Vogelweide: Roman (German Edition)
Schaufenster für ihn, von dem sie weiß, dass er unten sitzt und hochblickt, einmal hin- und hergeht.
Und ich, sagte Eschenbach, sehe nur eine pluderige Hose.
Da stand sie auf und streifte sich die Hose, die nicht geknöpft, nicht gegürtet war, sondern durch einen Gummizug gehalten wurde, herunter, stieg aus dem Stoffgeringel am Boden aus und stellte sich vor ihn hin.
Zufrieden?
Dieses Bild: Wie am Morgen die Katze, vorsichtig die Pfoten aufs Tablett setzend, an der Milch und dem Honigtopf leckt.
Am Nachmittag war er hinausgegangen und hatte ein paar Knüppel und Rundhölzer, die getrocknet unter der Hütte lagen, herausgeholt, auf den Block gelegt und angefangen, sie in handliche Stücke zu zersägen. Einige Scheite hackte er danach klein. Das Holz trug er in die Hütte, beschickte den Ofen mit Zeitungspapier und trockenem Gezweig und zündete es mit einem Fidibus an.
Danach ging er hinaus auf die Plattform und suchte im Abendlicht, die tiefstehende Sonne war im Westen von einer Wolkenbank verdeckt, mit dem Fernglas die Insel ab. Blickte hinüber zur Insel Neuwerk, von wo sie morgen mit dem Pferdewagen kommen würde.
Dieser eigentümliche Ruf der Sumpfohreulen. Als er im März auf die Insel gekommen war, hatte er das Glück gehabt, in den folgenden Wochen ein Paar in der Balzzeit beobachten zu können. Eschenbach hörte hoch oben in der Luft ein merkwürdiges Klatschen. Eine Eule, die ihre Flügel zusammenschlug und regelrecht herunterfiel, dann in einen Schaukelflug überging und über der Stelle, die sie als Nistplatz ausgemacht hatte, langsam zu Boden trudelte. Durch Revierrufe bezeichnete sie den Ort, wo sich das Weibchen dann ebenfalls niederließ. Geradezu galant übergab das Männchen eine geschlagene Wühlmaus, ein Hochzeitsgeschenk. Das wiederholte sich mehrmals und führte schließlich – Eschenbach beobachtete geduldig und dachte an den Satz des Freundes: Jeder Ornithologe ist ein Voyeur – zur Kopulation. Das alles fand am Boden statt. Später, die Jungen waren geschlüpft und flügge, konnte Eschenbach beobachten, wie die Eltern mit den Jungen auf Beutebeobachtung in der Luft waren. Ein Rütteln und dann kippten sie hinunter, griffen die Maus.
Er stand eine Weile und sah auf die Wolkenbank im Westen, durch deren Lücken jetzt einige scharf umrissene Strahlen schräg aufs Meer fielen.
Er hatte sich für seine Recherche bei einer Partnerschaftsvermittlung angemeldet, eine exklusive, für Akademiker. 50000 Mitglieder waren wöchentlich aktiv. 49,90 Euro, 6 Monate Laufzeit. Die Kosten übernahm selbstverständlich das Institut der Norne. Technisch gesehen basiert es auf dem bewährten Prinzip des bekannten Mutterportals . Auch TÜV-geprüft. Gab es inzwischen beim TÜV eine Abteilung, die zuständig war für die Selbstbeschreibung der Kontaktsuchenden im Internet? Ein TÜV für das Eheglück? Ein Algorithmus sucht dann nach dem passenden Partner. Werden die so zusammengestellten Ehen glücklicher? Halten sie länger?
Die Norne sagte, ja. Natürlich. Und wir werden es noch verfeinern. Das jetzige Zeug ist nichts.
Doch, sagte Eschenbach, ein florierendes Geschäft.
Neben den gediegenen gab es Partnerbörsen für den gepflegten Seitensprung, für Gruppensex, für Hardcore-Sex. Der Mutige probiert es und findet schnell Gefallen , so der Werbeslogan.
Dem Freund sagte er in einem der nächtlichen Telefonate, nachdem er Pornos im Internet studiert hatte, ich habe mir die Gesichter der Frauen angesehen, und in drei, vier Fällen, sie standen gerade auf den nächsten Penis wartend herum oder waren kurzzeitig im Dreier unbeschäftigt, war im Gesicht der einen oder anderen Ge- und Überschminkten für einen Moment so etwas wie Trauer zu sehen. Die anderen machten ihr, ja, wie sagt man, Ding. Alles keimfrei.
Hochglanzwünsche. Ein fehlerhaftes Detail und die Libido – perdu. Auf gut Deutsch gesagt, und er sprach absichtlich mit einem starken englischen Akzent: Die Männer kriegen keinen mehr hoch, und die Frauen sind trocken wie die Wüste Gobi. Aber für beides gibt es wiederum die Physik und die Chemie, Gleitcremes und Erektionshilfen. Ein expandierender Markt.
Zwei Wochen nach seinem Überfall war Ewald wieder zu ihm gekommen. Er entschuldigte sich, sagte, ich war von Sinnen, sagte, ich wusste nicht ein noch aus, sagte, ich war verzweifelt. Er hatte eine Flasche Whisky mitgebracht, etwas Exquisites, das war seine Art, er schenkte mit offener Hand, wie Anna das genannt hatte, das, was sie an
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