Vogelwild
Landrover nach Eichstätt zu folgen.
So
kam es, dass die beiden Ermittler gemeinsam mit Rosa Aurich auf dem Campus der
Katholischen Universität Eichstätt aufmarschierten und bereits kurz vor zehn
Uhr vor dem Hörsaal 201 im zweiten Stock des Zentralgebäudes Stellung
bezogen hatten.
»Sie wissen, was Sie zu tun haben?«, vergewisserte
sich Morgenstern noch einmal bei seiner Kronzeugin. »Sobald Sie einen der
beiden Einbrecher entdecken, geben Sie uns Bescheid. Aber unauffällig, das ist
wirklich wichtig.«
Rosa Aurich hatte sich mit ihrem besten dunkelblauen
Sonntagskleid und einer beigefarbenen Strickweste herausgeputzt, am Arm trug
sie eine voluminöse Handtasche. »Das sollen die mir büßen«, wetterte sie jetzt
und nickte aufgeregt.
Gut zehn Minuten mussten sie warten, bis die ersten
Studenten eintrudelten, dann aber wollte der Strom kaum noch abreißen, der an
dem ungewöhnlichen Empfangskomitee vorbeidefilierte und im Hörsaal verschwand.
»Unauffällig ist was anderes«, flüsterte Hecht seinem
Kollegen zu, und tatsächlich staunten die Studenten das wartende Trio an, als
käme es geradewegs vom Mars.
»Die sind’s nicht, die sind’s auch nicht, die auch
nicht«, murmelte Aurich bei jedem Trüppchen Studenten, das die Treppe heraufkam
und dann den langen Gang Richtung Hörsaal entlangschlenderte.
»Frau Aurich, es reicht vollauf, wenn Sie sich auf die
männlichen Studenten konzentrieren«, reagierte Morgenstern genervt. »Die
Studentinnen dürfen Sie einfach kommentarlos ignorieren.«
Als schließlich nur noch vereinzelte junge Leute in
den Hörsaal hasteten, war Morgenstern und Hecht die Enttäuschung anzusehen.
»Das wird nichts mehr«, gab Hecht bitter auf, und auch Rosa Aurich schüttelte
bedauernd den Kopf.
»Ich könnte sowieso nicht mehr lange stehen«, sagte
sie dann leidend. »Seit meiner Hüftoperation geht einfach alles ein bisschen
schlechter. Es ist halt nichts, wenn der Mensch alt wird …«
Morgenstern atmete tief ein und lang aus. Das Gejammer
konnte er jetzt nicht auch noch ertragen.
Doch in diesem Moment deutete Rosa Aurich mit der
rechten Hand so aufgeregt in Richtung Treppe, dass ihre Handtasche in hohem
Bogen davonflog. »Das sind sie, da kommen sie! Herr Kommissar, schnell, das
sind die beiden! Sie müssen sie festnehmen!« Aurichs Stimme überschlug sich
fast, und natürlich war sie so laut, dass man damit Tote hätte aufwecken
können.
Drei Männer waren die Treppe heraufgekommen: In der
Mitte ging, wie Morgenstern auf den ersten Blick erkannte, Professor Dr.
Joachim Heine, rechts und links wurde er von zwei Studenten flankiert, beide
männlich und Mitte zwanzig. Es dauerte eine Schrecksekunde, bis sie auf Rosa
Aurichs Alarm reagierten: Die beiden Studenten stutzten kurz, und ihre Münder
blieben in der Bewegung offen stehen, als sie die etwa zwanzig Meter entfernte
Rentnerin entdeckten, die immer noch mit wedelndem, ausgestrecktem Arm auf sie
deutete. Auch Hecht und Morgenstern waren in eine Schreckstarre verfallen, doch
dann rannte Morgenstern los. Im selben Augenblick erfassten auch die jungen
Männer die Situation, drehten sich um und stürmten die lange Treppe hinab.
»Schnell, Spargel, hinterher!«, brüllte Morgenstern,
woraufhin sich auch sein Kollege in Bewegung setzte und sogar darauf
verzichtete, sich über seinen Rufnamen zu beschweren. Es war der Professor, der
sie aufhielt, indem er ihnen mit weit ausgebreiteten Armen den Weg versperrte.
»Sagen Sie mal, was ist denn hier los?«, donnerte er ihnen
entgegen. »Sie sind in einer Universität! Hier geht es zivilisiert zu.«
Morgenstern ignorierte Heine, drückte ihn energisch
zur Seite und trampelte die Treppe hinab, wobei ihm seine Cowboystiefel mit
ihren hohen, klobigen Absätzen wieder einmal keine große Hilfe waren. Hecht,
der nur wenige Meter dahinter folgte, war es, der, so laut er konnte, brüllte:
»Halt, stehen bleiben! Polizei!«
»Bleiben Sie stehen, Sie sind festgenommen!«, stimmte
daraufhin auch Morgenstern ein. »Sie sind festgenommen!«
Allerdings entpuppte sich das als keine ganz korrekte
Feststellung, sondern allenfalls als eine Androhung, eher aber noch eine
Wunschvorstellung. Die beiden Flüchtigen dachten gar nicht daran, sich zu
ergeben, sondern hetzten nun auch die zweite Treppe hinab, in Richtung
Hauptausgang des großen Vorlesungsgebäudes. Nachdem sie die schwere Metalltür
aufgedrückt hatten, überquerten sie im Spurt den gepflasterten Hauptplatz vor
der Universität, an den
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