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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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schweigend auf einen gelb-roten Knopf neben der Tür, den
er erst jetzt, viel zu spät, entdeckt hatte: »Not Aus«.
    Mit einem abrupten Ruck kam das Förderband zum Stehen,
doch die Maschinen im Inneren arbeiteten unerbittlich weiter.
    Gottes Mühlen, dachte Morgenstern und schluckte
schwer, Gottes Mühlen mahlen langsam. Dann ließ er sich auf das Gitter fallen:
Seine schlotternden Knie trugen ihn nicht mehr.
    »Das
war’s dann wohl«, sagte Morgenstern, als er am Abend im Ingolstädter
Polizeipräsidium Bilanz gezogen hatte. Das Schotterwerk war für die nächsten
Tage stillgelegt worden, und die drei Studenten saßen nach einer ersten
Vernehmung in verschiedenen umliegenden Justizvollzugsanstalten in
Untersuchungshaft, die der Haftrichter noch am Nachmittag angeordnet hatte.
Kriminaldirektor Adam Schneidt hatte seine Männer umfassend gelobt, hatte
allerdings im selben Atemzug auch deutliche Kritik daran geübt, dass zwei
seiner Kriminalbeamten ohne Schusswaffe aus dem Haus gegangen waren und zudem
weitgehend eigenmächtig gehandelt hatten.
    »Anderswo setzt man in so einem Fall eine
Sonderkommission mit fünfzehn Beamten ein«, hatte er reklamiert. »Das wirft
kein sehr professionelles Bild auf die Polizei, wenn zwei Beamte
mutterseelenallein einen Doppelmörder jagen und niemand so recht weiß, wo sie
gerade stecken.« Immerhin hatte er Hecht und Morgenstern dabei wohlwollend auf
die Schultern geklopft.
    »Es ging halt alles so wahnsinnig schnell«, war
Morgenstern noch in der Lage gewesen, sich matt zu rechtfertigen.
    Nicht zuletzt hatte Schneidt bereits eine
Pressekonferenz einberufen, bei der der Pressesprecher und der Oberstaatsanwalt
den Medien die wichtigsten Neuigkeiten mitgeteilt hatten, immer mit dem
Hinweis, die Ermittlungen dauerten noch an, man bitte um Verständnis, dass noch
nicht alle Details bekannt gegeben werden könnten. Es war mehr als absehbar,
dass am nächsten Tag ein Ansturm von Fernsehteams und Boulevardpresse auf
Eichstätt und Erkertshofen einsetzen würde. Von ihrem Chef hatten Hecht und
Morgenstern die ausdrückliche Anweisung erhalten, die Öffentlichkeitsarbeit in
jedem Fall der Staatsanwaltschaft zu überlassen, was übrigens auch für Adam
Schneidt selbst gelte.
    Einig waren sich alle darin, dass Professor Heine die
Verantwortung für beide Morde zu tragen hatte beziehungsweise der Anstifter
gewesen war. Auch beim Tod von Mustafa Önemir war er Drahtzieher, das würden
die Vernehmungen der Studenten in den kommenden Tagen sicher noch ergeben.
Andernfalls, zeigte sich Schneidt zuversichtlich, würde ihnen die Tat sicher
mit Indizien nachgewiesen werden. Auch Morgenstern wollte nur zu gerne daran
glauben.
    Bisher hatten die beiden Studenten allerdings nur den
Mord an Carola Messmer eingeräumt, von dem Lars Maier tatsächlich nichts
gewusst habe.
    »Das ist immer weiter eskaliert«, hatte der
eingeschüchterte Bernhard Graupner im Verhör gestanden.
    »Wie muss man sich das vorstellen?«, hatte Morgenstern
nachgefragt und war im kargen Verhörzimmer auf seinem Stuhl immer weiter nach
vorne gerutscht.
    »Zuerst war es nur Spaß. Wir haben Graffitis gesprüht
und auch geplant, das Urvogeldenkmal in Eichstätt zu verzieren.« Morgenstern
kannte das Kunstwerk: Auf einem großen Steinblock aus Juramarmor, direkt an der
Altmühlbrücke der Bundesstraße, saßen hühnergroß zwei bronzene Urvögel mit
ausgebreiteten Schwingen, jederzeit bereit zum Abflug. »Dann hat uns dieser
türkische Discjockey von seinem Archaeopteryx erzählt, hat total damit
angegeben. Also sind wir bei ihm rein und hatten Vogel Nummer eins. Das ging so
leicht, unfassbar! Und Professor Heine war außer sich vor Freude, als wir ihm
die Steinplatte in einer Plastiktüte bei ihm zu Hause abgeliefert haben. Am
Abend, nach einer kleinen Feier, hat er uns dann beauftragt, auch noch den
Urvogel bei dieser komischen Frau in Mörnsheim zu stehlen.«
    »Woraus ein Mord wurde!«, schlussfolgerte Morgenstern.
    »Aber so war das nicht geplant, ganz ehrlich. Sie hat
uns schon erwischt, als wir durch ihren Obstgarten in den alten Stall gehen
wollten. Sogar Sturmhauben hatten wir dabei, damit uns niemand erkennt, sind
aber nicht dazu gekommen, sie aufzusetzen. Die Frau war extrem misstrauisch.
Unglaublich. Aber ihr Pech.«
    »Und deswegen musste sie sterben?«
    »Das Ganze war eher eine spontane Entscheidung. Diese
blöde Odelgrube war nicht richtig abgedeckt, und dann kam Markus auf die Idee,
sie mit dem nächstbesten Strick zu

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