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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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dass der Junge zur Burg zurückgebracht würde. Aber sein Wunsch ging nicht in Erfüllung.
    Gegen Mittag schmerzte Dylans Schulter, und sein Rücken fühlte sich an, als würde er jeden Moment entzweibrechen. Als die Sonne senkrecht am Himmel stand, kamen einige mit Körben beladene ältere Frauen auf das Feld und verteilten aufgeschnittene, mit Fleisch und Käse gefüllte Bannocks unter den Männern. Diese Bannocks waren dreieckig, nicht rund, hatten eine knusprigere Kruste und waren stärker durchgebacken als die, die er bislang auf schottischen Volksfesten gekostet hatte. Die harte Arbeit hatte ihn so hungrig gemacht, dass er zudem noch meinte, sie würden auch besser schmecken, trotz der angebrannten Stellen.
    Nach dem Essen ruhten sich die Männer und Frauen ein wenig aus und unterhielten sich angeregt auf Gälisch. Niemand schenkte Dylan Beachtung, was diesem gerade recht war. Er hoffte immer noch, die Fee würde auftauchen, ihren Irrtum zugeben, sich bei ihm entschuldigen und ihn nach Hause schicken. Doch sie kam nicht, und so verzehrte er sein Mittagsbrot allein für sich.
    Danach blickte er über das hinter ihm liegende abgemähte Feld hinweg, erhob sich dann und schlenderte zu einem freien Fleckchen hinüber, um dort einige Aufwärmübungen zu machen. Danach ging er zu seinem üblichen Trainingsprogramm über. Abblocken, Vorstoß, Abblocken, Schritt zurück. Die altvertrauten Bewegungsabläufe empfand er als seltsam tröstlich; sie brachten ihm wieder in Erinnerung, wer er war.
    Nachdem er sein gesamtes Programm abgespult hatte, verbeugte er sich ins Leere, dann blickte er sich um und stellte fest, dass die Unterhaltung verstummt war und alle Augen auf ihm ruhten. Artair brüllte ihm zu: »Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?«
    Dylan wusste, dass es unklug war, darauf einzugehen, doch er brachte es nicht fertig, den Mund zu halten. »Die Bewegung tut mir gut. Es wirkt entspannend, weißt du?«
    Ein breites Grinsen trat auf Artairs Gesicht. »Wenn du anstrengende Arbeit entspannend findest, dann bist du ja bei uns richtig.«
    Die anderen lachten, Dylan verneigte sich spöttisch, um Artair zu ärgern, und wandte sich dann ab, um nach seiner Sichel zu suchen. Er hatte nichts mehr zu sagen und war bereit, mit seiner Arbeit fortzufahren, auch wenn die anderen noch keine Anstalten dazu machten.
    An der Stelle, wo er die Sichel zurückgelassen hatte, lag jetzt ein Stück weißes Leinen; eines der Tücher, mit denen die Körbe zugedeckt gewesen waren, in denen die Frauen die Bannocks gebracht hatten. Irgendjemand musste es ihm hingelegt haben. Er blickte sich suchend um, konnte aber den oder die Betreffende nirgendwo entdecken. Die anderen Männer hatten derweilen schon wieder mit der Arbeit begonnen, und die Frauen waren zur Burg zurückgegangen.
    Achselzuckend beschloss Dylan, von dem Geschenk Gebrauch zu machen. Er riss einen Streifen von dem Tuch ab, faltete ihn der Länge nach und band ihn sich um die Stirn, den Rest des Tuches stopfte er in seinen Gürtel und ging wieder an seine Arbeit.
    Die Sonne ging schon unter, als Sinann endlich auftauchte und sich mit verschränkten Armen vor ihm aufbaute. »Wirst du uns nun helfen oder nicht?«

5.
    Dylan hielt die Augen auf die Sichel gerichtet und fuhr fort, Haferähren umzumähen. »Leck mich, Tinkerbell.«
    Sie lachte. »Ein weiser Mann überlegt sich gut, worum er bittet.«
    Er blinzelte zwischen zwei Sichelschwüngen zu ihr hinüber, sagte aber nichts.
    »Diese Sarah scheint dich ja ins Herz geschlossen zu haben. Vielleicht kann sie dich ein wenig aufheitern.«
    »Hör auf damit, Tink.« Allmählich kam er sich vor wie in einem schlechten Film. »Das ist nun wirklich das Letzte, wonach mir der Sinn steht. Ich bin müde, hungrig und durstig, und ich möchte endlich wieder nach Hause. Ich vermisse mein Bett, meinen Fernseher, meinen Kühlschrank, mein ...«
    Weiter kam er nicht. Einer der Männer - Dylan hatte gehört, dass er Robin gerufen wurde - klopfte ihm auf die Schulter und machte ihn darauf aufmerksam, dass für heute Feierabend war. Die Männer hatten ihre Sicheln bereits in einen der Karren gelegt und halfen jetzt den Kindern, die letzten Ähren aufzulesen. Dylan tat desgleichen, und als kein einziger übersehener Halm mehr auf dem Feld lag, folgte er den anderen zurück ins Dorf. Sinann lief hinter ihm her und flog ab und an auch einmal ein Stückchen, wenn sie mit Dylans weit ausgreifenden Schritten nicht mithalten konnte.
    »Der große

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