Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
Vom Netzwerk:
erschauerte und hatte Mühe, seine Stimme möglichst unbeteiligt klingen zu lassen, als er fragte: »Glaubst du an Feen?«
    »Natürlich«, erwiderte Iain. »Sie haben mir doch den Gobelin gebracht.«
    Dylan kicherte, als die Fee in dem Bild ihre ursprüngliche Position wieder einnahm. »Das ist ein Argument.«
    Iain grunzte unwillig und legte seine Feder beiseite. Er verschränkte die Arme vor der Brust, lehnte sich zurück und kam auf den eigentlichen Grund dieser Unterredung zu sprechen. »Du willst also meine Tochter heiraten.« Geradeheraus, ohne großes Drumherumgerede. Dylan hatte schon gelernt, dass dies ein hervorstechender Charakterzug der Mathesons der Alten Welt war; einer, der dem Zweig der Familie, dem er selbst angehörte, vollständig verloren gegangen war. Alle Mathesons daheim in seiner eigenen Welt - und auch die Familie seiner Mutter - redeten stundenlang um den heißen Brei herum, statt direkt auf den Punkt zu kommen. Deshalb kam bei ihren Besprechungen wohl auch selten etwas heraus.
    Er drehte sich um und erwiderte ebenso offen: »Ja.«
    »Und wie willst du für sie sorgen?«
    »Ich besitze genug Geld, um mir ein kleines Stück Land zu kaufen.« Ein sehr kleines, in einem felsigen Tal im Süden gelegenes Stückchen Land, um genau zu sein. Die Verhandlungen waren noch nicht abgeschlossen, und wenn sich Malcolm, der als sein Unterhändler auftrat, nicht sehr geschickt anstellte, würde er als Teil des Kaufpreises fünf Jahre lang auf den Feldern des MacLeod'schen Lairds ar- beiten müssen. Aber das brauchte Iain jetzt noch nicht zu wissen.
    Iain hob die Augenbrauen. »Ich sehe, ich habe dich entschieden zu gut bezahlt.«
    »Ich gehe sparsam mit meinem Geld um und habe außer meinem abendlichen Eimer mit heißem Wasser keine kostspieligen Laster. Und ich weiß, wie ich meine Besitztümer vermehren kann. Deine Tochter wird nie Hunger leiden müssen.«
    »Sie ist an ein Leben in Wohlstand gewöhnt.«
    »Aber sie ist auch ein erwachsener Mensch, der weiß, wie vergänglich Wohlstand sein kann. Außerdem werden wir als Mitglieder dieses Clans die schlechten Zeiten, die vielleicht kommen, gemeinsam durchstehen.«
    Eine Unheil verkündende Pause entstand, lains Brauen zogen sich finster zusammen, und er beugte sich vor. »Der Gedanke, Landbesitzer zu werden, gefällt dir wohl sehr, wie? Du hältst es mit den englischen Gesetzen, die es wenigen Männern erlauben, viel Land zu besitzen, und die denen gegenüber, die es bearbeiten, keinerlei Verantwortung tragen. Diese Gesetze zerstören die Clans!«
    »Du besitzt doch auch dein eigenes Land.«
    »Nur nach englischen Gesetzen. Nach den Gesetzen unseres Clans verwalte ich in meiner Eigenschaft als Laird das Land lediglich zum Wohl meiner Leute. Sogar der ärmste meiner Pächter erhält im Winter zu essen, wenn der Clan noch Brot besitzt. Und all das würde sich schlagartig ändern, wenn es diesen elenden Tiefländern gelänge, mich zu entmachten. Sie würden bedenkenlos die Pächter, deren Familien schon zu Zeiten unseres ersten Königs Kenneth MacAlpine hier ansässig waren, von ihrem Land vertreiben, um sich ihre Taschen mit Gold und Silber füllen zu können, während rings um sie herum Menschen hungers sterben.«
    Dylan nickte. Er verstand nur zu gut, was Iain meinte. Schon in wenigen Jahren würden hunderttausende dieser halb verhungerten Menschen nach Amerika fliehen und sich in den Appalachen niederlassen. Aber damit konnte er Iain nicht kommen. Wie hätte er ihm erklären sollen, woher sein Wissen stammte? Also sagte er nur schlicht: »Ich habe nicht vor, mich vom Clan loszusagen.« Es wäre in der Tat töricht, ohne den Schutz von Caits Vater in den Bergen leben zu wollen. Der Hof, den er erwerben wollte, konnte jederzeit überfallen werden, und ein Mann allein war nicht im Stande, Übergriffe benachbarter Clans abzuwehren.
    »Würdest du mir denn auch als Landbesitzer weiterhin die Treue halten?«
    Dylan öffnete schon den Mund, um dies zu bejahen, besann sich dann aber. Was Iain wirklich wissen wollte, war, ob Dylan für ihn in den Krieg ziehen würde, falls es dazu kam. Und da er wusste, dass Iain ein Jakobit war, konnte er nicht mit gutem Gewissen schwören, für eine Sache zu kämpfen, die im Lauf der nächsten drei Jahrzehnte unzähligen Menschen den Tod bringen würde. Zögernd erwiderte er: »Meine Treue gilt vornehmlich Cait. Mein oberstes Ziel ist es, für ihre Sicherheit zu sorgen.«
    »Unter meinem Schutz seid ihr beide in

Weitere Kostenlose Bücher