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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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zu übersehender Routine den Korken knallen.
    Partygirl Pauline, dachte Morgenstern, der sich daran
erinnerte, mit welch ängstlicher Mühe er selbst am Silvesterabend oder an
Geburtstagen an der Sektflasche herumhantierte. Als sei er ein Sprengmeister,
der gerade eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärfen muss.
    »Liebe Mitarbeiter«, hob die Firmenschefin an, als
sich alle im Kreis versammelt hatten, »heute ist ein großer Tag, der mit
Sicherheit in die Geschichte der Schredl GmbH eingehen wird. Erheben wir unsere
Champagnergläser auf den Archaeopteryx.«
    »Auf den Archaeopteryx!«, pflichtete Josef Brummer
bei, und alle anderen, auch die Kommissare, stimmten mit ein.
    Champagner also. Obwohl Morgenstern keinen Unterschied
zu seinem heimischen Silvestersekt schmeckte, schlürfte er sein Glas mit der
gebotenen Ehrfurcht leer. »Jetzt müssen wir aber wirklich weiter«, sagte er
anschließend. »Die Arbeit wartet, und wir haben noch bergeweise Papierkram zu
erledigen.«
    Pauline Schredl begleitete die beiden Beamten zu ihrem
Wagen. »Legen Sie ein gutes Wort für mich ein, dass wir unseren Urvogel bald
bekommen, ja?«, bat sie, als Hecht den Motor startete.
    »Wird gemacht«, versprach Morgenstern leichthin. Der
Champagner machte sich bemerkbar. »Der Fall ist doch so gut wie erledigt. Ich
schätze, dass Sie schon in den nächsten Tagen von uns hören werden.«
    »Warten Sie noch einen kleinen Moment«, hielt Frau
Schredl die Beamten noch einmal auf und verschwand rasch im Gebäude. Wenige
Augenblicke später kam sie zurück, in jeder Hand eine Flasche Champagner.
Morgenstern wollte das Geschenk abwehren, kam aber damit bei der Firmenchefin
nicht durch: »Die trinken Sie bei nächster Gelegenheit auf das Wohl der
Steinindustrie. Daran kann ja wohl niemand etwas Anstößiges finden.« Hecht
nickte erwartungsfroh, und so stimmte auch Morgenstern schließlich mit ungutem
Gefühl zu.
    »Erzähl aber bloß dem Schneidt nichts von dem
Schampus«, schärfte er hinterher seinem Kollegen ein.
    »Schön blöd wär ich«, sagte Hecht. »Wie ich ihn kenne,
würde er unsere zwei Flaschen erst konfiszieren und dann selber trinken.
Außerdem haben wir uns die Belohnung redlich verdient. Wenn ich da an unsere
Hausbefragung in Wintershof denke, dafür allein müssten wir eigentlich eine
ganze Kiste Champagner bekommen.«
    Morgenstern lachte. »Da hast du Recht. Weißt du noch,
der Typ in seinem Garten, mit seinem Köter? ›Der will nur spielen!‹« Grinsend
machte er mit der rechten Hand eine schnappende Bewegung.
    »Und der Herr Professor in seinem hübschen Häuschen …«, setzte Hecht an, stoppte aber, als ihm bewusst wurde, was mit dem
Wintershofer Theologieprofessor geschehen war. Im Wagen setzte beklemmendes
Schweigen ein. Beide Ermittler hingen ihren Gedanken nach, und schließlich
schaltete Morgenstern das Autoradio ein, in dem sich ein quietschvergnügter
Moderator vor Freude über die sommerliche Wärme, die nach dem Regen bereits
wieder eingesetzt hatte, schier zu überschlagen schien.
    Als
Morgenstern gegen siebzehn Uhr nach Hause kam, trug er die Champagnerflasche in
einer blickdichten Plastiktüte und freute sich aufs Abendessen und einen
gemütlichen Abend auf dem Balkon. Doch statt familiärer Idylle erwartete ihn
ein Bild des Jammers. Marius saß blass auf dem Küchenstuhl, sein linker Fuß war
mit einer weißen Mullbinde dick bandagiert.
    »Ich bin im Freibad in eine Glasscherbe getreten, die
im Gras lag. Bin voll reingestiegen.«
    »Eine richtig fiese Schnittwunde«, nickte Fiona. »Es
ist erst vor einer halben Stunde passiert. Die Wasserwacht hat ihn versorgt.«
Sie streichelte Marius aufmunternd über den Kopf.
    »Das gibt’s doch nicht!« Morgenstern war sofort auf
hundertachtzig. »Da dürfen doch keine Scherben rumliegen. Vielleicht sollte ich
mit dem Bademeister mal ein Wörtchen reden?«
    »Nun reg dich nicht auf, Mike. Ist ja alles in
Ordnung«, beschwichtigte ihn Fiona. »Marius ist problemlos vom Freibad nach
Hause gelaufen. Er humpelt zwar ein bisschen, aber auch das ist in ein paar
Tagen wieder vorbei. Wenn du daran denkst, würdest du uns am meisten helfen,
indem du ihm noch eine Entschuldigung für den Sportunterricht schreibst.«
    »Mach ich dann gleich. Lass mal sehen, Marius. Lauf
mal eine kleine Runde.«
    Folgsam stand der Junge auf und ging einige Schritte
durch die Wohnküche.
    »Das ist mir aber ein schönes Gehumple«, sagte
Morgenstern. »Und so hast du es den ganzen Weg

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