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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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schon überprüfen lassen?«
    »Wie das denn?«
    »Mann, du stehst heute Abend aber echt auf der
Leitung. So ein Hundebiss – von dem müsste man doch noch etwas sehen. Und wenn
man damit zum Hausarzt geht, schreibt der so etwas normalerweise in die
Krankenakte.«
    »Mensch, Fiona, wenn ich dich nicht hätte!« Alles
Beleidigtsein war mit einem Mal verflogen. Glücklich drückte Morgenstern seiner
überraschten Frau einen Kuss auf die Backe. »Genau das ist es! So kriegen wir
sie. Einer von meinen Studenten ist jetzt dran. Die werden morgen staunen. Und
dann wird mindestens einer singen wie ein Kanarienvogel.« Überschwänglich goss
er den Rest des Champagners in die beiden Gläser – und zwar so schwungvoll,
dass Fiona zum zweiten Mal den Putzlappen holen musste.

ZWÖLF
    Fassungslos starrte Morgenstern den
Telefonhörer an, als wäre das, was er da eben gehört hatte, ein
Übertragungsfehler der Telekom. »Das ist doch nicht Ihr Ernst. Haben Sie auch
wirklich gründlich nachgesehen, bei beiden? Jedes Bein? … Schon gut, schon gut,
ich meine ja bloß. … Keine Narbe also, aber vielleicht eine klitzekleine
Schramme? … Eine Druckstelle, ein blauer Fleck? Ein, äh, ein Hämatom? … Ah,
auch nicht.« Wütend schlug der Oberkommissar mit der linken Hand auf die
Tischplatte seines Schreibtisches im Ingolstädter Polizeipräsidium. Hecht stand
genauso fassungslos neben ihm. »Ich glaube es einfach nicht«, stieß Morgenstern
aus. »Danke trotzdem, dass Sie das so schnell für uns erledigen konnten, Herr
Doktor«, meinte er dann matt. »Aber ich muss schon sagen, dass wir mit einem
anderen Ergebnis gerechnet hatten. So ein Hundebiss hinterlässt normalerweise
doch Spuren, oder? … Ja, ich habe den Hund gesehen, ein ziemlich großes,
aggressives Vieh. Wo der hinschnappt, wächst kein Gras mehr. … Unser Zeuge sagt,
dass der Köter den Radfahrer eindeutig erwischt hat, er musste ihn sogar
abschütteln … Ja, da haben Sie Recht, das ist mir auch ein Rätsel. Also, nichts
für ungut und vielen Dank noch mal. Wiederhören.« Mit zusammengepressten Lippen
legte Morgenstern den Hörer auf.
    Ein paar Momente lang sagte keiner der Ermittler
etwas. »Eigentlich echt schade«, sagte dann Hecht. »Deine Idee war super, aber
jetzt stehen wir noch blöder da als zuvor. Es wäre aber auch zu einfach
gewesen. Doppelmord, klarer Fall, Sack zu. Aber es haut nicht hin. Dieser
Radfahrer in den Steinbrüchen, der muss jemand anders gewesen sein.«
    »Jemand, der genau zur Todeszeit von Mustafa Önemir
durch die Steinbrüche gegurkt ist«, sagte Morgenstern. »Jemand, von dem wir
fast überhaupt nichts wissen, weil der einzige Mensch, der ihn gesehen hat,
dieser unsäglich stinkende Kompostumstecher aus Wintershof ist. Wir suchen
einen Mörder und haben dabei den miesesten Zeugen der Welt.« Wieder schlug
Morgenstern auf den Schreibtisch, sodass der Hörer vom Telefonapparat flog. »So
ein verdammter Mist! Und was soll ich jetzt dem Schneidt sagen? Und dem
Oberstaatsanwalt? Dass er den zwei Studenten einfach auf Verdacht den zweiten
Mord anhängen soll? Denn irgendwie bin ich mir sicher, dass sie es waren, auch wenn
keiner von beiden die kleinste Schramme am Bein hat.«
    »Und der Mountainbiker?«, gab Hecht zu bedenken.
    »Wahrscheinlich einfach nur dummer Zufall. Ein ganz
normaler Freizeitsportler zur falschen Zeit am falschen Ort«, meinte
Morgenstern.
    Hecht grinste: »Ja, ja: Sport ist Mord. Das Sprichwort
bekommt hier doch gleich eine ganz neue Bedeutung.«
    Auch Morgenstern musste kurz grinsen. Sport, dachte
er. Dann fiel es ihm siedend heiß ein: der Sportunterricht von Marius! Er hatte
vergessen, die Entschuldigung zu schreiben. Na gut, es würde bestimmt auch ohne
gehen. Es war ja offensichtlich, dass der Junge mit seinem Verband und seinem
Humpeln nicht mitmachen konnte. Das sollte selbst ein Blinder sehen.
    »Was schaust du denn so komisch?«, fragte Hecht, als
er Morgensterns grüblerische Miene sah.
    »Ach, nichts. Marius ist gestern barfuß in eine
Glasscherbe getreten, und jetzt humpelt er …« Hecht war irritiert. Was sollte
das denn nun? Sie hatten doch nun wirklich gerade wichtigere Probleme. Doch
Morgenstern schaute durch ihn hindurch, als wäre er unsichtbar. Dann schloss er
die Augen.
    »Was hast du denn? Ist dir nicht gut?«, fragte Hecht
nun ehrlich besorgt.
    »Marius humpelt …«, murmelte Morgenstern leise. »Ein
Mann müsste humpeln, wenn er vom Hund gebissen wurde … Aber da war doch einer …«
    Hecht

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