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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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daß es erwachte, und ihm vor den Kopf schösse, aber gerade in die Mitte des weißen Sterns daselbst und so, daß sein Blut die Prinzessin benetzte, so würde sie aus dem Zauberschlafe erwachen; träfe er aber nicht also, so wäre sein Tod gewiß. Nun rath ich dir Frau, wecke mich nicht zum dritenmale mit deinen beschwerlichen Träumen.« Damit drehte er sich um und fing bald wieder an zu schnarchen. Sobald aber die Frau dies hörte, zog sie ihm zum drittenmal eine Feder aus. Jetzt ward der Popanz ganz wüthend und wollte sie zum Bette hinauswerfen. Er schrie: »Weib, du mußt besessen sein, mich schon wieder so zu rupfen, ich glaube, daß ich blute.« Sie versicherte ihn aber, sie habe sich bloß an ihm fest gehalten aus Furcht vor einem Traum, der sie befallen. »Nun was hast du denn schon wieder geträumt?« fragte er. »Ich träumte, daß ein Königssohn in seinem Garten einen schönen Weinstock hätte, der sonst so schöne Trauben getragen, plötzlich aber unfruchtbar geworden und verdorret, und so wie er verdorret, so vergeht auch der Prinz: sage mir lieber Mann, ist das wohl wahr?« »Allerdings, verwünschte Träumerin.« – »Nu sage mir das, lieber Mann, was man wohl thun müßte, um den Weinstock wieder grünen und den Prinzen gesund zu machen?« – »Man muß in das Hühnerhaus, welches dort auf dem Hof ist, und wird da einen schönen bunten Hahn finden, der nicht zu den Hühnern gehört, den muß man nehmen; doch was sage ich vor dummes Zeug? man muß auch dazu wieder eine von meinen Federn haben.« – »I nu, lieber Mann, erzähle nur aus.« »Man nimmt den Hahn und trägt ihn zwischen 12 und 1 Uhr zu dem Weinstock: hier steckt man ihm meine Feder in seinen Schnabel und sogleich wird er anfangen zu graben, und so lange fortfahren, bis 3 Kröten herauskriechen. Diese Kröten soll man nehmen, und sogleich verbrennen, und die Asche davon auf die Wurzeln der Rebe streuen und sie mit Erde bedecken, und noch den Prinzen mit meiner Feder berühren. Alsbald wird er wieder blühen und der Prinz genesen. – Nun aber sage ich dir, wecke mich nicht wieder auf zum vierten Male.« – Kaum war er eingeschlafen, so reichte die Frau die drei Federn dem Pastetenbäcker, der unter dem Bette lag, mit diesen Worten: »Verwahre sie; du hast gehört, was mit ihnen zu thun ist: und ich weiß nicht, wie ich die andern kriegen werde.« Damit drehte sie sich zu ihrem Mann und rieß ihm die vierte aus. Der sprang aus dem Bette vor Wuth und Schmerz und gab seiner Frau zwei derbe Stöße. »Du Unhold du, werd' ich vor dir gar nicht schlafen können diese Nacht! Ich glaube, du rupfst mir wirklich meinen Schwanz.« – »Ach lieber Mann, ich fange an zu glauben, daß ich behext bin; da hatte ich wieder einen fatalen Traum: mir träumte von einem häßlichen Königssohn, der mich liebhaben wollte und küssen, und er war so abscheulich häßlich, daß ich mich so entsetzte und mich an deinem Schwanz festhielt.« »Nun wahrlich, er muß sehr häßlich gewesen sein, daß du mich so gezupft hast!« – »Ach ja, stelle dir vor eine Figur von kaum zwei Fuß, hinten und vorn mit einem Buckel, einem Kopf, der so breit ist, als sein ganzer mißgeschaffener Leib lang ist, und darauf eine Nase, die noch mit drei andern kleinern Nasen besetzt ist, und rothe Augen.« Hierüber konnte sich der Popanz des Lachens nicht enthalten und er rief aus: »Aha, du hast den Prinzen Kabubulusch gesehen!« – »Ei lieber Mann, also giebt es solch einen?« – »Ja, und seine Mutter ist dazu eine der schönsten Frauen, die man sehen kann, und Fee zugleich?« – »Aber, kann sie ihm denn keine andere Gestalt geben?« – »Nein, es sei denn, daß der Hahn, von dem ich vorhin gesagt habe, seine Gestalt wieder kriegt, dessen Mutter ihn verwünscht hat, dadurch, daß man ihm die Sporn abschneidet und sie in des Prinzen Fersen steckt. Nun aber schlafe.« Er thats, aber sie ließ ihn nicht lange schlafen, sondern riß mit aller Gewalt noch eine Feder aus und schrie dabei fürchterlich. »Ach lieber Mann, schon wieder ein schrecklicher Traum!« – »Du hörst die ganze Nacht nicht auf zu träumen und mich zu zupfen; sieh, wenn ich dir nicht so gut wäre, so fräße ich dich auf der Stelle: ich habe heut so nicht viel gefressen und rieche beständig Menschenfleisch. Was hast du denn wieder geträumt?« – »Ich träumte, daß du ausgegangen warest, und plötzlich trat ein Fremder herein, der einen Kasten auf dem Rücken trug, worin Tag und Nacht sein sollte.

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