Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
Vom Netzwerk:
Ihr müsst nur darum bitten. Wir werden einen Boten zu denen schicken, die in den Wäldern auf Euch warten, und ihnen sagen, dass Ihr Selbstmord begangen habt.
Aber entscheidet Euch, denn Ihr habt mich schon sehr viel Zeit gekostet, und ich habe noch etwas anderes zu tun.«
    Marikani sah wieder klar.
    Sie betrachtete den Herrn der Verbannten, Bara, das Deck und den anbrechenden Tag.
    Dann straffte sie die Schultern und trank einen Schluck Tee.
     
    »Wo ist Harrakin?«, fragte Arekh.
    Drei Stunden waren vergangen, seit Laosimba gegangen war. Lionor und Arekh hatten sich auf den Boden fallen lassen und saßen nun gegen die Wand gelehnt da, so weit wie möglich von dem Tablett mit dem Gebäck und Tee entfernt.
    Vashni und Banh warteten schweigend mit ihnen.
    »Ayashi Harrakin ist auf dem Weg nach Reynes angegriffen worden«, erklärte Banh, den Blick aufs Parkett gerichtet, als könne er sich nicht entschließen, ihnen ins Gesicht zu sehen. »Die Karawane hat es überstanden, aber ein Großteil der Männer der Eskorte ist niedergemetzelt worden. Seitdem haben wir kein Lebenszeichen mehr von ihm.«
    »Ich verstehe das alles nicht«, sagte Arekh langsam.
    »Wir auch nicht. Vielleicht sind seine Botenvögel …«
    »Nein.« Arekh hob die Hand und deutete auf Lionor. »Nein. Sie … ich … Ihr wollt mit Laosimba verhandeln, um uns zurückzuholen? Harrakin will uns aus diesen Kerkern holen? Aus reiner Herzensgüte? Entschuldigt bitte, wenn ich das nicht glaube.« Seine Stimme war nur ein heiseres Krächzen. »Also warum?«
    Banh und Vashni sahen einander einen Moment lang
an. Lionor hatte den Kopf gehoben und starrte Banh mit ausgehungerten Augen an.
    »Unsere Verurteilung wegen Häresie ist noch immer gültig«, fuhr Arekh fort. »Ihr wärt gezwungen, uns hinzurichten. Ob nun in Harabec oder hier … Was spielt das für eine Rolle?«
    Wieder herrschte Schweigen. Dann fand Vashni endlich den Mut zu sprechen. »Ja, Ihr würdet hingerichtet werden. Aber als Verräter - ein weltlicher Urteilsspruch, vom König von Harabec gefällt.«
    »Ihr würdet aber … mein Kind retten?«, stammelte Lionor. »Ein Kind von drei Monaten kann doch nicht als Verräter hingerichtet werden? Vashni? Du würdest den Kleinen doch retten?«
    »Ja, ja, natürlich. Wenn wir Laosimba überzeugen können, verspreche ich dir das, Lionor«, murmelte Vashni mit Tränen in den Augen. »Ich werde ihn retten und mich um ihn kümmern. Aber … aber ich fürchte …« Sie holte tief Atem und rang um Fassung. »Ich habe den Eindruck, dass Laosimba gar nicht verhandeln will. Dass er uns einfach zeigen will, was er euch angetan hat, um Harrakin zu drohen …«
    »Um Harrakin zu drohen?«
    In Arekhs schmerzendem Kopf setzten sich die Einzelteile zu einem Ganzen zusammen. Eine schreckliche Migräne ließ seine Schläfen pochen, aber er hatte nun einmal das Talent, zwischen den Zeilen zu lesen, Machtkämpfe zu durchschauen, Motive zu erspüren. Selbst im Sterben - starb er denn? Nein, eigentlich nicht, noch nicht, aber es würde sicher nicht mehr lange dauern - arbeitete sein Verstand.
    »Wenn wir in Reynes als Häretiker verurteilt werden,
schafft das einen Präzedenzfall«, sagte er langsam. »Ist es das? Laosimba hat mit uns begonnen - aber er wird sich nicht auf uns beschränken. Wir sind nicht die Einzigen, die vom ›Kontakt mit der Demeana befleckt‹ sind. Ihr«, sagte er und sah Vashni an. »Ihr, Banh. Die meisten Adligen bei Hofe. Und …«
    Banh und Vashni warteten.
    »Und Harrakin.«
    Vashni nickte langsam.
    »Laosimba will also Harrakins Kopf?«, fragte Arekh. »Er hegt solchen Zorn auf Harabec?«
    »Er kann den König und den halben Hof zu Fall bringen«, sagte Banh langsam. »Danach wäre es ihm ein Leichtes, die Königsdynastie von Harabec für verderbt zu erklären. Er wird einen Ratsherrn aus Reynes nach Harabec schicken, um das Land zu verwalten - und dann wäre Harabec das siebzehnte Fürstentum von Reynes. Also gilt es, wie Ihr ganz richtig sagt, den Präzedenzfall um jeden Preis zu vermeiden. Deshalb versuchen wir, Euch ›zurückzuholen‹.«
    Laosimba wird uns niemals gehen lassen , begriff Arekh.
    Sie waren Trophäen. Vogelscheuchen, mit denen man Laosimbas künftige Opfer in Angst und Schrecken versetzen konnte.
    Neue Tränen begannen über Lionors Wangen zu strömen.
     
    »Wir brauchen Hilfe«, sagte Marikani geradeheraus. »Samara an der Küste von Kinshara verfügt über die größten Werften in den Königreichen. Ich will durch die

Weitere Kostenlose Bücher