Vogelwild
paar
Leberwurstbrote und zwei Halbe Bier, mehr wird’s bei mir nicht geben. Was für
ein Tag!«
Fiona
hatte die beiden Jungs bereits bettfertig gemacht, aber an Schlaf war für
Bastian und Marius an diesem lauen Abend noch lange nicht zu denken. In ihren
Schlafanzügen standen sie in der Wohnungstür, als Morgenstern die Treppe
hinaufkam.
»Wo bleibst du denn so lange?«, fragte Bastian. »Wir
haben schon die ganze Zeit auf dich gewartet.« Sein Blick fiel auf die flachen
Schachteln: »Hey, ist das Pizza? Toll, die gab es doch neulich erst!«
»Dürfen wir mitessen?«, bettelte nun auch Marius.
»Bitte, Papa.«
Morgenstern, der dergleichen schon erwartet hatte,
hatte in weiser Voraussicht einige Stücke mehr mitgebracht. In den drei Kartons
stapelten sich Pizza Margherita und Pizza mit Schinken, Letztere dick mit
Knoblauchöl beträufelt und damit ausdrücklich den Erwachsenen vorbehalten. In
der Küche säbelte Morgenstern die Pizzen in kleinere Teile zurecht und
verteilte sie auf einem großen, rustikalen Holzbrett. Fiona hatte es sich
bereits draußen auf der Terrasse gemütlich gemacht, eine Flasche Wein und zwei
Gläser vor sich auf den Tisch gestellt und daneben zwei mit Holunderlimonade
gefüllte Gläser für die Kinder.
Mit einem demonstrativen Seufzer ließ sich Morgenstern
auf den Stuhl sinken. »Mann, bin ich jetzt vielleicht k. o.! Der Chef hat heute Nachmittag einen Anfall bekommen,
weil wir ihm angeblich zu langsam vorankommen. Dann ist ihm nichts Dümmeres
eingefallen als eine Massenbefragung. Der Spargel und ich mussten ganz
Wintershof nach Zeugen abklappern.«
»Und da gibt es keinen anderen, der so etwas machen
kann?«, wunderte sich Fiona. »Ich meine, das ist doch eine Zumutung.«
»Mir brauchst du das nicht zu sagen, aber wir saßen
leider am kürzeren Hebel.«
»Armer Mike«, tröstete ihn Fiona liebevoll.
Derweil entledigte sich Morgenstern seiner halbhohen
Turnschuhe, mit denen er den ganzen Tag unterwegs gewesen war. Dann zog er auch
noch die weißen Tennissocken aus und warf sie nachlässig auf die Seite. Das
Aroma war atemberaubend. Fiona verdrehte kurz die Augen, sagte aber nichts. Sie
war mit ihrem Mann lange genug zusammen, um seine Marotten zu kennen: Das
spontane Deponieren getragener und verschwitzter Socken neben oder unter dem
Esstisch gehörte dazu, leider.
Morgenstern freute sich, die Wintershofer Aktion und
vor allem seine Identifizierung des Urvogelfotos nun in angemessener
Ausführlichkeit zu schildern und damit bei Fiona ebenso wie bei den Kindern
Eindruck zu schinden, doch seine Gattin kam ihm mit einer Überraschung zuvor.
Als sie die beiden Weingläser gefüllt hatte, erhob sie
das ihre und blickte Morgenstern strahlend an. »Ich habe mir heute erfolgreich
eine Arbeit gesucht. Den Sommer über werde ich bei ›Bernies Boote-Bunker‹
mithelfen. Die können mich da dringend brauchen.«
Morgenstern war baff. »Du meinst, an der Altmühl, bei
diesem Typen, der uns am letzten Samstag die Kanus vermietet hat? Wie bist du
denn darauf gekommen?«
»Ganz einfach, der hatte einen Zettel ausgehängt, dass
er dringend Helfer sucht, den hatte ich schon am Samstag gesehen, aber nichts
gesagt. Heute früh bin ich einfach hingegangen, habe mich gemeldet, und die
haben mich sofort genommen.«
»Und das alles, ohne mit mir darüber zu reden?«,
fragte Morgenstern mehr beleidigt als erfreut.
»Ach, Mike, ich dachte, wir hätten ausführlich darüber
gesprochen, dass ich arbeiten will? Ich konnte ja auch nicht ahnen, dass es so
schnell gehen würde«, beschwichtigte ihn Fiona. »Jetzt probiere ich das halt
mal aus. Morgen ist mein erster Tag.«
»Was? Morgen schon?« Morgenstern war überrumpelt.
»Ja, um acht muss ich da sein. Dann laden wir ein paar
Boote auf einen Hänger, und ich fahre sie mit einem VW -Bus
altmühlaufwärts nach Dollnstein. Da warten schon ein paar Kunden auf mich, die
nach Eichstätt zurückpaddeln wollen. Ähnlich wie wir am letzten Samstag.«
»Aber die Kanus sind doch viel zu schwer für dich. Und
überhaupt: Bist du schon jemals mit so einem Kleinbus gefahren? Und dann noch
mit einem riesigen Anhänger! Das ist alles gar nicht so einfach. Darfst du das
führerscheinmäßig überhaupt?«
Morgenstern nahm einen kräftigen Schluck aus seinem
Weinglas, als müsste er seinen Groll hinunterspülen.
»Aber das ist doch super, wenn die Mama beim
Kanuverleih arbeitet«, mischte sich Marius ein. »Dann können wir uns Boote
ausleihen, sooft wir wollen.
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