überrasche sie mit einem Kuss auf die runzlige Wange. Die Haut fühlt sich an wie Papier. »Traust du deinem geliebten Enkel etwa zu, dass er sich auf so etwas einlässt?«
    Oma ist den ganzen Abend aufgekratzt wie nur was. Aber mir schwant, dass Juby wiederkommt. Ich gehe hoch und hole mein Mathebuch raus. Ich glotze auf die Seite, kann mich aber nicht konzentrieren. Ich knalle das Buch wieder zu und höre, wie Oma unten vor sich hin giggelt.
    Wenigstens einer hat hier gute Laune.
    Ich gehe früh ins Bett, kann aber nicht einschlafen. Die ganze Zeit muss ich an Lexi denken und dass sie sich solche Sorgen um Devil macht. Das sieht ihm mal wieder |247| ähnlich: einfach abhauen und alles durcheinanderbringen, ausgerechnet jetzt, wo ich bei seiner Schwester Fortschritte mache.
    Wenn nur meine Brüder da wären! Die würden Devil schon aufstöbern. Selby wäre inzwischen fünfundzwanzig, wenn er nicht Benzin oder Klebstoff oder was weiß ich geschnüffelt und auf die Art den Abgang gemacht hätte. Und Stephen könnte genauso gut auch tot sein. Er war schon ewig nicht mehr zu Hause. Das wär toll, wenn er jetzt einfach zur Tür reinkäme und wir quatschen könnten.
    Ich höre draußen eine Männerstimme und halte den Atem an. Vielleicht ist es ja Stephen. Vielleicht ist er nach Hause gekommen. Dann hilft er mir bestimmt, Devil zu suchen. Aber in Lexis Nähe lasse ich ihn nicht, dafür sieht er zu gut aus. Ich setze mich im Bett hin und werde fast ein bisschen aufgeregt. Wenn er es tatsächlich ist? Wieso eigentlich nicht? Sein Besuch ist längst überfällig. Jetzt hört man unten eine Frau. Es ist Mum. Ihre Stimme klingt komisch, als hätte sie geweint. Dann ist es nicht Stephen. Ich bin furchtbar enttäuscht. Jemand schluchzt. Mum weint. Was hat er jetzt wieder zu ihr gesagt?
    »VERSCHWINDE!«, kreischt Mum und die Haustür knallt zu. Ich höre das Gartentor zufallen, als Lenny weggeht. Die beiden haben Krach! Super! Jetzt lässt sie ihn vielleicht sausen. Aber man hört sie bis hier oben schluchzen. Am besten gehe ich runter und tröste sie, denn Oma ist längst schlafen gegangen. Aber da kommt Mum schon die Treppe hochgetrampelt und stürmt in mein Zimmer.
    »Ich hasse dich!«, brüllt sie und schüttelt mich.
    |248| »Was?« Ich reiße mich los und flüchte mich hinters Bett. Ihr Gesicht ist mit Wimperntusche und Lidschatten verschmiert und die Haare sind aus der Spange gerutscht.
    »Er will mich   … nie mehr   …
schluchz
… sehen   …
schluchz
… er hat gesagt   … Familienprobleme   … mein Sohn   …
schluchz
… unmöglich   …«
    Ach du Schande. Sie dreht wieder durch.
    »Das hast du   …
schluchz
… mit Absicht gemacht!« Mum lässt sich aufs Bett fallen. »Stimmt’s?«
    »Mum   …«
    »Du gönnst mir nicht, dass ich glücklich bin!«, jammert sie und bricht schon wieder in Tränen aus. »Jetzt bin ich wieder allein.«
    »Du bist viel zu gut für ihn.« Ich meine das auch so. Ich habe ihm nie abgenommen, dass er wirklich etwas an ihr findet. So hat er sie nie angesehen.
    »Das sagen sie alle.« Mum wischt sich die Augen. Sie sitzt da und heult und ich weiß nicht, was ich machen soll. Wenn ich sie in den Arm nehme, haut sie mir wahrscheinlich eine runter. Ich bin heilfroh, als Oma reinkommt. Sie sieht ganz klein und müde aus in ihrem lila Steppmorgenmantel.
    »Ist ja gut, Süße«, sagt sie in einem Ton, den man von ihr nur hört, wenn Mum so drauf ist. »Hat er dich sitzenlassen? Typisch Mann. Na komm, wir holen dir was zu trinken.« Sie legt den Arm um meine Mutter und zieht sie hoch. Ich will grade was sagen, da schüttelt Oma den Kopf und legt den Finger auf den Mund.
    »Was stimmt denn bloß nicht mit mir?«, heult Mum.
    |249| »Mit dir ist alles in Ordnung, Schätzchen.
Er
hat ein Problem.« Oma redet und säuselt auf Mum ein und schafft es, sie aus meinem Zimmer und in ihr eigenes Schlafzimmer zu befördern. Meine zerknitterte Bettdecke ist voller Tränenflecken. Es ist alles meine Schuld. Es ging ihr richtig gut und jetzt läuft alles schief. Zu meiner Verwunderung höre ich Mum nebenan zaghaft lachen. Als ob Oma ihr eine Gehirnwäsche verpasst hätte. Wenn es Mum mies geht, kümmert sie sich immer total liebevoll um sie. Und dann, wenn es ihr wieder besser geht, zack!, wird Oma wieder die blöde Kuh, die sie eigentlich ist.
    Ich krieche wieder ins Bett, knipse die Nachttischlampe aus und stecke die Finger in die Ohren.

|250| Einundzwanzig
    Es ist Montag. Ich gehe in

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