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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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hindurch, um ihn nicht über die Maßen
zu verschmutzen. »Hast du der Schredl eigentlich schon gesagt, worum es heute
genau geht?«, fragte Hecht, als er das Auto vor dem Büro parkte.
    »Nein«, sagte Morgenstern lächelnd. »Ich dachte mir,
es wäre nett, das bis ganz zuletzt aufzuheben. Ich möchte einfach gerne sehen,
wie ihr die Kinnlade runterfällt, wenn sie hört, dass ihr ein Urvogel
zugeflogen ist.« Er dachte kurz nach: »Allerdings ist es wahrscheinlich, dass
sie schon heute früh in der Zeitung das Wesentliche gelesen hat. Dann wird sie
sich denken können, dass wir Nachrichten in Sachen Archaeopteryx haben.
Immerhin weiß sie aber selbst dann noch nicht, welches Exemplar von beiden verschreddert
wurde: ihres oder das von Carola Messmer. Echt spannend, aus der Sicht der
Schredl stehen die Chancen fifty-fifty. Die muss es vor Neugier doch
zerreißen.«
    »Dann lass sie uns mal erlösen«, sagte Hecht
energisch, stieg aus dem Auto und landete mitten in einer der Schlammpfützen.
»Verdammt noch mal!«, fluchte er. »So ein ekelhafter Baatz.« Seine schwarzen
Halbschuhe waren nun, wie Morgenstern umgehend lästerte, kackbraun.
    »Eigentlich auch nicht schlecht, so wie früher die
Camel-Boots. Gibt’s die überhaupt noch?«
    »Schluss mit deinem Gequatsche, los, die Frau Schredl
wartet.«
    Morgenstern öffnete die Bürotür. Genau wie beim ersten
Mal vor einer Woche blickten die vier Büroangestellten hinter ihren billigen,
alten Schreibtischen verwundert auf.
    »Guten Morgen, wir haben einen Termin bei Frau
Schredl«, sagte Morgenstern bestimmt, hob eigenmächtig die hölzerne
Durchgangsklappe, ging hindurch und klopfte an die Tür des Chefbüros.
    Pauline Schredl, die einen dunkelblauen, eng
geschnittenen Hosenanzug trug, saß am Schreibtisch, als Hecht und Morgenstern
eintraten. »Ah, Sie sind schon da, Herr Morgenstern!«, begrüßte ihn die
Unternehmerin erfreut. Dann tippte sie auf die Zeitung, die vor ihr lag. »Nach
allem, was man da liest, sind Sie ja eine echte Spürnase. Respekt. Und wen haben
Sie mir da mitgebracht?«, fragte sie, indem sie auf Hecht deutete.
    Morgenstern musste über den gönnerhaften Ton, der ihm
entgegenschlug, grinsen. »Das ist mein Kollege, Oberkommissar Hecht. Wir
ermitteln gemeinsam in diesem Fall. Und wenn es um die Spürnase geht, von der
Sie sprechen, dann teilen wir die uns kollegenhaft.«
    Hecht schaute verlegen und wurde sogar ein bisschen
rot vor Stolz.
    Morgenstern räusperte sich, bereit, wie ein Zauberer
im Zirkus das Tuch vom Zylinder zu ziehen, aus dem gleich zwanzig weiße
Kaninchen springen würden. »Liebe Frau Schredl: Sie wissen sicherlich, warum
wir hier sind. Gestern haben wir zwei Mordfälle in wesentlichen Teilen
aufgeklärt. Leider hat sich der Hauptverantwortliche seiner irdischen Strafe
durch Selbstmord entzogen. Wie wir wissen, ging es in beiden Fällen um neue
Exemplare des Urvogels Archaeopteryx. Eins von beiden stammt aus Ihrem
Steinbruch in Wintershof, allerdings wurde auch eine der beiden Versteinerungen
zu unserem großen Bedauern unwiederbringlich zerstört. Wir konnten es nicht
verhindern.«
    Pauline Schredl beugte sich über ihrem Schreibtisch
nach vorne, und Morgenstern konnte sehen, wie nervös sie war. Ihre Hände hatte
sie mit gespreizten Fingern fest aneinandergepresst, als wollte sie für
Albrecht Dürers »Betende Hände« Modell stehen, am Hals zeigten sich rote
Flecken. »Und?«, fragte sie fast tonlos.
    Morgenstern intonierte innerlich eine Fanfare, dachte
sich: »And the Oscar goes to …«, fand aber in letzter
Sekunde zur gebotenen Professionalität zurück. Mit aller Lässigkeit, die er
aufbringen konnte, sagte er: »Wir haben den Wintershofer Urvogel gerettet. Er
gehört jetzt Ihnen.«
    Es dauerte eine, vielleicht zwei Sekunden, doch dann
sprang Pauline Schredl von ihrem schwarzen Chefsessel auf, eilte um den
Schreibtisch herum, und ehe es sich Morgenstern und Hecht versahen, wurden sie
wie die besten Freunde geherzt und gedrückt. »Super, super! Sie sind
wunderbar!«, rief Frau Schredl immer wieder, bis die beiden Kommissare sich nur
noch angrinsen konnten.
    Die Unternehmerin atmete ein paar Mal tief durch,
sammelte sich, stürmte dann ins Verkaufsbüro und rief in die Runde: »Wir haben
einen Archaeopteryx!«
    Vom Nebenzimmer war Beifall und Gejohle zu hören. So
viel Emotionen hätte Morgenstern dem Büroteam gar nicht zugetraut.
    Dann sagte Frau Schredl. »Schnell, einer muss mir den
Josef holen, ich glaube, der ist

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