Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)
bei mir – aber ihr Wunsch war mir Befehl.
»Erzähl’ mir von diesem Senecoza«, bat sie mich, und ich freute mich über diese Gelegenheit. Aber im nächsten Augenblick fragte ich mich, was ich ihr eigentlich sagen konnte. Dass Hyänen einen kleinen Massai-Häuptling gefressen hatten? Dass die Eingeborenen den Fetischmann fürchteten? Dass er ihr nachgesehen hatte?
Plötzlich schrie das Mädchen laut auf, als eine undeutliche Form aus dem hohen Gras sprang. Sie war im Mondlicht nur halb zu erkennen.
Dann krachte eine schwere, haarige Gestalt auf meine Schultern, und angriffslustige Reißzähne verbissen sich in meinen ausgestreckten Arm. Ich ging zu Boden und wehrte mich mit der unbändigen Kraft des Entsetzens. Meine Jacke hing in Fetzen von meinem Körper, und die Reißzähne bohrten sich schon in meine Kehle, bevor ich mein Messer gefunden und herausgezogen hatte und blindwütig damit um mich stach. Ich spürte, wie die Klinge meinen Gegner aufriss, und im nächsten Moment verzog er sich wie ein schwarzer Schatten. Ich erhob mich taumelnd und blieb schwankend stehen. Das Mädchen hielt mich fest und half mir, mich zu beruhigen.
»Was war das?«, keuchte sie, als sie mich zum Zaun führte.
»Eine Hyäne«, antwortete ich. »Ich habe sie am Gestank erkannt. Aber ich habe noch nie gehört, dass eine einen Menschen auf diese Art angegriffen hätte.«
Sie erschauderte. Später, als mein zerrissener Arm verbunden war, kam sie ganz nahe zu mir heran und sagte mit wunderbar gedämpfter Stimme: »Steve, ich habe beschlossen, nicht in das Dorf zu gehen, wenn du es nicht möchtest.«
Als die Wunden an meinem Arm vernarbt waren, ritten Ellen und ich wieder regelmäßig aus; vermutlich hatte auch niemand etwas anderes erwartet. Eines Tages begaben wir uns ziemlich weit hinaus auf die Steppe und sie forderte mich zu einem Rennen heraus. Ihr Pferd hängte meines mit Leichtigkeit ab. Schließlich hielt sie an und wartete lachend auf mich. Sie stand auf einem kleinen Hügel und zeigte auf eine Baumgruppe in einiger Entfernung.
»Bäume!«, sagte sie fröhlich. »Lass uns dort hinreiten. In der Steppe gibt es doch nur so wenige Bäume.«
Schon galoppierte sie den Hang hinunter. Ich folgte ihr, aber mein Instinkt riet mir, vorsichtig zu sein, und so öffnete ich mein Pistolenhalfter und zog mein Messer heraus und steckte es in meinen Stiefel, sodass es nicht mehr zu sehen war.
Wir hatten die Bäume bereits halb erreicht, als Senecoza und vielleicht zwanzig Krieger aus dem hohen Gras um uns herum auftauchten und sich auf uns stürzten.
Einer packte das Zaumzeug von Ellens Pferd, die anderen warfen sich auf mich. Derjenige, der Ellen angegriffen hatte, ging mit einer Kugel zwischen den Augen zu Boden, mit meinem zweiten Schuss streckte ich einen weiteren Krieger nieder. Dann warf mich eine geworfene Kampfkeule aus dem Sattel. Nahezu bewusstlos sah ich, wie die Schwarzen mich umzingelten. Ich hörte, wie Ellens Pferd, von der Spitze eines verirrten Speeres in Todesangst versetzt, laut wieherte und sich aufbäumte, sodass die Schwarzen, die es festhielten, auseinandersprangen und das Tier in vollem Galopp davonpreschte, die Speerspitze im Maul.
Senecoza stieg auf mein Pferd und nahm die Verfolgung von Ellen auf. Er rief noch einen kurzen Befehl über seine Schulter und die beiden Reiter verschwanden hinter dem Hügel.
Die Krieger fesselten mich an Händen und Füßen und schleppten mich zwischen die Bäume. In deren Mitte stand eine typische Eingeborenenhütte aus Stroh und Rinde. Aus irgendeinem Grund ließ mich ihr Anblick erschaudern. Sie schien zwischen den Bäumen zu lauern, abstoßend und unbeschreiblich bösartig; in mir stiegen vage Gedanken an grauenvolle, obszöne Riten auf, an Voodoo.
Ich weiß nicht, weshalb, aber der Anblick einer einsamen Eingeborenenhütte, weit weg von einem Dorf oder einem Stamm, erweckt in mir stets ein Gefühl maßlosen Schreckens. Möglicherweise kommt es daher, dass nur ein Schwarzer, der verrückt oder kriminell geworden ist und deshalb von seinem Stamm verstoßen wurde, je so leben würde.
Sie warfen mich vor der Hütte auf den Boden.
»Wenn Senecoza mit dem Mädchen zurückkehrt«, sagten sie, »wirst du dort hineingehen.« Sie lachten teuflisch. Dann verschwanden sie wieder, doch einer von ihnen blieb zurück, um sicherzugehen, dass ich nicht floh.
Der Schwarze versetzte mir heftige Tritte. Er sah bestialisch aus und war mit einer Muskete bewaffnet.
»Sie ziehen los, um
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