Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
Vom Netzwerk:
Mann in
Wintershof gesagt?«
    »Da sind Sie ja schon vorbereitet worden. Ja,
Theologieprofessor an der Katholischen Universität in Eichstätt. Ich bin
Inhaber des Lehrstuhls für Dogmatik. Joachim Heine.«
    »Herr Heine, ist Ihnen am Donnerstagmorgen in den
Steinbrüchen vielleicht etwas aufgefallen?«
    »Nein, wie denn auch? Ich war seit dem frühen Morgen
unten in Eichstätt und habe bei der großen Fronleichnamsprozession unsere Alma
Mater vertreten. Auch der Universitätspräsident und eine Reihe von Kollegen
waren anwesend, allerdings, wenn ich das so deutlich sagen darf, meiner Ansicht
nach viel zu wenig von ihnen.«
    »Ich war auch dabei, dienstlich allerdings, wenn Sie
verstehen, was ich meine, und hatte eigentlich schon den Eindruck, dass die
Prozession gut besucht war.« Morgenstern freute sich, dass er mit seiner
eigenen Teilnahme beim Professor punkten konnte.
    Heine musterte Morgenstern skeptisch, griff den Faden
aber nicht auf. »Nun ja, selbst bei den Professoren meiner Fakultät ist die
Teilnahme an dieser Prozession leider keine Selbstverständlichkeit mehr, von
den Vertretern der Pädagogik oder der Soziologie erst gar nicht zu reden. Es ist
wirklich beschämend, wenn eine katholische Universität in ihrer Außenwirkung so
nachlässig ist. Und ich muss gestehen, dass auch meine eigenen Studenten der
katholischen Theologie diese Chance zur Repräsentation ihres Faches kaum
nutzen. Zum Glück haben wir unsere Verbindungen, die Burschenschaften, die
offensiv und aktiv zeigen, dass es unsere Hochschule noch gibt.«
    »Stimmt, die sind mir auch aufgefallen«, warf
Morgenstern eifrig ein. »Mit ihren Säbeln und ihrer altmodischen Kostümierung.«
    Heine warf ihm einen vernichtenden Blick zu, war aber
in seiner Grundsatzrede nicht zu bremsen: »Wohin man auch blickt, man ist von
lauen Christen umgeben. Doch von denen spricht der Herr: ›Weil ihr lau seid,
darum spucke ich euch aus.‹« Die Augen des Professors, die eben noch einen so
freundlichen Eindruck gemacht hatten, blitzten nun wütend.
    Morgenstern grübelte erst noch darüber nach, was der
Professor mit dem Begriff »Alma Mater« gemeint haben könnte, beschloss dann
aber, dass es nichts wirklich Wesentliches gewesen sein konnte.
    »Und Ihre Gattin?«, fragte Hecht.
    »Die war selbstverständlich auch dabei. Allerdings
ganz am Ende des Zuges, bei den, wie soll ich es ausdrücken, bei den
Zivilisten.«
    »Die Frauen waren mal wieder das Fußvolk, typisch
Kirche«, schmunzelte Morgenstern, aber Heine ging auch darauf nicht ein.
    »Na, dann verabschieden wir uns wohl wieder«, sagte
der Oberkommissar, während Hecht schon seinen Notizblock einsteckte.
    Joachim Heine nickte. »Und ich sollte mich auch wieder
ums Abendessen kümmern. Gefüllte Paprika.«
    Instinktiv begann Morgensterns Magen zu rumpeln. Seit
dem Mittagessen in der Kantine hatte er nichts mehr in den Bauch bekommen, und
das war schon Stunden her.
    Doch Heine schien noch eine Frage unter den Nägeln zu
brennen: »Von dieser Sache im Steinbruch habe ich gar nichts mitbekommen. Ich
meine, es stand bestimmt etwas in unserem Lokalblättchen, aber ich lese lieber
die › FAZ ‹ und ab und an auch noch ›Die Welt‹.
Ehrlich gesagt finde ich es etwas sonderbar, dass Sie Menschen wie mich dazu
befragen.«
    »Wir ermitteln, wie man so schön sagt, in alle
Richtungen«, erklärte Morgenstern.
    »Und hat sich Ihre Befragung hier im Dorf wenigstens
gelohnt?«, fragte der Professor, und in seiner Stimme schwang eine Mischung aus
Mitleid und Neugier mit.
    »Nun ja, wir haben eben erst einen recht interessanten
Hinweis bekommen«, verriet Morgenstern. »Auf einen Radfahrer, der im Steinbruch
unterwegs gewesen sein soll. Das muss zwar noch lange nichts heißen, aber
wenigstens ist es ein Punkt, an dem wir weiterbohren können.« Morgenstern hielt
inne. »Eigentlich habe ich Ihnen damit auch schon viel zu viel verraten.«
    Joachim Heine lächelte schmal. »Nun, Sie müssen schon
selbst wissen, was Sie an die Öffentlichkeit weitergeben und was nicht. Aber
bei mir brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, für Klatsch und Tratsch war
ich noch nie zu haben. Ich bin ein Mann der Wissenschaft, kein Waschweib. Und
mit Menschen aus den Steinbrüchen habe ich auch noch nie etwas zu schaffen
gehabt, weder mit solchen, die dort arbeiten, noch mit denen, die sich dort aus
welchen Gründen auch immer herumtreiben.« Heines Stimme war leise, aber
eindringlich geworden. »Und nun bitte ich Sie, mich zu

Weitere Kostenlose Bücher