Voll auf Ex-Kurs Roman
meiner Meinung nach eine Ausnahme machen. Gibt ja schließlich nicht jeden Tag so einen perfekten Grund, um miteinander anzustoßen.«
»Hm, ich weiß nicht. Das hatte ich gestern schon und ich kann ja jetzt nicht jeden Tag …«
»Außerdem«, unterbricht er mich, »habe ich auch Grund zur Freude.«
»Was ist passiert?«
»Yvonne hat sich gemeldet.«
»Ach, echt?«
»Ja. Sie hat zwar nur eine Mail geschrieben, ob ich vielleicht noch irgendwo ihren Lieblings-Kaschmirpullover habe, aber ich denke, das war nur ein Vorwand.« Er lacht auf. »Lieblings-Kaschmirpullover, was für ein Quatsch! Ich kenne doch die Frauen!« Und ich kenne sowohl die Frauen als auch die Preise für Kaschmir – da finde ich eine Mail, in der Yvonne nach dem guten Stück fragt, nun nicht unbedingt sooo abwegig und zweifelsfrei nur als Vorwand benutzt. Ich verzichte allerdings auf diesen Kommentar, denn ich kann gut verstehen, dass Lars sich freut. Würde Basti sich rühren und mich daran erinnern, dass ich ihm noch fünfhundert Euro schulde (was ich glücklicherweise nicht tue), wäre ich auch aus dem Häuschen und würde mir einreden, dass er das bestimmt als Ausrede benutzt.
»Also, was ist?«, hakt Lars noch einmal nach. »Sehen wir uns heute Abend?« Ich denke einen Moment nach. Warum eigentlich nicht?
»Okay«, willige ich ein.
»Und wann?«
Um sieben holt Philip mich wieder zum Laufen ab. Gestern haben wir trotz Muskelkater und Schwips schon fast eine halbe Stunde geschafft, ehe mein Körper in Streik getreten ist. Heute werden es dann vielleicht ganze dreißig Minuten, danach duschen, umziehen, schminken.
»Wie wär’s mit neun Uhr?«
»Klingt gut. Wo wollen wir denn hingehen?«
»Jedenfalls nicht in die Schanze, unter gar keinen Umständen möchte ich noch einmal Basti begegnen.«
»Dann komm doch zu mir«, schlägt Lars vor. »Hier lungert dein Ex mit Sicherheit nicht rum.« Ich zögere. »Wenn du willst, schau ich aber vorsichtshalber noch mal in allen
Schränken nach«, fügt Lars hinzu, als ich nicht sofort zustimme.
Bei ihm zu Hause? Das klingt schon ein wenig … heikel. Andererseits hat er gerade begeistert von Yvonnes Nachricht erzählt, unterm Strich sind wir halt doch nur zwei Leidensgenossen, die sich miteinander die sechswöchige Durststrecke vertreiben.
»Klar, warum nicht«, sage ich daher. Was soll auch groß passieren, er wird mich schon nicht beißen. Lars gibt mir seine Adresse, ich soll bei »Becker« klingeln. »Dann bis später!«
»Wer war das denn?« Natürlich, sofort werde ich von meiner Kollegin ins Kreuzverhör genommen.
»Nur ein Teilnehmer aus meinem Voll-auf-Ex-Kurs-Seminar.«
»Aha. Und mit dem triffst du dich jetzt öfter?«
»Gehört zum Rückgewinnungs-Programm. Wir sollen jede Woche ein Date haben, um unser Ego zu pushen. Hab ich dir doch erzählt.«
»Was ist das für ein Typ?« Ich zucke mit den Schultern.
»Bauingenieur, rote Haare, Sommersprossen.«
»Aha.« Bevor Barbara mich noch weiter löchern kann, klopft es an unsere Bürotür.
»Herein!«, rufe ich, erleichtert, ihrer Befragung dadurch entkommen zu können. Roland Behrmann erscheint, im Schlepp einen älteren Herren im Nadelstreifenanzug und eine attraktive Frau um die dreißig im grauen Windsor-Kostümchen.
»Und hier sitzt sie also«, verkündet mein Chef großspurig, »Pia Weiland, unsere Geheimwaffe in Sachen Textarbeit.« Ehe ich mich erheben kann, um dem Anzugträger und seiner Assistentin die Hand zu schütteln, stürzt dieser auch schon strahlend auf Barbara zu.
»Frau Weiland!«, er streckt meiner Kollegin seine Hand entgegen, die sie perplex ergreift, während sie von ihrem Stuhl aufsteht. »Ich bin Hardy Petersen, Geschäftsführer der Müllermanns Baumärkte. Und das hier«, er dreht sich zu der Frau um, »ist meine rechte Hand, Martina Winkel.«
»Entschuldigen Sie«, schaltet sich nun Roland Behrmann ins Begrüßungszeremoniell ein. »Ein kleines Missverständnis. Das hier ist Barbara Kerstens, eine unserer exzellenten Grafikerinnen. Dort drüben«, er schiebt Hardy Petersen ein Stück in meine Richtung, »sitzt Pia Weiland.« Der Geschäftsführer und seine Assistentin glotzen mich an. Ansatzweise entsetzt, möchte ich fast sagen. Ich räuspere mich, stehe auf, streiche meinen Rock glatt und gehe einen Schritt auf die beiden zu.
»Pia Weiland«, stelle ich mich vor und gebe ihnen nacheinander die Hand. Noch immer sagt keiner von beiden ein Wort. Und so langsam frage ich mich, ob mit meinem
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