Voll auf Ex-Kurs Roman
Gesicht irgendwas nicht stimmt, ob ich vielleicht Spinat zwischen den Zähnen habe (woher allerdings?) oder mir etwas aus der Nase hängt, was da nicht hingehört. Vorsichtshalber wische ich mir eilig mit dem Handrücken übers Gesicht.
»Äh«, findet Hardy Petersen schließlich seine Sprache wieder, »Sie sind also Pia Weiland?« Ich nicke. Dabei entgeht mir nicht der skeptische Blick, den Petersen seiner Assistentin zuwirft. Was haben die beiden denn nur? »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
»Mich ebenfalls«, versichert Martina Winkel.
»Ja, Frau Weiland!« Mister Müllermann lacht unsicher auf. »Das ist ja wirklich ein tolles Ding, das Sie da hingelegt haben.«
»Danke.« Noch immer stehen wir voreinander wie die Hauptdarsteller aus einem Loriot-Sketch. Ein Klavier, ein Klavier! Vielen Dank an die Tante aus Massachusetts …
»Doch, doch, wir sind sehr zufrieden mit Ihrer Arbeit! Im ersten Moment«, er sieht zu Behrmann, »waren wir natürlich etwas … überrascht über Ihre Texte. Aber der Erfolg spricht ja für sich.« El Cheffe nickt wohlwollend und strahlt dabei übers ganze Gesicht. »Deshalb haben wir uns überlegt«, fährt Petersen fort, »dass wir Ihre Grundidee gern ausbauen und der Agentur den Auftrag für eine groß angelegte Kampagne erteilen wollen.« Mittlerweile reichen Roland Behrmanns Mundwinkel von einem Ohr zum anderen. So gut gelaunt habe ich ihn zum letzten Mal vor fünf Jahren erlebt, als er die Platzreife fürs Golfen erlangt hat.
»Eine ganze Kampagne?«, frage ich nach. »Das wäre natürlich toll!«
»Ja«, bestätigt Hardy Petersen, »wir hatten da an Printanzeigen und Plakate gedacht. Und nachdem der Prospekt so ein riesiger Erfolg war, wollen wir zusätzlich auch Fernsehspots schalten. Bundesweit, wir haben ja Filialen in ganz Deutschland.«
»Super!« Schon wieder spüre ich dieses freudige Kribbeln in mir. Eine bundesweite Kampagne, das wird mein Durchbruch! Das Naheste, das ich bisher mal an einen TV-Spot herangekommen bin, war eine Dia-Show für einen örtlichen Autohändler, die dann drei Wochen lang in ein paar Hamburger Kinos gezeigt wurde.
»Tja«, schaltet sich nun seine Assistentin ein, »und dafür hatten wir die Idee«, sie seufzt, lässt ihren Blick zwischen Barbara und mir hin und her wandern, »dass wir Sie dafür gern als Testimonial hätten.«
»Als Testimonial? Mich?«
»Ja«, erklärt Martina Winkel, »wir haben uns das so vorgestellt, dass Sie das neue Gesicht der Müllermanns Baumärkte werden. Dabei werden Sie mit verschiedenen Produkten
aus unserem Angebot gefilmt oder fotografiert – und Sie erklären genauso witzig, wie Sie es in dem Prospekt getan haben, was man damit alles anstellen kann, wenn man Liebeskummer hat. Wie Ihnen Herr Behrmann ja vermutlich schon gesagt hat, sind die Prospekte besonders beim weiblichen Publikum sehr gut angekommen. Und ich als Frau kann mich da nur anschließen, ich habe mich köstlich amüsiert!« Sie kichert. »Dabei fand ich Ihre Idee mit dem Winkelschleifer besonders lustig.«
Sicher, haha, Frau Winkel und der Winkelschleifer, schon klar! Sie bedenkt mich mit einem Blick, als hätte sie mir soeben den Schlüssel für meinen neuen Porsche in die Hand gedrückt.
»Ich soll«, frage ich vorsichtig nach, »als Testimonial erzählen, dass man mit dem Winkelschleifer von Reck & Hecker seinen Verflossenen bequem in fünf Teile zerlegen kann?« Zustimmendes Kopfnicken. »Das kommt unter gar keinen Umständen in Frage!«
Doch eher from Hero to Zero …
»Was meinen Sie damit, das kommt überhaupt nicht in Frage?«, will mein Chef entgeistert wissen, als hätte er es an den Ohren.
»Genau das, was ich gesagt habe«, erkläre ich. »Es kommt nicht in Frage, dass ich für so was mein Gesicht herhalte.«
»Frau Weiland«, Roland Behrmann lacht nervös auf, während Hardy Petersen und Martina Winkel ihn abwartend mustern, »ich verstehe ja, dass Sie im ersten Moment überwältig sind.«
»Ich bin nicht überwältigt, ich bin fassungslos.« Und nicht
nur, dass die Idee an sich bei mir Fassungslosigkeit auslöst. Zeitgleich fällt bei mir noch ein ganz anderer Groschen: nämlich die Erkenntnis, weshalb die beiden Baumarkt-Fuzzis mich vorhin so entsetzt angestarrt haben. Sicher, ich sehe nicht ganz so toll aus wie Barbara, die hätte ihnen für ihren Testimonial-Quatsch vermutlich besser in den Kram gepasst. Aber der Glöckner von Nôtre Dame bin ich nun auch nicht gerade. Was für eine Frechheit!
Und selbst, wenn ich
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