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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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seine Gänge zur Höle des Ueberflusses und von da zu dem Goldschmidt nach Magdeburg fort.
    Nun begab es sich, daß sein Herr, der Graf von Falkenstein, zu seiner bevorstehenden Vermählung mit seiner schönen Braut bei demselben Goldschmidt, den sein Schäfer so reichlich mit Golde versorgte, Ringe und anderes kostbares Geschmeide bestellte. Er erstaunte, als ihn der Goldschmidt fragte, ob er gewöhnliches oder Tidianisches Gold haben wollte, denn ihm war wohl bekannt, daß in seinen Waldungen ein ganzer Distrikt seit langer Zeit den Namen des Tidian führe. Auf seine Frage, was das für Gold sei und woher er es erhielte, belehrte ihn der Goldschmidt, daß das Tidianische Gold das schönste und reinste sei, was man bis jetzt kenne, und daß ein alter Schäfer ihm von Zeit zu Zeit davon bringe. Der Graf von Falkenstein, nur noch neugieriger durch diese Antwort gemacht, bat den Goldschmidt, ihn rufen zu lassen, sobald sein Goldlieferant zu ihm käme. Nicht lange, so erhielt der Graf die Nachricht, daß der Schäfer da sei, und er säumte nicht, sich sogleich zu dem Goldschmidt zu begeben. Hier fand er nun, zu seinem großen Erstaunen, in der Person des Goldmännchens seinen alten, wohlbekannten Schäfer, der eben so sehr erstaunte, hier mit seinem Herrn zusammenzutreffen, und sein so lange bewahrtes Geheimniß entdeckt zu sehen.
    Arglos erzählte er auf das Geheiß seines Herrn diesem sein glückliches Abentheuer, und erbot sich, ihn zu der wunderbaren Höle des Tidian zu geleiten. Kaum war der Graf von Falkenstein auf seiner Burg angelangt, als er in Begleitung seines Schäfers den Weg zur Höle antrat, und die magische Kraft der Wunderblume, die der Schäfer noch immer, jedoch unbewußt, welche geheime Kraft dieselbe besitze, auf seinem Hute trug, zeigte auch beiden den Eingang zu den unterirdischen Schätzen, von denen sie, so viel sie fortbringen konnten, mit sich nahmen.
    Der Graf entzückt über den glücklichen Ausgang seiner ersten Wanderung, erdrückte fast mit Liebkosungen den ehrlichen Schäfer, den er als den Urheber seines künftigen unermeßlichen Reichthums pries, und wiederholte bald in seiner Begleitung die Wallfahrt zur Höle des Tidian mit eben so glücklichem Erfolge. Doch seine mit dem zunehmenden Reichthum wachsende Habsucht, seine unersättliche Goldgier peinigte ihn Tag und Nacht mit dem Gedanken, seine Schätze mit Jemanden theilen zu müssen, und der quälende Argwohn, daß sein Schäfer das Geheimniß der Höle weiter verbreiten und ihn so um den größten Theil seiner von der Zukunft gehofften unermeßlichen Schätze bringen könne, verdrägte bald jedes menschliche Gefühl aus seiner Brust, und verleitete ihn zu der fürchterlichen Grausamkeit, seinem Wohlthäter die Augen ausstechen zu lassen. Da that der arme geblendete Mann, seinen Peiniger verfluchend, den Wunsch, daß die Höle sich augenblicklich schließen, und so lange verschlossen bleiben möchte, bis drei gebrechliche regierende Herren, als ein Lahmer, ein Stummer und ein Blinder, auf dem Falkenstein residirt haben würden.
    Sein Wunsch ward erhört, denn obgleich der Eingang zu der Höle des Tidians noch heut zu Tage existirt, so findet man doch nirgends mehr die Oeffnung zu der goldreichen Grotte, und obgleich bereits ein lahmer und ein stummer Herr von der Asseburg (von welchem Letztern sich das Bildniß noch in dem Rittersaale befindet) auf dem Falkenstein residirt haben sollen, so möchte doch wohl der dritte und letzte, der zur Oeffnung der Höle erfordert wird, umsonst erwartet werden, da nun schon seit 50 Jahren die alte Burg unbewohnt steht.
     
75. Die Daneels-Höle.
     
    Am mitternächtlichen Abhang des Berges, auf dessen Gipfel das Kloster Huyseburg, eine Meile vorwärts von Halberstadt, liegt, zeigt sich eine künstlich ausgehauene Felsenhöle, von ziemlich beträchtlichem Umfang, die jetzt, da der Wald an dieser Stelle stark ausgehauen ist, dem suchenden Auge leicht sich darbietet, einst aber von dick belaubten Eichen und Buchen völlig versteckt war. Jetzt sieht man nur noch die nackten offnen Felsenwände, und unterscheidet zwei Gemächer, deren eins zu einem Aufenthalt für Menschen, das andere zum Pferdestall bereitet war. Noch bemerkt man an der oberen Decke eine durch die Kunst gemachte Oeffnung, welche den starken Fels durchdringt. Das Volk erzählt davon folgende Sage.
    »In dieser Höle wohnte einst ein Räuber, der viele Jahre die ganze Gegend umher unsicher machte.« Sein Name war Daneel oder Daneil. Sein

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