Voll auf Ex-Kurs Roman
miteinander alt werden. Aber man kann es auch lassen. Und ich hatte einfach das Gefühl, dass ich mit Anfang dreißig zu jung war, um … na ja, um nicht mehr daran zu glauben, dass es doch irgendwo, irgendwie und vor allem mit irgendwem mehr geben musste als »Philip und Pia Weiland haben sich nichts mehr zu sagen«.
Tja, das gab’s ja dann auch. Mit Basti war mir nicht ein
einziges Mal der Gesprächsstoff ausgegangen. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als er beschloss, mich zu verlassen, und so überhaupt nicht mehr mit mir zu reden.
Dafür sprechen Philip und ich jetzt wieder miteinander, man muss doch in allem das Positive sehen.
»Ach, nimm’s nicht so tragisch«, sagt er jetzt gerade und trinkt einen Schluck von seinem Weißwein. »Der Idiot kommt doch sowieso in ein paar Tagen wieder angekrochen und will dich zurück.«
»Woher willst du das wissen?«
»Weil du eine unglaublich tolle Frau bist, die ein Mann einfach nicht verlieren will.« Ja, so ist er, der Philip. Unheimlich süß. Unheimlich lieb. Und leider immer noch unheimlich verliebt in mich. Was die Tatsache, dass ausgerechnet er mich gerade zu trösten versucht, einigermaßen absurd erscheinen lässt. Andere Menschen hätten vermutlich ein hämisches »Das geschieht dir recht!« verlauten lassen und sich gefreut, dass der Expartner gerade genauso abserviert wurde, wie es ihnen vor einem guten Jahr selbst widerfahren ist. Nicht so Philip, der ist zu gut für diese Welt.
»Du bist wirklich zu gut für diese Welt«, spreche ich meine Gedanken aus und werfe ihm ein schiefes Lächeln zu.
»Ich weiß.« Schiefes Lächeln zurück. »Aber genau das war ja bei uns beiden das Problem. Zu wenig Reibungsfläche, wie du immer gesagt hast.«
»Na ja«, ich seufze laut auf, »jetzt habe ich ja meine Reibungsfläche. Jedenfalls fühlt es sich im Moment so an, als hätte man mich einmal quer über ein Stück Sandpapier gezogen. Alles ist wund und tut weh und macht Aua!«
»Du schreibst zu viel für Baumärkte«, stellt Philip fest, »du findest mittlerweile schon sehr eigenartige Vergleiche.« Wir
müssen beide lachen, was mir in diesem Moment erstaunlich gut tut. »Ist dein Prospekt denn fertig geworden?« Ich nicke.
»Ja, hab vorhin noch alles an den Kunden geschickt, damit er es abnicken kann. Ist zwar keine Sternstunde der Literatur geworden, aber für den Otto-Normal-Heimwerker wird’s schon noch reichen.«
»Ich sag ja immer, dass du mal ein Buch schreiben solltest.« Philip ist Lektor bei einem Hamburger Verlag. Daher auch sein unerschöpflicher Vorrat an Hörbüchern.
»Um ein Buch zu schreiben, muss man was zu erzählen haben.«
»Hast du doch!«
»Was denn?«
»Deine gescheiterte Ehe. Deine gescheiterte Beziehung. Dein Job, der dich anödet …«
»Klingt eher nach einer ›Anleitung zum Depressiv-werden‹. Glaube kaum, dass das einer lesen will. Und außerdem hast du eben noch behauptet, Basti würde wieder zu mir zurückkommen!«
»Siehste. Dann wird’s ja doch nicht so ein depressives Buch.«
»Ach, Philip.« Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange. »Ich hab dich lieb.«
»Ich dich auch, meine Süße. Aber das weißt du ja.«
»Du sagst es mir ja nur ungefähr jeden Tag dreimal.«
»Wäre es dir lieber, ich würde es lassen?«
»Sagen wir so: Es wäre mir lieber, wenn du irgendwann eine wunderbare Frau kennenlernst, der du es dann sagen kannst.« Philip sieht mich nachdenklich an.
»Die finde ich schon irgendwann.« Und an der Art, wie er das sagt und mich dabei aus seinen großen braunen Dackelaugen anschaut, weiß ich genau, was er denkt. Nämlich, dass
er nur mich will. Mich, die gerade wegen eines anderen traurig ist. Das Leben ist doch manchmal einigermaßen ungerecht. »Und du«, fährt Philip dann fort, »wirst spätestens in einer Woche auch wieder von Basti hören, dass er dich lieb hat.«
2. Kapitel
Eine Woche nach Ground Zero
Als Orakel taugt Philip eher nicht, seine hellseherischen Fähigkeiten halten sich in ziemlich beschaulichen Grenzen. Nicht nur, dass Basti mir nicht gesagt hat, dass er mich lieb hat. Nein, er hat überhaupt nichts gesagt. Beziehungsweise sich nicht mehr bei mir gemeldet. Funkstille. Total. Total frustrierend für mich.
Selbst auf eine kurze Mail von mir, in der ich »nur mal« nachhorchen wollte, wie es ihm so geht, hat er nicht reagiert. Und auf die drei Nachrichten, die ich ihm zu Hause auf dem Anrufbeantworter hinterlassen habe und in denen ich ihn um ein Treffen bat, auch nicht.
Weitere Kostenlose Bücher