Vogelfrei
Sicherheit.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, während Dylan angestrengt überlegte, wie er sich aus dieser Zwickmühle herauswinden konnte, aber er sah keinen Ausweg. Wollte er Cait heiraten, so musste er sich Iain gegenüber verpflichten. Also nickte er entschlossen. »Aye, du hast Recht. Ich schwöre, dass ich dir auch als Landbesitzer die Treue halten werde.«
Iain lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er wirkte plötzlich so entspannt und zufrieden, als sei Dylans Schwur das eigentliche Ziel dieser Unterredung gewesen. Doch dann warf er Malcolm einen flüchtigen Blick zu und sagte: »Dir ist wohl klar, dass Coll der Erbe meines Titels und meiner Ländereien ist, da ich ja keine Söhne habe.«
Dylan nickte.
»Und wenn Coll ohne männliche Nachkommen sterben sollte, würde laut Geburtsrecht Artair der nächste Erbe.«
Wieder nickte Dylan. Er fragte sich, worauf Iain hinauswollte.
»Außerdem musst du bedenken, dass beide junge, verwegene Draufgänger sind und Artair zudem eine spitze Zunge hat. Daher besteht die Möglichkeit, dass keiner von ihnen lange genug lebt, um zu heiraten und legitime Erben zu bekommen.«
Dylan erwiderte nichts darauf. In seinem eigenen kulturellen Umfeld war es nicht üblich, damit zu rechnen, dass Menschen so jung starben. Er zuckte verwirrt mit den Achseln. »Und?«
»Das, mein Freund, bedeutet, dass du als Rodericks Sohn der nächste Anwärter auf den Titel des Lairds bist. Es wird gemunkelt, dieser Umstand wäre der eigentliche Grund dafür, dass du von den Kolonien hierher gekommen bist.«
Dylan lachte laut auf, als ihm einfiel, dass ihn Malcolm am Tag seiner Ankunft gefragt hatte, ob er erwartet hätte, so viele männliche Verwandte vorzufinden. Damals war er davon ausgegangen, dass seine Verwandtschaft mit Iain in Bezug auf die Erbfolge nicht zählte, weil er in Amerika geboren worden war. Erst jetzt ging ihm auf, dass er in diesem Jahrhundert tatsächlich als britischer Staatsbürger galt. Die Vereinigten Staaten existierten noch gar nicht! Virginia war eine britische Kolonie, und seit vor sieben Jahren der Vereinigungsvertrag mit Schottland unterzeichnet worden war, bestand zwischen schottischer und englischer Staatsbürgerschaft kein gesetzlicher Unterschied mehr. Deswegen war er sowohl laut englischem als auch laut Clansrecht ein ebenso legitimer Anwärter auf den Titel des Lairds, als ob er in Schottland geboren wäre.
Verblüfft blickte er Iain an. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich gegen meinen Willen hierher verschleppt wurde. Nur wegen Cait möchte ich überhaupt bleiben.«
»Du kannst mir viel erzählen, mein Sohn.«
Dylan nagte nachdenklich auf seiner Unterlippe herum. Mit dieser Wendung des Gesprächs hatte er nicht gerechnet, und er wusste nicht recht, wie er sich jetzt verhalten sollte. Schließlich rollte er erst seinen linken Ärmel hoch und legte die frisch genähte dunkelrot angelaufene Wunde frei, dann streckte er Iain seinen gesunden rechten Arm hin. »Möchtest du das Spiel von eben wiederholen? Dann bedien dich«, fuhr er ihn an.
Augenblicklich erwachte Iains Zorn von neuem. »Vielleicht hätte ich dich doch besser töten sollen.«
Dylan ließ sein Plaid von der Schulter gleiten, knöpfte sein Hemd auf und entblößte seine mit dem schwarzsilbernen Kruzifix geschmückte Brust. »Tu dir keinen Zwang an. Wenn du mich loswerden willst, um zu verhindern, dass dein Titel an einen Amerikaner fällt, dann stoß mir nur dein Schwert in die Brust. Ich werde jedenfalls nicht aus freien Stücken auf Cait verzichten. Ich pfeife auf das Land und auf deinen Titel, aber Cait gebe ich auf keinen Fall auf. Da musst du mich schon umbringen.« Er verstummte einen Moment, weil ihm etwas klar wurde, dann fuhr er fort: »Aber das wirst du nicht tun, weil Cait dich dafür hassen würde.«
Iain zog die Brauen zusammen und biss sich auf die Lippe. »Sie würde darüber hinwegkommen.«
Dylan setzte auch weiterhin auf sein Vertrauen zu Cait. »Wenn du das glaubst, dann töte mich ruhig. Aber du kennst deine Tochter. Sie ist genauso starrköpfig wie du, und sie würde dich ein Leben lang hassen, wenn du mich umbringst.« Er stemmte die Hände in die Hüften und funkelte Caits Vater herausfordernd an. »Du weißt nämlich, dass sie mich liebt.«
Iain Mór fuhr herum, riss das Schwert mit dem silbernen Heft von der Wand, zog es blitzschnell aus der Scheide und setzte Dylan die Waffe an die Kehle. Doch der jüngere Mann wich nicht zurück und zuckte mit keiner
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