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Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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mich krampfhaft. »O Michael, lass uns gehen!«
    »Warte!« Ein unüberwindbarer Drang überkam mich. »Bevor ich gehe, muss ich sehen, was sich dort oben verbirgt.«
    Sie schrie verzweifelt auf und umklammerte mich noch fester.
    »Nein, Michael, bitte nicht! Bei Gott, du weißt nicht, was du da sagst! Es ist ein schreckliches Wesen, nicht von dieser Welt – ein grauenhaftes Wesen von irgendwo dort außerhalb! Menschliche Waffen können ihm nichts anhaben. Geh nicht – um meinetwillen, Michael, geh nicht! Wirf dein Leben nicht weg!«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Es geht mir nicht um Heldenmut, Marjory, oder um reine Neugier. Ich schulde es den Kindern – den hilflosen Bürgern dieser Stadt. Hat Stark nicht gesagt, dass das Biest aus seinem Gefängnis ausbrechen wird? Nein, ich muss mich ihm jetzt entgegenstellen, so lange es noch in diesem Haus gefangen ist.«
    »Aber was kannst du schon mit deiner kümmerlichen Waffe ausrichten?«, weinte sie händeringend.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Aber eines weiß ich – dass dämonisches Verlangen nicht stärker ist als menschlicher Hass, und dass diese Klinge, die in alten Zeiten Hexen, Zauberer, Vampire und Werwölfe geschlagen hat, es auch mit den widerwärtigen Armeen der Hölle aufnehmen kann. Geh! Nimm den Hund und lauf so schnell du kannst nach Hause!«
    Trotz ihrer Proteste und ihres Flehens löste ich mich aus ihrer Umklammerung, schob sie sanft nach draußen und schloss mit einem Blick auf ihr verzweifeltes, tränenüberströmtes Gesicht die Tür. Dann nahm ich die Kerze und lief schnell in die Diele hinaus, an die der Vorratsraum anschloss. Die Treppe lag dunkel und bedrohlich vor mir – ein schwarzer Quell der Schatten. Plötzlich erlosch die Kerze in meiner Hand durch einen schwachen Luftzug. Ich durchsuchte meine Taschen, musste jedoch feststellen, dass ich kein weiteres Streichholz bei mir hatte, um sie wieder anzuzünden. Der Mond schien schwach durch die weit oben liegenden kleinen Fenster, und in diesem fahlen Schein schritt ich die dunklen Stufen hinauf, unaufhaltsam von einer Kraft getrieben, die stärker war als jede Furcht, das Schwert meiner kriegerischen Vorfahren fest in meiner Hand.
    Die ganze Zeit war das Getöse der riesigen Hufe, die hin und her stampften, von oben zu hören. Mit jedem Stampfen gefror mir das Blut in den Adern, und kalter Schweiß bedeckte meinen kalten Körper. Ich wusste, dass dieses Trampeln nicht von irdischen Füßen stammte. All die düsteren, schreckensreichen Ahnungen, die sich hinter uralten Ängsten verbargen, drangen flüsternd in meinen Geist ein. Bilder von vagen fantastischen Gestalten, die in meinem Unterbewusstsein lauerten, erhoben sich zu fürchterlicher, gigantischer Größe, und all die Erinnerungen an längst vergessene, grausame Völker erwachten erneut und suchten meinen Verstand heim. Jeder Widerhall der schwerfälligen Tritte erweckte in meiner Seele entsetzliche, nebelhafte Bilder blasser Erinnerungen, aber ich ging dennoch weiter.
    Die Tür am Ende der Treppe war mit einem Schnappschloss versehen – scheinbar von innen und außen, denn als ich die Klammer gelöst hatte, ließ sich die massive Tür trotzdem nicht öffnen. Hinter der Tür war weiterhin das elefantöse Stampfen zu hören. Wie im Rausch – ich fürchtete, meine Entschlossenheit könnte schreiender, panischer Verzweiflung weichen – schlug ich mit meinem Schwert dreimal kräftig auf die Tür ein, sodass die Latten zersplitterten. Dann stieß ich die zerstörte Tür ganz auf und betrat das Zimmer.
    Das Obergeschoss bestand aus einem einzigen großen Raum. Er wurde durch schwaches Mondlicht erleuchtet, das durch die fest vernagelten Fenster hereinschien. Das große Zimmer wirkte gespenstisch – das Licht fiel in weißen Balken auf ein Meer aus wogenden Schatten. Unwillkürlich entfuhr mir ein unmenschlich klingender Schrei.
    Vor mir stand der fleischgewordene Schrecken. Im Mondlicht erkannte ich vage eine albtraumhafte, wahnwitzige Gestalt. Doppelt so groß wie ein erwachsener Mann, waren ihre Konturen denen eines Menschen nicht unähnlich, doch ihre riesigen Beine endeten in gigantischen Hufen, und statt Armen wanden sich ein Dutzend Tentakel wie Schlangen um den riesenhaften, massigen Körper. Die fleckige, reptilienartige Haut der Kreatur erinnerte mich an einen Leprakranken, und als sie sich geifernd mit blutbefleckten Wangen zu mir umdrehte und mich aus brennenden Augen anfunkelte, die aus Millionen Facetten zu

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