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Vogel-Scheuche

Titel: Vogel-Scheuche Kostenlos Bücher Online Lesen
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erzählt.«
    »Natürlich nicht!« versetzte Threnodia mit zornigen Tränen in den A u gen. »Ich habe mich der Hälfte meiner Herkunft geschämt. Jener Hälfte dort.« Wütend starrte sie Mentia an, in dem Versuch, damit Metria zu treffen.
    »Siehst du?« fragte Metria. »Es ist hoffnungslos. Sie wird mich immer hassen.«
    »Und nun wollen wir die Angelegenheit aus einer anderen Perspektive betrachten«, sagte Mentia entschieden. »Zurück auf Quadrat eins.«
    »Muß das sein?« knurrte Threnodia durch Zornestränen.
    »Ja. Unsere Abmachung sieht es vor. Zwei Sichtweisen. Und die we r den wir auch bekommen.«
    Wieder formte sich die Szene aus. König Gromden, den Weg entlang marschierend, vor ihm lag die Begegnung mit der in Umhang und Kap u ze gehüllten Dämonin. Der Dialog folgte derselben Linie wie zuvor, nur daß die Dämonin sich diesmal aufrichtig beeindruckt von Gebaren und Herzensgüte des Königs zeigte. Sie besaß weder Seele noch Gewissen, betrachtete letzteres aber mit Neugier, und so wurde, was ursprünglich nur ein böser Streich werden sollte, zu etwas gänzlich anderem. Sie e r kannte, wie einsam der König hinter seiner zufriedenen Maske war, und beschloß, ihm wenigstens eine kleine Belohnung dafür zu bescheren: Eine Nacht der Freude, wie sie nur eine Dämonin oder eine wirklich hingebungsvolle, schöne Frau einem Mann zu gewähren wußte. Sie meinte, daß dies das mindeste sei, was er verdient habe.
    Am nächsten Tag besuchte er sie aufs neue, und so bescherte sie ihm wieder Vergnügen, denn noch immer respektierte und mochte sie ihn, soweit eine Dämonin dazu fähig war. So ging es eine Weile weiter, in äußerster Diskretion. Sie war froh, wenigstens etwas Freude in sein eher ödes Leben gebracht zu haben. Natürlich merkte er mit der Zeit, mit was für einem Wesen er es zu tun hatte, doch da spielte es schon keine Rolle mehr, weil er so viel Vergnügen an ihr fand. Zu jenen seltenen Gelege n heiten, da ihre Liaison entdeckt zu werden drohte, verschwand sie still und leise, um keinerlei Spuren zu hinterlassen, und kehrte erst wieder zu ihm zurück, wenn die Luft rein war. Und so erfuhr niemand von ihrer Affäre.
    Allerdings beging sie einen einzigen Fehler: Sie vergaß den Storch in ihrer Rechnung. Für gewöhnlich pflegten Dämoninnen das Rufsignal zu unterbinden, mit dem der Storch aufmerksam gemacht wurde, doch war sie von dem gütigen König so stark eingenommen, daß sie es nicht ei n mal bemerkte, als es entwich. Danach war es bereits zu spät. Nun, dachte sie, dann würde sie eben einfach ein angemessenes Heim für das Baby finden müssen, wenn es erst einmal da war, denn eine Dämonin war keine geeignete Mutter für ein Menschenkind. Das Baby würde wah r scheinlich eine Seele haben, was bei ihr selbst nicht der Fall war.
    Als der Storch dann tatsächlich ein hübsches kleines Mädchen brachte, war die Dämonin davon so sehr angetan, daß sie es beinahe selbst beha l ten hätte. Doch sie wußte, daß es töricht gewesen wäre, und wollte nicht, daß ihre Tochter unter jener Vernachlässigung litt, die in Gesellschaft einer Dämonin unausweichlich war. Also tat sie statt dessen das naheli e genste und brachte das Kind zu seinem Vater, dem König.
    Dies tat sie selbstverständlich völlig diskret, um ihn nicht in Verlege n heit zu bringen. »O König, hier ist deine süße Tochter«, teilte sie ihm mit und hielt ihm das Bündel entgegen. »Ich wünschte, ich könnte sie selbst behalten, doch das kann ich nicht, und so vertraue ich sie dir an, daß du sie wohl behandelst und ihr alles gibst, dessen ein kostbares Kind b e darf.«
    Gromden reagierte erstaunt. Wie alle Männer war er davon ausgega n gen, daß er zwar alles Erforderliche getan hatte, der Ruf den Storch aber nicht erreichen würde. Doch schon der erste Blick, den er auf das Kind warf, nahm ihn gefangen, und so erkannte er seine Tochter mit Freuden als eigen Fleisch und Blut an. »Sie soll meine Erbin werden«, sagte er, »denn ich habe sonst keine Kinder.« Das war schieres Wunschdenken, denn nur ein Magier durfte König von Xanth werden. Andererseits war das magische Talent des Kindes noch unbekannt, so daß immerhin die Möglichkeit bestand, daß aus dem Mädchen einmal eine Zauberin we r den könne. Natürlich war die Königswürde traditionell den männlichen Nachkommen vorbehalten, aus archaischen Gründen, solche, die sich am schwersten widerlegen ließen. Außerdem war sie eine halbe Däm o nin, was die Sache noch

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