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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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oder Prosa die Taten der Helden erzählt wurden - ob sie nun Halbgötter, Königssöhne oder Bastarde von Göttinnen und Schäfern waren -, fiel Gefangenen immer etwas Ironisches oder Forsches ein, das sie ihren Kerkermeistern an den Kopf werfen konnten. Arekh spürte, dass der Seelenleser sich gefreut hätte, wenn sein Gefangener geantwortet hätte. Er wäre entzückt gewesen, ein Turnier des schwarzen Humors zu beginnen, von dem er später, wenn er wieder an die Erdoberfläche emporstieg, seinen Kollegen und den schönen Damen des Ratsgebäudes hätte berichten können, die ihm mit mild entsetztem Gesichtsausdruck gelauscht hätten, ebenso fasziniert wie abgestoßen.
    Aber Arekh hatte nichts zu sagen. Er konnte die Augen nicht vom Gesicht des Säuglings abwenden, der mit verkniffenem
Mund schlief, als ob er selbst litt oder das Leid seiner Mutter teilte.
    Der Seelenleser seufzte enttäuscht. »Gut. Bevor wir ein ernsthaftes Gespräch beginnen, muss ich Euch die rituellen Formeln wiederholen. Ihr habt sie schon gehört, nehme ich an. › Vatermord ist ein Verbrechen, das nicht gesühnt werden kann, denn die Götter wenden ihren Blick von dem ab, der die Fäden durchschneidet, aus denen sein Leben geknüpft ist. Reynes übt Verbrechern gegenüber keine Gnade, da sie selbst keine Gnade geübt haben.‹ Kurz und gut …«
    Der Seelenleser drehte sich um und gab den Wachen einen Wink, die fast unsichtbar am Rand der Höhle standen. Einer der Soldaten ging mit einem Tablett, einem Weinkrug und einem Glas zu ihm hinüber. Der Seelenleser schenkte sich langsam etwas ein, während der Soldat sehr aufrecht vor ihm stand; nachdem er getrunken hatte, stellte er das Glas wieder auf dem Tablett ab.
    Der Wächter entfernte sich.
    »Kurz und gut, Ihr habt keine Chance«, fuhr der Seelenleser lächelnd fort. »Um es melodramatisch zu formulieren: Ihr werdet Reynes nicht mehr lebend verlassen, also klammert Euch nicht an diesen Gedanken. Aber es gibt zahlreiche Arten zu sterben, und viele von ihnen sind unangenehm …«
    Plötzlich ertönte unerwartet Lionors Stimme: »Ihr solltet die Ratsassistenten bitten, Euch Eure Reden zu schreiben. Eure sind nämlich erbärmlich.«
    Arekh hob abermals den Kopf. Also war Lionor diejenige, die sich entschlossen hatte, die Rolle des großsprecherischen Helden zu übernehmen. Und das, obwohl sie verletzt, erschöpft und verzweifelt war und ihr Kind in den Armen hielt.

    Ein Bild kehrte ihm ins Gedächtnis zurück: Lionor mit zornesfunkelnden Augen im Schlamm der Tränenstadt. Lionor ist stärker als ich , hatte Marikani einmal zu ihm gesagt. Ich habe sie noch nie weinen sehen.
    Der Seelenleser warf der jungen Frau einen finsteren Blick zu, sah dann aber wieder Arekh an. »Ihr wisst natürlich, warum Ihr hier seid, Eleni Morales. Auf Vatermord steht die Todesstrafe, und wenn wir uns an die übliche Vorgehensweise gehalten hätten, wärt Ihr bereits hingerichtet worden. Aber wir haben Euer Urteil in die religiöse Exiis- Strafe umgewandelt. Wie die hier anwesende Ehari Lionor Mar-Arajec seid Ihr in der Gegenwart des absoluten Bösen gewesen. Das Feuer der Abgründe hat Euch versengt, Eure Seele verderbt und sich zwischen Euch und den Blick der Götter gestellt. Wir haben Lionor Mar-Arajec schon mehrfach Gelegenheit gegeben, dem bösen Einfluss der Demeana abzuschwören, die Gnade der Götter zu erflehen und ihre Seele zu reinigen, um dann einen friedlichen Tod zu finden. Aber sie hat das abgelehnt: So stark ist die Kraft der düsteren Klauen des Abgrunds, die im Laufe der Jahre Zeit hatten, ihr das Herz zu zerfleischen! Aber Ihr seid nur für kürzere Zeit den Lügen und Verführungskünsten der Demeana ausgesetzt gewesen. Vielleicht seid Ihr weniger befleckt. Als ich Euch in Salmyra gesehen habe, wirktet Ihr noch nicht geisteskrank …«
    Arekh hob den Kopf und musterte den Seelenleser. Das Gesicht des Mannes sagte ihm nichts. Sicher hatte er zu Laosimbas Delegation gehört und an der Beratung teilgenommen. Damals war Arekh zu abgelenkt gewesen, als dass er genauer auf die Seelenleser geachtet hätte.
    »Demeana?«, wiederholte er fragend.

    Es war das erste Mal, dass er dieses Wort hörte, aber es schien aus zwei religiösen Begriffen zusammengesetzt zu sein, Dem , der »Düsternis der Abgründe«, und Ana , »böse Frau«.
    »Diejenige, die sich ›Ayesha‹ nennen lässt«, erklärte der Mann. »Die Tochter des Gottes, dessen Namen man nicht nennt.«
    »Marikani?«, fragte Arekh, ohne ein

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