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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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Der Spakowitsch … also nein. Der täte das nie. Der Pfarrhofer … na ja. Möglich. Der ORF   2 … auch möglich. Ist zwar eigentlich ein Netter, würde aber das Täterprofil des stillen Wassers erfüllen.»
    «Wer ist eigentlich der da?», fragte Suchanek. «Der … Vierte von links?»
    Der Vierte von links war ein ausnehmend bleicher Jüngling, der ein wenig wie der Murnau-Nosferatu aussah. Nur mit Haaren. Wenn man die dünnen schwarz gefärbten Strähnen, die fett an seiner Stirn klebten, so nennen wollte.
    «Das ist der Keller Gerry. Ja, stimmt eigentlich. Der wäre auch ein Kandidat. Aber den würden sie doch gleich kriegen, weil der hätte wahrscheinlich auch neben das Feuer geschissen.»
    «Wieso?»
    «Schau ihn dir doch an. Das ist ein richtiger Nerd, der von seinen Computerspielen nicht wegkommt. Und angeblich ist der auch ein Ritzer. Schneidet an seinen Armen herum und so. Gegen den bist du normal.»
    «Na ja», sagte Suchanek. «Wenigstens gegen einen.»
    Draußen hatte der Spakowitsch gerade eine Idee. «Bis wann könnten wir denn eigentlich die Pumpe repariert haben?»
    «Ich brauch nur ein neues Ventil», sagte der Neuner-Ranreiter. «Wenn wir im Feuerwehrhaus eines haben, dann ist das in einer Stunde erledigt.»
    «Gut. Schauen wir einmal. Wenn wir das zusammenbringen, dann haben wir morgen einen Einsatz.»
    Suchanek war heilfroh, als er sich endlich wieder auf den Heimweg machen konnte. In seiner Tasche hatte er alles, was er brauchte. Und um Irritationen wie zum Beispiel unerwünschte Zeugenschaften zu vermeiden, nahm er sich fest vor, nur mehr mit geschlossenen Augen zu kiffen.
    Als er aus der zweiten Schikanen-Kurve, die die Sackgasse zu bieten hatte, auf die letzte Gerade vor dem Haus seiner Eltern kam, sah er neben der Einfahrt ein Auto stehen. Ein BMW irgendwas, mit Heckspoiler, Bodenschürzen, breiten Reifen, das volle Programm, das man als junger Mann von Geschmack hierorts so haben musste. Auf der Heckscheibe stand in roter Heavy-Metal-Frakturschrift: «Powerbauer». Suchanek rollte langsam an dem Wagen vorbei und blieb stehen, um das Gartentor zu öffnen. Zwei Männer stiegen aus und gingen auf ihn zu.
    Die Mantlers.
    Suchanek war ja nun nicht so der Gefühlsmensch. Aber jetzt hatte er eines. Und das sagte ihm ziemlich laut, dass diese Unterhaltung nicht so angenehm werden würde. Er steckte seine linke Hand in die Hosentasche, um wenigstens nur mehr eine zu haben, mit der er nichts anzufangen wusste. Dort umkrampfte sie das Sackerl vom Grasel. In schwierigen Situationen brauchte jeder ein wenig Halt.
    «Grüß Gott», sagte er dann. Sonst grüßte er eigentlich nie so klassisch katholisch. Aber er stand ja auch selten Menschen gegenüber, denen jemand gerade die Ehefrau und Mutter verbrannt hatte.
    «Hallo», sagte Gregor. Seine Augen waren gerötet. Wahrscheinlich hatte er geweint. Der alte Mantler nickte Suchanek zu. «’n Abend.»
    «Mein Beileid», sagte Suchanek hastig, weil man das halt so sagte und weil es ihm angebracht erschien, den Mantlers nicht völlig die Initiative zu überlassen.
    «Danke», sagte der alte Mantler. «Du kannst dir ja wohl denken, warum wir hier sind.»
    Suchanek nickte. «Wegen der Nidetzky. Oder dem Dreier. Oder sonst irgendwem, der euch erzählt hat, dass ich den Mörder ganz genau gesehen habe.»
    «Und?», fragte Gregor. «Hast du?»
    «Nein, hab ich nicht. Ich hab ihn nur ganz kurz gesehen. Und auf die Entfernung …»
    Gregor schloss die Augen und fuhr sich mit der flachen Hand über die Haare. «Wie war denn das genau? Was hat er gemacht?»
    Suchanek schüttelte den Kopf. «Nichts. Also, nichts mehr. Es hat gerade angefangen so richtig zu brennen, und er ist einfach nur am Rand von dem Pappelwald gestanden. Und dann war er weg.»
    Suchanek kannte den alten Mantler als einen Mann, der gewohnt war, dass man tat, was er sagte. Ein Herrenbauer vom alten Schlag, dessen Selbstbewusstsein die solideste Basis hatte, die sich ein Bauer vorstellen konnte: Besitz. Aber jetzt war er einfach nur ein alter, müder Mann.
    «Hast du sie eigentlich auch gesehen? Also, meine Frau?», fragte er.
    «Nein. Ich sag ja, es hat schon gebrannt. Die heilige Johanna muss wohl schon vorher …»
    Suchanek wusste ja, warum er das Reden nicht so ungemein schätzte. Wenn sich alle Leute immer nur freundlich, aber konsequent anschweigen würden, käme viel weniger Blödsinn heraus.
    «Wie nennst du meine Frau?», fragte der Fünfer gedehnt.
    «Tut mir leid. Das ist mir so

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